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Die ideale Speisekarte ist klein und fein

Gastronomie Corona hat die Gepflogenheiten von Köchen und Kunden umgekrempelt. So manche Änderung hat durchaus ihr Gutes und könnte zum dauerhaften Trend werden. Von Irene Strifler

Feuer und Flamme für Gastronomie: Uli Hokenmaier hofft, dass sich nach Corona manches zum Besseren entwickelt. Foto: Markus Brän
Feuer und Flamme für Gastronomie: Uli Hokenmaier hofft, dass sich nach Corona manches zum Besseren entwickelt. Foto: Markus Brändli

Sein persönliches „Jubiläumsjahr“ hat sich Uli Hokenmaier wahrlich anders vorgestellt. Seit 25 Jahren ist er jetzt als Wirt selbstständig, und das sollte zünftig gefeiert werden. Doch Corona hat nicht nur dieser Terminplanung einen Strich durch die Rechnung gemacht. Das Virus hat das Leben des Wirts auf den Kopf gestellt, ebenso wie das seiner Wirtskollegen landauf und landab.

Im März wurde der Bürgerkeller im Herzen von Schlierbach von heute auf morgen geschlossen. Kurz darauf erschlossen Uli Hokenmaier und seine Frau Gabi neue Einnahmequellen: Sie zogen einen Abholservice auf. Dahinter stand auch das Bedürfnis, sich in das örtliche Helfernetz einzuklinken. „Das ist toll, was hier in kürzester Zeit entstanden ist“, lobt der Gastronom speziell den Einkaufsservice. Wie in vielen Orten wurde damit in Schlierbach für Ältere die Versorgung gesichert, ohne dass sie das Haus verlassen mussten. Dass der Bedarf groß war, bekam auch die Küche im Bürgerkeller zu spüren: Viele orderten extra verpackte Gerichte, weil sie ihre Eltern mitversorgten und ihnen Wege außer Haus ersparen wollten.

Mittlerweile hat sich der Betrieb wieder recht gut eingespielt. Ältere Stammkunden wagen sich wieder her. Die Terrasse ist locker bestuhlt, ein Desinfektionsmittel befindet sich in Reichweite ebenso wie der Block, auf dem die Kunden ihre Daten eintragen müssen. „Schutzmaßnahmen sind wichtig, denn wir wollen ja gesund bleiben, zeigt sich der Chef einsichtig, weiß aber auch: „Bedienen mit Gesichtsmaske bei 32 Grad im Schatten ist kein Spaß.“

Der Politik stellt er insgesamt recht gute Noten aus: Dank ihrer Unterstützung seien die Wirte hier immerhin besser über die Runden gekommen als in anderen Ländern. Jetzt hofft er, dass der Aufwärtstrend nicht wieder gefährdet wird. „Unsere Verluste holen wir auf keinen Fall auch nur annähernd wieder rein, aber ein schöner Spätsommer ist immerhin ein Trostpflaster“, meint er für die Gastronomie-Szene. Weil viele Festle und Hocketsen abgesagt wurden, saßen und sitzen die Menschen gern in Biergärten und auf Terrassen. Dennoch: „Der Region fehlt der Duft der Feste.“

Auch nach 25 Jahren Gastronomieerfahrung hat Uli Hokenmaier in diesem Jahr noch viel gelernt. So hat er zum Beispiel begriffen, dass die Speisekarte am besten klein und fein sein sollte: „Eine Riesenauswahl schreckt eher ab“, meint er. Ebensowenig wünscht sich der normale Gast Riesenportionen - allerdings sollte es mindestens ein Gericht geben, das den Teller komplett abdeckt. Hokenmaier hat also auch die Hungrigen im Blick, kein Wunder, nennt er sich selbst doch auch einen „Freund der deftigen Küche“.

In der Corona-Zeit erfreuten sich jedoch auch Salatplatten zum Abholen großer Beliebtheit. Offensichtlich wollten sich Kunden das zeitaufwendige Schnippeln sparen. Schnelle Gerichte, weiß der Wirt aus zahlreichen Gesprächen, wurden vermehrt zu Hause gekocht.

Bei den Abholangeboten nutzte dem Schwaben die Liebe zu Soße und Spätzle: „Alles, was Soße hat, kann man gut auch am nächsten Tag noch warm machen“, weiß Uli Hokenmaier. Pommes dagegen werden schnell lätschig und bleiben das auch. Der absolute Renner waren einmal Rinderrouladen zum Abholen - auch ein relativ aufwendiges Gericht, für das im Privathaushalt nun mal wenig Zeit ist.

Apropos Fleisch: Weniger ist mehr gilt auch hier zunehmend, hat Hokenmaier beobachtet. Das gilt seit der Corona-Krise allgemein, aber seit den Tönnies-Vorfällen ganz besonders. Ohnehin hat die Zahl der Vegetarier zugenommen, und auch auf dem Land verirren sich immer wieder Veganer in die Gasthöfe. Ihnen rät der Wirt, einfach beherzt nachzufragen. Jeder Koch gehe gern auf die individuellen Wünsche ein, und meist sei das ohnehin gar kein Problem.