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Die Bühne als pädagogisches Heilmittel

Theater Vorhang auf: Die achte Klasse der Waldorfschule Ötlingen spielt beim „Szenenwechsel“ die Komödie „Der Revisor“ des russischen Schriftstellers Nikolai Gogol. Von Ulrich Staehle

Pfiffige Ideen und erfrischendes Theaterspiel: Die achte Klasse der Ötlinger Waldorfschule bei der Aufführung von „Der Revisor“.
Pfiffige Ideen und erfrischendes Theaterspiel: Die achte Klasse der Ötlinger Waldorfschule bei der Aufführung von „Der Revisor“. Foto: Carsten Riedl

Alle Jahre wieder gibt es den „Szenenwechsel“, ein vom Kulturring koordiniertes Theaterangebot an verschiedenen Schulen und an anderen Kirchheimer Spielstätten. Schüler spielen für Schüler. Damit wird betont, wie wertvoll Theaterspielen für die Entwicklung eines jungen Menschen ist. Gerade in der heutigen Zeit der neuen Medien, die zur Passivität verleiten, ist die Förderung von Aktivität und Kreativität begrüßenswert. Sucht man nach Beispielen, wo diese Theaterpädagogik am konsequentesten betrieben wird, landet man immer wieder bei den Klassenspielen der Waldorfschule.

Dieses Jahr wurde von der achten Klasse Gogols „Der Revisor“ geboten. Die Zuschauer freuen sich über die Aufführung, doch pädagogisch fruchtbar waren schon die Vorarbeiten. Davon weiß der Klassenlehrer Werner Ehringsfeld zu berichten. Er hat Ende des vergangenen Jahres den Schülern sieben Stücke vorgelegt, um sie entscheiden zu lassen. Die Wahl fiel schnell auf den „Revisor“. Damit war das Projekt ihr eigenes - und nebenbei vergrößerten die Schüler ihren Lektürehorizont.

Ab diesem Moment war das Theaterprojekt Teil des Unterrichts, in den letzten beiden Wochen vor der Aufführung sogar ausschließlich. Das sind traumhafte Bedingungen für eine schulische Theaterarbeit. Zu den Bedingungen gehörte aber auch, dass die ganze Klasse mit ihren 28 Teilnehmern mitspielt plus zwei aus der Förderstufe gemäß dem Integrationsmodell. Das habe ohne Zwang funktioniert, betont Werner Ehringsfeld. Damit das Gemeinschaftsprinzip verwirklicht und viermal gespielt werden konnte, wurde mit zwei Besetzungen gespielt - eine gewaltige Proben- und Organisationsleistung.

Vorhang auf für Gogols „Der Revisor“, eine der unverwüstlichen Komödien der Weltliteratur: Die Honoratioren eines Provinznests bekommen Wind davon, dass ein Revisor im Anmarsch ist. Oh weh, da packt viele Amtsträger die Panik, haben sie ihren Job doch alles andere als vorbildlich gemacht. Die Komödie kommt auf Touren, als ein Fremder sich im Gasthof einquartiert und für den Revisor gehalten wird. Er wird bestochen, dass es seine Art hat. Der Fremdling verschwindet und der echte Revisor kündigt sich an. Die Wahl des Stückes ist glücklich, denn es ist eine zeitlose Komödie und bietet zahlreiche Rollen für die große Spielerschar. Der Text ist angemessen gekürzt und sogar noch um eine Liebelei innerhalb der Dienerschaft bereichert. Wenn jeder spielen darf, so ist die Spielkompetenz natürlich verschieden. Es ist erfrischend, zu sehen, wie freigespielt die Jugendlichen sind.

Dass dies passiert und dass trotz „Massenveranstaltung“ anspruchsvolles Schultheater geboten wird, ist vor allem der Ertrag professioneller Hilfe. Die Arbeit von Theaterpädagogin Sabine Riedl ist in pfiffigen Ideen und Arrangements zu spüren. Umbauten funktionieren reibungslos - Theaterspielen fördert auch die soziale Kompetenz. Verschiedene Kollegen der Schule und auch die Eltern haben bei Bühnenbild, den Kostümen und einem spektakulären Tanz mitgeholfen. Und wie immer hat auch das technische Equipment der Waldorfschule „mitgespielt“, das auf keiner Bühne sonst in Kirchheim in dieser Qualität zu finden ist.