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Drei Lehrlinge gehen baden

Gautschfeier bei GO Druck Media verschafft Abkühlung nach bestandener Prüfung

Gaudi beim Gautschen: Mit viel Wasser wird die Druckerschwärze symbolisch abgewaschen.Fotos: Jean-Luc Jacques
Gaudi beim Gautschen: Mit viel Wasser wird die Druckerschwärze symbolisch abgewaschen.Fotos: Jean-Luc Jacques

Kirchheim. Auf dem Hof von GO Druck Media steht eine Wanne voll mit Wasser. Etliche Eimer und eine große Tüte Puder dürfen auch nicht

Melissa Seitz

fehlen. Was hier passiert? Eine Gautschfeier steht an. Und da ist schon der erste Glückliche. Mit einem großen Platscher landet Nick Wongkaev im kalten Wasser. Glück im Unglück: Auch wenn er und zwei andere Lehrlinge heute baden gehen, scheint wenigstens die Sonne.

„Gautschen“ – ein Wort, bei dem viele nur Bahnhof verstehen. Gautschen ist ein alter Brauch der Buchdrucker. Hat ein Lehrling seinen Abschluss bestanden, so wird dies mit einem Bad in eiskaltem Wasser belohnt. „Auf daß dem schönen Jungfern-Knecht ein jeder mög ansehn recht, die Hund ihn auch beseichen“: Mit diesen Worten wurde eine Gautschzeremonie im 17. Jahrhundert beschrieben. Schlechten Angewohnheiten der Lehrlingszeit geht es somit an den Kragen. Sie und die Druckerschwärze sollen durch das Bad abgewaschen werden. Kleine Sünden aus der Vergangenheit sind hiermit Geschichte, und so kann der Lehrling seinen weiteren Berufsweg mit reinem Gewissen antreten. Jedoch wird dem Lehrling nie mitgeteilt, wann genau er gegautscht wird. Das bedeutet: Ersatzkleidung ist Mangelware.

Nick Wongkaev ist pitschnass. Der frischgebackene Medientechnologe sitzt in der Wanne und macht es sich gemütlich: „Jetzt muss ich aber nicht mehr arbeiten, oder?“ Hätte er doch bloß nichts gesagt. Es folgt eine Katzenwäsche mit dem Schwamm und ein Nebel voller Puder.

Das nächste Opfer ist Dennis Ulbrich, ebenfalls Medientechnologe. „Auf Nick, du musst Platz machen für die anderen“, ruft jemand aus der Zuschauermenge. Wongkaev hievt sich aus der Wanne, die Kleidung ist tropfnass. Dennis Ulbrich denkt mit. Während er zur Wanne begleitet wird, zieht er schnell seine Schuhe aus. So bleibt wenigstens ein Kleidungsstück trocken: „Und ich hab mir noch überlegt, Ersatzklamotten in den Kofferraum zu legen.“ Und in Windeseile liegt auch er in der Wanne. Die Kollegen kennen keine Gnade. Eimer für Eimer wird Wasser über ihn geleert.

„Wow, das Lämmle geht freiwillig zur Schlachtbank“, hört man die Schaulustigen sagen, als Jessica Joos der Wanne immer näher kommt. Sie hat die Abschlussprüfung als Mediengestalterin erfolgreich bestanden und ist nun die Letzte im Bunde. Auch sie muss sich ihrem Schicksal stellen. Nach dem Motto „was muss, das muss“ erträgt sie das Gautschen ohne Murren.

Durchnässt und mit weißem Puder überdeckt stehen die drei neben der Wanne. Von wegen entspannt die Mittagspause verbringen und einen Teller der frisch gekochten Pasta essen! Mit einer Gautschfeier haben alle gerechnet, doch dass das Spektakel an diesem Tag stattfindet, das hat wohl niemand geahnt. Die Prozedur ist überstanden. Nun folgt die eigentliche Feier, das Gautschfest. Die frisch Gegautschten und ihre Kollegen sitzen zusammen, es wird gegessen und getrunken. Zum Schluss erhält jeder der Gäutschlinge seinen Gautschbrief. Doch Vorsicht – verliert man ihn und hat dadurch keinen Beweis des „Gautsch-Erlebnisses“, so landet man sehr schnell wieder im Wasserbottich.

Gautschfeier von GO Media Druck im Druckhaus Bohna
Gautschfeier von GO Media Druck im Druckhaus Bohna