Bildung war das zentrale Thema einer Online-Veranstaltung des Ortsverbands der Linken. Dazu eingeladen hatte Hüseyin Sahin, Landtagskandidat im Wahlkreis Kirchheim. Vom heimischen Büro zugeschaltet waren Zehntklässler Tim Eberhard von der SMV am Kirchheimer Ludwig-Uhland-Gymnasium, Stefanie Rau, Vorsitzende des Gesamtelternbeirats in Kirchheim, David Warneck, Kreis-Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Esslingen-Nürtingen, und die Erziehungswissenschaftlerin Dr. Sabine Skubsch von den Linken.
„Unser Bildungswesen vor und während Corona. Neue Krise oder Verschärfung der bekannten Lage?“ lautete das Motto des Abends. Vor allem die Meinung von Tim Eberhard war bei allen Beteiligten gefragt. Er hat sich spontan bereit erklärt, an der Diskussion teilzunehmen, um den Schülern eine Stimme zu geben. „Ich bin gut eingearbeitet. Ohne größere Schwierigkeiten findet der Unterricht statt, in allen Fächern hat es gut geklappt“, zog er eine positive Bilanz für den Januar. Am LUG wird seit Juni mit „Teams“ gearbeitet. „In einem halben Jahr Evolutionsphase hat sich jeder in das Programm eingearbeitet, die Lehrer haben es drauf. Die Kommunikation ist um einiges vereinfacht, mit der Klasse kann man besser Kontakt halten“, sieht der Zehntklässler in dem Programm eine Chance. 80 Prozent des Unterrichts läuft nach Stundenplan in Videokonferenzen. Mit Kritik an Kultusministerin Eisenmann hielt er sich zurück, bemängelte jedoch den Schlingerkurs, den die Politikerin fährt. „Das ist eine herausfordernde Situation, es werden schnelle Reaktionen verlangt, aber an der Kommunikation von Ministerium mit den Schulen scheint es jedoch zu hapern“, ist sein Eindruck.
David Warneck äußerte sich kritisch zum Teams-Anbieter Microsoft: „Der Datenschutz ist ungeklärt, die Daten können an den amerikanischen Geheimdienst fließen.“ Er fordert daher eine rechtssichere Plattform. „In ,Moodle‘ wurde nicht genug Geld investiert. Hätten mehr Server bereitgestanden, wäre das System nicht in die Knie gegangen“, sagte er. Erziehung zur digitalen Mündigkeit sei unabdingbar. Mit Kritik am Krisenmanagement spart er nicht. „Das Beratungsgremium wird nicht gehört, dafür bekommen Lobbyisten Privataudienzen bei der Ministerin“, prangert er an. Die Schulen auf Teufel komm raus zu öffnen, sieht er kritisch. „Der Gesundheitsschutz für alle muss sichergestellt werden“, ist für ihn die oberste Prämisse.
Stefanie Rau lobte ausdrücklich die Stadt Kirchheim. Kein Kind werde abgehängt, wenn es zu Hause an den technischen Möglichkeiten fehlt. „Eine städtische Mitarbeiterin hat beispielsweise einem Schüler den Router nach Hause gebracht“, berichtete sie. Es gibt Leih-Laptops und WLAN-Sticks für diejenigen, die keinen Anschluss haben. In Sachen Datenschutz sieht sie den Bund in der Pflicht. „Microsoft ist günstig, die Schüler werden fit für die Office-Programme. Das brauchen sie später im Studium und im Job“, ist für Stefanie Rau „Teams“ momentan die bes- te Lösung. Die Datensicherheit sei an manchen Schulen grenzwertig. Die Alleenschule habe deshalb eine Schul-Cloud. „Ich werfe niemandem vor, wie es im Frühjahr gelaufen ist. Was ich vorwerfe: wie es jetzt läuft. Im Sommer ist nichts geschehen. Überall werden Filter installiert, nicht so in den Schulen - querlüften heißt hier die Devise. Das ist aber in vielen Klassenzimmer gar nicht möglich“, sagte Stefanie Rau, die sich eine Studie zu Filtern wünscht. Sie wundert sich, dass sich die Lehrer die Situation gefallen lassen, schließlich würden sie sich einer großen Gefahr aussetzen.
Sabine Skubsch kritisierte, dass in Deutschland der Bildungserfolg immer noch von der Herkunft abhängt. Die Kitas sollten gebührenfrei sein, bedauerlicherweise sei das Volksbegehren dazu abgeschmettert worden. Ein kostenfreier Schulweg nach dem Vorbild Bayerns sei in einem Flächenland wie Baden-Württemberg mit teilweise langen Anreisen wichtig. „Das ist auch eine Zugangsbarriere - und eine Katastrophe in Corona-Zeiten. Viele Schüler wurden richtig abgehängt - manche haben wir schon im ersten Lockdown verloren“, bedauert sie. Die Problematik der abgetauchten Schüler kann Stefanie Rau bestätigen: „Sobald das Korsett wegbricht, sind die weg. Teilweise ist das Ordnungsamt eingeschaltet worden, aber man kann die Schüler doch nicht festnehmen lassen.“