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„Die Feldhasenpopulation ist bei uns noch stabil“Interview mit Kreisjägermeister Bernd Budde

Das neue Jagdgesetz hat die Bildung von Jagdgemeinschaft erschwert

Obwohl sie viele Jäger begrüßen, sind Hegegemeinschaften rar. Bernd Budde erklärt, weshalb es im Jagdbezirk Kirchheim keine gibt.

Bernd Budde
Bernd Budde

 

Herr Budde, warum ist eine Hegegemeinschaft im Jagdbezirk Kirchheim kein Thema?

 

BERND BUDDE: Meines Wissens hat es seit Bestehen der Jägervereinigung Kirchheim in ihrem Bereich noch nie eine Hegegemeinschaft gegeben. Ich denke auch, dass keine dringende Notwendigkeit besteht. Mit dem neuen Jagdgesetz ist es im Gegensatz zum alten Jagdgesetz leider bedeutend schwieriger geworden, eine Hegegemeinschaft ins Leben zu rufen.

 

 

Was ist schwieriger geworden?

 

BUDDE: Der Aufwand ist größer geworden. Es gibt rund 26 Jagdpachten in unserem Bezirk, die von etwa 100 gleichberechtigten Jagdausübungsberechtigten gepachtet wurden. Das heißt, es müssen über 100 Jagdausübungsberechtigte, Eigenjagdbesitzer und Jagdgenossenschaften beziehungsweise Gemeinden im Hegeringgebiet angeschrieben und zu einer Gründungsversammlung eingeladen werden. Am Ende müssen alle, die mitmachen, die Vereinbarung unterschreiben, in der Maßnahmen fixiert sind, mit denen der Hegering bestimmte Tierarten schützt. Hinzu kommt, dass der zu wählende Geschäftsführer und dessen Stellvertreter Mitglied einer Jagdgenossenschaft sein müssen – eine Voraussetzung, die nicht jeder Jagdausübungsberechtigte erfüllt. Außerdem muss die Untere Jagdbehörde in die Gründung einer Hegegemeinschaft einwilligen und das ist ein ausgesprochen langwieriger Prozess.

Gibt es im Bezirk Kirchheim überhaupt Tierarten, die ein Hegering fördern könnte?

 

BUDDE: Hegegemeinschaften sollen vor allem das Niederwild schützen und seine Bestandserholung nachhaltig fördern. Die Bejagung von Jungfüchsen, Elstern und Krähen kommt dafür als entsprechende Maßnahme infrage. Die Population des Feldhasen ist aufgrund unserer jährlichen Zählungen im Bereich der Jägervereinigung bis jetzt noch als stabil anzusehen. Bodenbrüter wie Fasan oder Auerhuhn kommen bei uns nicht vor. Vereinzelt sind Rebhuhn und Waldschnepfe anzutreffen. Andere Niederwildarten, vor allem Bodenbrüter, die lokal vorhanden und schützenswert sind, werden in unsere Hegemaßnahmen mit einbezogen, auch wenn sie nicht im Jagdgesetz aufgeführt sind.

 

 

Jäger haben laut Gesetz einen Hegeauftrag. Was wird hier im Bezirk Kirchheim getan?

 

BUDDE: Seit vielen Jahren wirkt die Jägerschaft in Kirchheim und anderen Jagdbezirken beim Feldhasenzensus mit, mit dem die Bestandsentwicklung beim Feldhasen dokumentiert wird. Die Daten werden jährlich an die Wildforschungsstelle Baden-Württemberg in Aulendorf weitergeleitet. Außerdem werden artenreiche Pflanzenmischungen an die Landwirte verteilt, um Grünstreifen für Niederwild anzulegen. Es werden Äsungsflächen, Ruhezonen oder Deckungen geschaffen, die wild lebenden Tierarten wertvolle Rückzugs- und Schutzmöglichkeiten bieten. Bundesweit investiert die Jägerschaft aus eigener Tasche rund 28 Millionen Euro in Hege- und Pflegemaßnahmen für verschiedenste Tierarten. Nach Erhebung der FACE, einem Zusammenschluss der Jagdverbände in der EU, sind es europaweit etwa 20 Milliarden Euro.

 

 

Das heißt, auf den Flächen, auf denen Jagdausübungsberechtigte Hege- und Pflegemaßnahmen umsetzen, entsteht ein ökologischer Mehrwert?

 

BUDDE: Die öffentliche Debatte, bei der die Jagd immer kritisch im Fokus steht, verkennt, dass die Jägerschaft nachhaltig bemüht und per Gesetz dazu verpflichtet ist, die Artenvielfalt nachhaltig zu fördern. Und das auch im Bereich von Tierarten, die zur Jagd freigegeben sind. Der Abschuss von Wild hat an der jägerlichen Arbeit, im Vergleich zu den Schutzmaßnahmen, einen geringen Anteil. Deshalb ist es auch schade, dass die Jägerschaft für all die Maßnahmen, die sie zur Hege und Pflege des Wildes erbringt, keine Fördergelder vom Land erhält, sondern die Kosten in voller Höhe selbst tragen muss.