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Die Renaissance des „Hirschsaals“

Notzingen Für das ortsbildprägende Gebäude des ehemaligen Gasthofes Hirsch gibt es ein neues Nutzungs- konzept. Ziel ist eine Stärkung des Gemeinwesens am Ort. Von Katja Eisenhardt

Der ehemalige Gasthof Hirsch in der Ortsmitte von Notzingen beherbergt seit vielen Jahren soziale Einrichtungen. Nun könnte der
Der ehemalige Gasthof Hirsch in der Ortsmitte von Notzingen beherbergt seit vielen Jahren soziale Einrichtungen. Nun könnte der ehemalige Festsaal im ersten Stock wieder für die Allgemeinheit zugänglich werden, Im Erdgeschoss soll ein Café entstehen.Foto: Katja Eisenhardt

Zur Erinnerung: 2008 hat „Die Arche“, Verein für therapeutische Wohngemeinschaften das Gebäude der ehemaligen Gaststätte Hirsch in der Hochdorfer Straße 14 in Notzingen als Trägerverein gekauft. In den beiden Dachgeschossen wurden nach einer kostenintensiven Renovierung zwei Wohngruppen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge eingerichtet, 16  Personen leben derzeit dort. Die Räume sind an die Stiftung Tragwerk vermietet, deren Mitarbeiter kümmern sich vor Ort um die Jugendlichen.

„Das läuft sehr gut“, berichtet Wolfgang Kalmbach, der Vorstandsvorsitzende der Arche dem Notzinger Gemeinderat. Bei seinem Besuch im Gremium stehen allerdings an diesem Abend nicht die funktionierenden Strukturen im Fokus, sondern vielmehr deren potenzielle Ergänzung und Weiterentwicklung.

Cafébetrieb mit Catering

Kalmbach hatte ein Konzept mitgebracht, das unter anderem die Wiederbelebung des Hirschsaals im Obergeschoss beinhaltet. Die Idee: Im Erdgeschoss und dem Garten zum Backhaus hin soll ein sozialer Café-Mittagessen-Catering-Betrieb entstehen. Einen interessierten Betreiber gibt es bereits. „Die Öffnungszeiten sind von 9 bis 19 Uhr angedacht, um Geschäftsleute, Familien und ältere Bürger anzusprechen. Es soll ein Frühstücks- und Mittagsangebot geben, einen Café-Betrieb sowie ein Catering. Letzteres etwa für Veranstaltungen im Hirschsaal, der dann beispielsweise für private Feierlichkeiten gemietet werden kann“, erläutert Kalmbach das Konzept. Auch umliegende Firmen könnten mit dem Cateringservice zur Mittagszeit beliefert werden. Dafür soll eng mit lokalen Unternehmen wie dem CAP-Markt zusammengearbeitet werden. „Wichtig ist uns auch die berufliche Integration beeinträchtigter oder benachteiligter Menschen in allen Bereichen des Gastronomiebetriebs“, betont Kalmbach den sozialen Aspekt. Morgens sollen im Obergeschoss die Förderprogramme der Arche laufen. Zu den übrigen Zeiten und nach Absprache könnte der Hirschsaal mit oder ohne Küche oder Catering gemietet werden.

Unterm Strich könnten sich laut Kalmbach mit diesem Konzept vier Interessensbereiche in einem zentral in der Ortsmitte gelegenen, geschichtsträchtigen Gebäude bündeln lassen: „Erstens das Arche-Konzept für die Bewohner, für die das Hirsch-Gebäude durch die Neunutzung als eine Art Brücke und Begegnungsstelle zum öffentlichen Raum fungieren könnte. Zweitens ist eine sinnvolle und kostendeckende Nutzung im Interesse des Eigentümervereins, wir könnten drittens einen wertvollen Beitrag für das Gemeinwesen in der Ortsmitte leisten. Viertens gibt es das Interesse des Café-Betreibers, der mit der Investition ein Risiko eingeht und sich entsprechend gut platzieren möchte.“

Ein solches Konzept will natürlich finanziert werden. Hier hofft die Arche im Zuge des Landessanierungsprogramms (LSP) auf Unterstützung der Gemeinde.

„Summa summarum rechnen wir für alle Arbeiten mit Gesamtkosten von rund 700 000 Euro brutto – der größte Teil entfällt hier auf die energetische Sanierung und die Neugestaltung und Einrichtung des Erdgeschosses.“ 500 000 Euro könne man aus eigener Kraft stemmen, so der Vereinsvorsitzende. Alle Sanierungskosten werden über Kredite finanziert, weder von staatlicher noch von kirchlicher Seite gebe es Zuschüsse. Die Bitte an die Gemeinde: Ein „Erneuerungszuschuss“ im Rahmen des LSP in Höhe von maximal 150 000 Euro. Die Gemeinderäte zeigten sich offen gegenüber dem Konzept für den „Hirsch“, erbaten sich allerdings noch etwas Bedenkzeit, was die finanzielle Förderung angeht: „Eine Entscheidung über die Summe von 150 000 Euro können wir nicht in fünf Minuten übers Knie brechen“, sagte etwa Herbert Hiller (CDU). Erst wollen sich die Mitglieder des technischen Ausschusses das Gebäude nochmals anschauen und genauer ausloten, welche energetischen Sanierungen tatsächlich zwingend nötig sind und welche eventuell hinten angestellt werden können. Eine Entscheidung über den Zuschuss soll zeitnah fallen.