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Die Satire lebt von Anspielungen

Gesellschaft Der Politkabarettist Dietrich Krauß, bekannt aus „Die Anstalt“, will das Publikum über neue Wege erreichen und auf Klischees verzichten. Von Anja Heinig

Politisches Kabarett ist Sache von Dietrich Krauß, der „Die Anstalt“ gegen die Auferstehungskirche getauscht hat.Foto: Anja Hein
Politisches Kabarett ist Sache von Dietrich Krauß, der „Die Anstalt“ gegen die Auferstehungskirche getauscht hat.Foto: Anja Heinig

Übertrumpft Satire den klassischen Journalismus? So lautete die Frage, über die Dr. Dietrich Krauß auf Einladung des evangelischen Bildungswerks in der Kirchheimer Auferstehungskirche referierte. Vom Namen wenigen bekannt, ist er einer der Autoren der aus dem Fernsehen bekannten TV-Satire-Show „Die Anstalt“ im ZDF.

Fest steht für ihn: Die Zuschauer informieren sich mehr über Satire als über die Zeitung. Seine Sendung, „Die Anstalt“ bezeichnete er als „Die Sendung mit der Maus für Erwachsene“. Er und seine Kollegen haben, bevor sie ein Thema aufgreifen, oftmals den gleichen Wissensstand wie ein Zeitungsleser. In Expertengesprächen und mit intensiven Recherchen entsteht dann das Regiebuch für die knapp einstündige Sendung, die mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet wurde.

Man muss, so das Credo von Dietrich Krauß, neue Wege gehen, um das Publikum zu erreichen. Ihm ist es wichtig, dass keine Klischees, wie „die Polen klauen Autos“, bedient werden. Sein Team will mit der Show, die rund 13 Prozent Einschaltquote hat, informieren. Oftmals reicht in der Satire nur eine Anspielung und jeder weiß, was gemeint ist. „Unser Ziel ist, zu informieren und zu unterhalten“, bringt es Krauß auf den Punkt. Und dass das gelinge, sehe man am Wandel der Gäste im Publikum: Sie werden immer jünger.

Für Krauß sind Kabarettisten Borderline-Journalisten: „Wir müssen die Menschen mit unseren Themen anstoßen und sie dann auch in die Mündigkeit entlassen.“ So riefen die Protagonisten der Sendung Leiharbeiter indirekt dazu auf, eine Sammelklage gegen Ungleichbehandlung beim Europäischen Gerichtshof anzustreben. Der Zuschauer der Sendung erlebt Pointen in teils schwindelerregendem Tempo, aber so aufgearbeitet, dass man nicht viel Wissen braucht, um die Pointen zu verstehen. Schwachstellen werden aufgezeigt, jeder soll sich selbst eine Meinung bilden.

Dass es harte Arbeit ist, jeden Monat ein knapp einstündiges Kabarettstück aufzuführen, das wurde bei den Ausführungen von Dietrich Krauß deutlich. „Andere touren mit so einem Programm zwei Jahre durch das Land“, sagte er nachdenklich. Deutlich wurde in seinen Ausführungen, dass es ihm wichtig ist, aufzuklären, aber dabei keinen Zeigefinger zu erheben.

Das Rahmenprogramm lieferte Kirchenkabarettist Peter Dietrich, der sich selbst als Neulandrebellen bezeichnet, als bissig, in Teilzeit fromm und immer hochpolitisch. In Mönchskutte lieferte er als Bruder Theo in vielen Teilen eine Kopie von Christoph Sonntag. Nur der Tiefgang fehlte mitunter. Man musste sich bemühen, ihn in der Auferstehungskirche in Kirchheim zu verstehen, seinen Gedankengängen zu folgen, fiel nicht immer leicht. Dietrich beschäftigte sich mit allgemeinen politischen Themen und versuchte, das Publikum vor rechten politischen Tendenzen zu warnen. Er hatte auch Weisheiten zum Fußball und über die Banken im Gepäck. Er wusste, warum Hartz IV nicht so optimal ist.

„Warum bellen Journalisten nicht?“, stellte der Kabarettist eine Frage, die an das Referat des Hauptredners anknüpfte. Peter Dietrichs Antwort: „Weil es bequemer ist. Wer nicht bellt, fällt nicht auf. Sind Kabarettisten die besseren Journalisten?“