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Die erste Halle wird Notlager

Der Landkreis Esslingen quartiert 100 neue Flüchtlinge im Zentrum Zell ein

Die Bundesregierung tritt auf die Bremse. Seit Sonntag wird an deutschen Grenzen wieder kontrolliert. Im Landkreis Esslingen, wo am Freitag ein Hilferuf vom Land einging, rechnet man bis Wochenmitte mit weiteren 100 Flüchtlingen, die derzeit in der Sporthalle im Zentrum Zell einquartiert werden,

Esslingen. Von langer Hand geplant, läuft beim Thema Flüchtlingsunterbringung schon lange nichts mehr. Wenn es schnell gehen muss, bleibt nur der kleine Dienstweg. So wie am vergangenen Freitag, als um 8.48 Uhr im Esslinger Landratsamt eine Mail des Karlsruher Regierungspräsidiums einging. Besser gesagt, ein Hilferuf. Daran geknüpft der dringende Appell, der Kreis möge noch am selben Tag Platz für 100 weitere Flüchtlinge aus den Erstaufnahmestellen in Ellwangen und in Karlsruhe schaffen. Entscheidungsfrist: bis 9.30 Uhr.

Was das unter Notleidenden so verbreitete Sehnsuchtsziel Deutschland von europäischen Partnern im Osten bisher noch unterscheidet, ist neben der grundsätzlichen Bereitschaft, zu helfen, vor allem dies: ein neu entdeckter Pragmatismus im politischen Tagesgeschäft. Binnen kurzem waren in der Kreiszentrale am Neckarufer sämtliche Entscheidungsträger um einen Tisch versammelt. Am späten Vormittag stand fest: Die wegen anstehender Sanierungsarbeiten geräumte Sporthalle im Zentrum Zell wird vorübergehend zur neuen Notunterkunft für Menschen aus Syrien, Pakistan und Gambia.

Die ersten 25 Neuankömmlinge, fast ausschließlich junge Männer, trafen in Kleinbussen noch am selben Abend ein, 16 weitere folgten am Wochenende. Sie wurden von Helfern des Deutschen Roten Kreuzes, der Arbeiterwohlfahrt und Mitarbeitern des Landratsamtes versorgt. Im Laufe der Woche soll die Halle, in der nach oben offene Kabinen für jeweils drei Personen ein Minimum an Privatsphäre bieten, mit 105 Plätzen voll belegt sein.

Rund 2 000 Flüchtlinge leben zurzeit im Kreis Esslingen. Von dem zur Jahresmitte prognostizierten Bedarf von 3 900 Plätzen bis Jahresende werden 3 500 seitens der Kreisverwaltung weiterhin als realistisch betrachtet. Neueste Schätzungen des Landes gehen inzwischen allerdings von einem Bedarf an 6 000 Plätzen aus. „Das würde bedeuten, dass wir für den Rest des Jahres monatlich 800 neue Unterkünfte zusätzlich schaffen müssten“, rechnet Landratsamts-Sprecher Peter Keck vor. Das wäre mehr als dreimal soviel wie ursprünglich geplant.

Immerhin: In den Kreisgemeinden scheint sich allmählich die Einsicht durchzusetzen, dass die Aufgabe nur gemeinsam zu bewältigen sein wird. Auch dort, wo sich bisher wenig oder gar nichts bewegte. Im Finanzausschuss des Kreistages sollen am 24. September die neuesten Zahlen vorgestellt werden. Darin enthalten werden dann auch diejenigen Standorte sein, die bisher noch in Prüfung waren. „Wir gehen davon aus, dass unsere Planansätze eingehalten werden.“, sagt Keck, der von monatlich 250 neu geschaffenen Unterkünften bis zum Jahresende ausgeht. Allein in Leinfelden-Echterdingen und in Hochdorf sind bis Ende November knapp 500 neue Plätze eingeplant. Weitere 150 sind in Wendlingen und Scharnhausen vorgesehen. Und auch Esslingen will mit 170 neuen Unterkünften im Dezember noch einmal nachrüsten. Keck: „Alles, was darüber hinaus auf uns zukommt, geht nur über Sporthallen.“

Statt den Handwerkern sind in der Sporthalle in Esslingen-Zell am Wochenende neue Flüchtlinge eingezogen

Statt den Handwerkern sind in der Sporthalle in Esslingen-Zell am Wochenende neue Flüchtlinge eingezogen. Die renovierungsbedürf
Statt den Handwerkern sind in der Sporthalle in Esslingen-Zell am Wochenende neue Flüchtlinge eingezogen. Die renovierungsbedürftige Halle ist bis auf weiteres Notunterkunft für 100 Menschen aus Syrien, Pakistan und Gambia.Foto: Roberto Bulgrin
Die renovierungsbedürftige Halle ist bis auf weiteres Notunterkunft für 100 Menschen aus Syrien, Pakistan und Gambia.Foto: Roberto Bulgrin