Weilheim · Lenningen · Umland
Die Fabriktore öffnen sich

Wirtschaft Der neue Eigentümer des Scheufelenquartiers veranstaltet am 12. November einen Tag der offenen Tür. Geplant sind geführte Rundgänge auf der Industriebrache. Von Anke Kirsammer 

Wer das Lenninger Tal kennt, kennt die Papierfabrik Scheufelen. Doch was verbirgt sich eigentlich hinter den stattlichen, teils denkmalgeschützten Fassaden? Gelegenheit, das zu ergründen, besteht am Samstag, 12. November. Von 11 bis 16 Uhr sind geführte Rundgänge über das Gelände geplant. Die neue Eigentümerin des rund 20 Hektar großen Areals, die DLE Land Development, spricht von einem Austausch auf Augenhöhe mit den Lenninger Bürgerinnen und Bürgern. „Der Tag der offenen Tür soll den Auftakt für den Beteiligungsprozess bilden“, sagte Projektleiter Markus Kühne im Gemeinderat. „Wir sind uns der Verantwortung und der enormen Chance bewusst, die das Areal besitzt.“ Es gehe darum zu erfahren, was die Wünsche, aber auch die Ängste der Bevölkerung seien. 

Im Juni hatten sich Vertreter der DLE mit dem Ratsgremium bereits hinter verschlossenen Türen unterhalten. Dabei ging es um erste Überlegungen bezüglich der Zukunft der Industriebrache. Die Vorstellungen seien nicht so weit voneinander entfernt gewesen, so Markus Kühne.

 

Wir legen noch lange nicht fest, wo eine Parkbank steht.
Fabian Böttger
Der Senior-Manager von Hendricks & Schwartz spricht von einer hohen Flughöhe.

 

Um die Öffentlichkeit einzubinden, haben die Eigentümer das auf strategische Beratung spezialisierte Unternehmen Hendricks & Schwartz ins Boot geholt. Laut Senior-Manager Fabian Böttger ist geplant, mit Bürgerinnen und Bürgern, Verwaltung, Politik und Gemeinderat Lösungen zu entwickeln. Der Tag der offenen Tür soll der Bevölkerung zeigen, was das Areal zu bieten hat und sie erfährt, wer der „neue Nachbar“, sprich der Eigentümer ist. Die Rundgänge führen unter anderem durch die Hallen und an der Kläranlage vorbei Richtung Grün. Daneben gibt es eine Ausstellung über die DLE und Infoplakate, und es besteht die Möglichkeit, sich auszutauschen. Anlaufstelle dafür ist die Kantine. „Wir wollen mit den Bürgerinnen und Bürgern reden und Ideen aufnehmen“, kündigte Fabian Böttger an. Es gehe darum, das Potenzial aufzuzeigen. „Noch befinden wir uns auf sehr hoher Flughöhe. Wir sind noch weit davon entfernt, festzulegen, wo eine Parkbank stehen wird“, machte er flapsig klar.

Für Lenningens Bürgermeister Michael Schlecht ist der Tag der offenen Tür ein erster Aufschlag, auch damit die Bevölkerung einen Eindruck von der Größe des Gebiets bekommt. Wichtig ist ihm, eine Bürgerbeteiligung zu initiieren, an der sich der Gemeinderat orientieren kann. Der Blick hinter die Kulissen solle dazu führen, dass sich die Bürgerinnen und Bürger im Verlauf des Prozesses auch bei etwaigen Workshops einbringen. Der Rathauschef sieht in der Fläche ein erhebliches Potenzial für Gewerbebetriebe. „Wir können dort nicht eine komplette Wohnbebauung machen“, betonte er. „Das Beste wäre ein gemeinsames Konzept.“

Gemeinderat Armin Diez hält die Bürgerbeteiligung ebenfalls für sehr wichtig. Der Tag der offenen Tür sei jedoch stark am Bestand orientiert. „Interessant ist, was kommt“, betonte er und wünschte sich die Präsentation erster Konzepte. Auch Falk Kazmaier hätte gerne einen Input. „Es sollte einen Überblick über planerische Grundlagen geben.“ Wie Michael Schlecht schwebt ihm eine gesunde Mischung aus Arbeiten und Wohnen vor. Eine reine Schlafstätte vertrage sich darüber hinaus nicht mit dem Verkehr im Lenninger Tal.

 

Führungen von 11 bis 16 Uhr

Der Tag der offenen Tür findet am Samstag, 12. November, von 11 bis 16 Uhr statt. Im 30-minütigen Abstand gibt es jeweils einstündig geführte Rundgänge, darunter auch einzelne barrierefreie. Darum hatte Gemeinderat Ewald Löw gebeten. 

Präsentieren wird sich an dem Tag auch das Steinbeis-Transferzentrum mit seinem Packaging Campus und die Hochschule der Medien mit ihrem Forschungscampus.

Die DLE Land Development GmbH hatte das Scheufelengelände im Mai gekauft. Sie ist Teil der DLE Group AG. Das Unternehmen ist ein international agierender Investmentmanager mit Sitz in Berlin. Auf die Fahnen schreibt sich die DLE, städtebauliche und landschaftsplanerische Belange zu berücksichtigen und den Fokus auf Nachhaltigkeit zu legen.

Hendricks & Schwartz bietet strategische Beratung an. Das Unternehmen leitet Beteiligungsverfahren und begleitet Großprojekte, so beispielsweise die TransnetBW beim Ausbau der Hochspannungsnetze. ank  

 

Kommentar
Austausch auf Augenhöhe

Natürlich hat die neue Eigentümerin
des Scheufelenquartiers
bereits Ideen dazu, was auf
der rund 20 Hektar großen Industriebrache
passieren soll.
Die Lauter könnte geöffnet und
Wohnbebauung in großem Stil
installiert werden. Die Äußerungen
von Gemeinderäten lassen
darauf schließen, dass die
DLE Land Development in diese
Richtung denkt. Sie wird das
Areal am Ende vermarkten müssen
und den größtmöglichen
Profit generieren wollen.

Der Tag der offenen Tür wird
als Auftakt zur Bürgerbeteiligung
angekündigt, als Austausch
auf Augenhöhe. Zu Recht fordert
Bürgermeister Schlecht, dass
dieser Prozess den Namen verdient
und die Bevölkerung, genauso
aber die Gemeinderäte mit
ihren Wünschen und Befürchtungen
ernst genommen werden.

Lenningen benötigt Arbeitsplätze,
damit der morgendliche
und abendliche Verkehr aus dem
Tal und ins Tal nicht noch mehr
anschwillt. Ganz zu schweigen
von der Gewerbesteuer, die für
die Finanzierung der Infrastruktur
bitter nötig ist. Die Ansiedlung
von Betrieben in den vergangenen
Jahren auf dem Gelände
zeigt, dass Potenzial da ist.
Eine reine Wohnbebauung würde
etwa den Bau weiterer Kindergärten
und Schulen nach sich
ziehen – schon jetzt Projekte, die
für die Gemeinde nicht einfach
zu stemmen sind.

Die Beteiligung aller sollte
mehr als ein Etikett sein. Um
nicht weiter im Nebel zu stochern,
sondern ehrlich miteinander
zu diskutieren, wäre es deshalb
schön, wenn die neue Eigentümerin
am 12. November
auch präsentieren würde, was sie
für Ideen in der Schublade hat.
Zuzuhören und offen in den Prozess
zu gehen, ist dann aber von
allen Seiten ebenfalls geboten. Anke Kirsammer