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Die „blaue Mauer“ überwinden

Neuer Radwanderbus zum Reußenstein ist Gemeinschaftsprojekt mit dem Kreis Göppingen

Noch immer wird beim Busverkehr in Landkreisgrenzen gedacht. Doch es geht auch anders. Beim neuen Radwanderbus zum Reußenstein arbeiten die Landkreise Esslingen und Göppingen bestens zusammen, beim Fahrplan genauso wie bei Finanzierung und Tarif. Am Sonntag war die erste Fahrt.

Unten aufladen, oben abladen: Mit dem Radwanderbus lässt sich die Alb bezwingen. Neu sind zwei Linien zum Reußenstein, die bis O
Unten aufladen, oben abladen: Mit dem Radwanderbus lässt sich die Alb bezwingen. Neu sind zwei Linien zum Reußenstein, die bis Oktober Ausflüglern sonntags zur Verfügung stehen. Foto: Peter Dietrich

Kirchheim. Der Biosphärenbus, der von Oberlenningen bis zu 20 Fahrräder auf die Alb bringt, hat seine dreijährige Probephase längst hinter sich und ist zur Festinstallation geworden. Die zweite Freizeitlinie im Kreis, die von Owen aus das Freilichtmuseum, die Panoramatherme und den Hohenneuffen anfährt, solle ab 2016 ebenfalls einen Radanhänger bekommen, verspricht Klaus Neckernuß, im Landratsamt für Nahverkehr zuständig. Bedingung sei, dass sich das Wendeproblem am Hohenneuffen lösen lässt.

Nun ging der Landkreis die dritte Linie an, die Anregung kam aus Weilheim: Lässt sich auch von dort aus die „blaue Mauer“ überwinden? Im Verwaltungs- und Finanzausschuss wurde der Vorschlag der Verwaltung sehr wohlwollend aufgenommen. Die Göppinger, für die die Linie zum Wanderparkplatz Reußenstein die erste Buslinie mit Fahrradtransport ist, taten sich etwas schwerer, im März vertagte der Kreisrat die Entscheidung erst einmal. Doch dann ging alles ganz schnell. Am Sonntag fuhren die ersten Busse, die Prospekte sind auch gedruckt, am Wanderparkplatz steht sogar ein Haltestellenschild. Die Linie ab Kirchheim hört auf die Nummer 170. Zum Glück hatte die Regionalbus Stuttgart (RBS), eine Tochter der Deutschen Bahn, noch einen Fahrradanhänger in Reserve. Dieser kommt zum Einsatz, bis das vom Landkreis bestellte Exemplar geliefert ist. Es kostet knapp 15 000 Euro und hat eine Lieferzeit von vier bis fünf Monaten.

Vergangenen Mittwoch hat die neue Erste Landesbeamtin im Landkreis Esslingen, Dr. Marion Leuze-Mohr, ihr Amt angetreten, mit dem Radwanderbus hatte sie ihren ersten Wochenendtermin im Landkreis. Sie schaute nicht nur mal kurz vorbei, sondern brachte mit der S-Bahn ihr neues Rad nach Kirchheim und fuhr später mit einer kleinen Radgruppe vom Wanderparkplatz Reußenstein wieder zurück bis Kirchheim.

Der Betrieb der Linie ab Kirchheim kostet pro Jahr knapp 28 000 Euro, bei fünf Fahrten pro Sonntag. Weil die Linie auf der Bergfahrt durch den Kreis Göppingen fährt, zahlt der Landkreis Göppingen ein Drittel der Kosten. Die zweite Linie, die von Göppingen kommt, zahlt der Landkreis Göppingen alleine. Der Fahrplan ist so gestaltet, dass ab dem Boßlerparkplatz, ab Gruibingen, Mühlhausen und Wiesensteig ein Stundentakt zum Parkplatz Reußenstein entsteht. Am Sonntag stieg in Gruibingen Manuela Straub zu, Sekretärin von Landrat Heinz Eininger. Dies tat sie aber nicht im dienstlichen Auftrag, sondern ganz privat zum Wandern.

Es sei ein langer Weg aus dem Fils­tal herauf, sagte Jochen Heinz, Erster Landesbeamter in Göppingen, bei der Begrüßung auf dem Wanderparkplatz in 760 Meter Höhe. Er spielte dabei auf den langen Entscheidungsprozess an, den ersten Beschluss gab es schon 2011. Nun sei das beliebte Ausflugsgebiet auch ohne Auto zugänglich. Der Radwanderbus, so Leuze-Mohr, erschließe neue touristische Ziele. Zu ihnen gehören der Filsursprung und die nahe Schertelshöhle.

Am nächsten liegt jedoch die Ruine Reußenstein. Voraussichtlich ab September sei deren Innenhof wieder zugänglich, versprach Peter Keck, Sprecher des Landratsamts. Derzeit haben sich dort Fledermäuse einquartiert. Die Pfannensteige bleibt noch bis 2016 gesperrt, dort müssen erst Felsen gesichert und ein Schutzzaun errichtet werden.

Auf der Rückfahrt verkehrt der neue Radwanderbus nicht durch den Landkreis Göppingen, sondern fährt den direkten Weg über Neidlingen nach Weilheim und dann nach Kirchheim zurück. Der neue Bus, der auch das Urweltmuseum Hauff und den gegenüberliegenden Urweltsteinbruch Fischer anschließt, wird nun bis zum Jahr 2017 erprobt. Ist die Nachfrage groß genug, wird er auch danach verkehren. Beim Biosphärenbus ab Oberlenningen hat sie sich so gut entwickelt, dass in Einzelfällen die Plätze nicht reichen – selbst wenn der Fahrer neben dem Anhänger mit seinen 20 Plätzen noch ein paar Fahrräder in den Bus nimmt.