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Ein besonderes Hörerlebnis

Konzert des Schwäbischen Kammerorchesters in der Kirchheimer Martinskirche

Kirchheim. Ein Hörerlebnis, das den Rahmen von Raum und Zeit sprengen möge, das wünschte der Bezirkskantor Ralf Sach in seiner Begrüßung zu Beginn des Konzerts des

Schwäbischen Kammerorchesters in der Martinskirche. Ein wunderbar stimmiges Programm hatte durchaus das Zeug dazu: In großem Bogen führte es von Carl Maria von Weber und Carl Reinecke über Alexandre Guilmant und Felix Mendelssohn Bartholdy zum extravaganten Schluss mit einem Concerto für Marimba und Streichorchester von Ney Rosauro.

Auch die Solisten ließen Besonderes erwarten, handelte es sich doch um lokale Eigengewächse: die in Bissingen aufgewachsene Posaunistin Ursula Funk-Wichert und die Kirchheimerin Vanessa Wünsch, eine Virtuosin am Marimbafon.

Als Entree mit ruhigem, melancholisch verhangenem Orchesterbeginn, sich zu großartigem Klang öffnend, um am Ende wieder still auszuschwingen: die Romanze für Posaune und Streicher von Carl Maria von Weber. Der samtweiche, warme Ton der Solistin Ursula Funk-Wichert, berührend in seiner Innigkeit, aber auch in seiner zupackenden Ausdrucksstärke überzeugend, wurde mal von tiefen Streichern eingerahmt und getragen, mal im Dialog mit hohen Streichern und im gemeinsamem Aufbegehren zu einem ausdrucksstarken Klangbild zusammengefügt, dabei behutsam geführt oder eben zupackend unterstützt vom Dirigenten Matthias Baur.

In der Serenade g-Moll konnte das Orchester in den fünf kurzweiligen Sätzen wunderbar zeigen, über welche musikalische Ausdruckspalette und Virtuosität es verfügt, vom beginnenden „Marcia“ bis zum energisch geführten kraftvollen Schluss im „Finale“. Neben dem zart seufzenden „Arioso“ besonders zu erwähnen ist das wunderbare Cellosolo in der „Cavatine“, vom Solisten zu Herzen gehend musiziert.

Eingerahmt wurde dieser erste Höhepunkt des Abends von einem weiteren Werk für Posaune und Orchester, dem Morceau Symphonique von Alexandre Guilmant. Nach ähnlich stillem Beginn wie bei Webers Romanze, wechseln sich hier kadenzartige solistische Einlagen ab mit temperamentvollen, neckischen Zwiegesprächen zwischen Solistin und Streichern, nach dramatischen Läufen und jubelnden Passagen in einem fulminanten Schluss endend.

Unvermittelt kündigte Matthias Baur ein Geburtstagsständchen für den ehemaligen Kirchenmusikdirektor Ernst Leuze zum 80. Geburtstag an, der das Schwäbische Kammerorchester in seiner Zeit als Kirchenmusiker an der Martinskirche gegründet hatte. Ein Schmankerl sollte es werden, der Czardas von Vittorio Monti. Eigentlich nicht vorstellbar, dieses hoch virtuose Bravourstück eines jeden Geigers von einer Posaune zu hören, aber Ursula Funk-Wichert konnte restlos überzeugen.

Felix Mendelssohns dreisätzige zweite Sinfonie in D-Dur, mit einer mitreißenden Lebendigkeit, wurde vom Schwäbischen Kammerorchester überzeugend wiedergegeben. Nur im Andante verleitete die leise Melancholie und Nachdenklichkeit des Stückes gelegentlich ein wenig zu schleppendem Tempo, vom Dirigenten allerdings energisch geahndet und mit dem gelungenen Schlussjubel des Allegro vivace auch gleich wieder wettgemacht.

Ney Rosauros Concerto für Marimba und Streichorchester aus dem Jahr 1986 setzte den Schlusspunkt als extravaganten Kontrast, mit einer ganz eigenen Strukturiertheit, verwurzelt in brasilianisch-rhythmischer Variabilität und Vielfalt. Unglaublich der Klang, den das Marimbafon dabei entfalten konnte, unglaublich auch die atemberaubende Virtuosität und Klangfarbenvielfalt im Spiel der Solistin Vanessa Wünsch. Hier fielen dem Orchester ganz neue Aufgaben zu, Herausforderungen ganz anderer Art, mit vertrackten, fetzigen Rhythmen und raffinierten pizzicati, alles bravourös gemeistert. Mit der Satzfolge „Grüße, Wehklage, Tanz und Abschied“ ein lebendig musizierter Lebensreigen. Noch besonders zu erwähnen sind die solistischen Einwürfe der Konzertmeisterin Agathe Steiff im Dialog mit Vanessa Wünsch.

Nach lang anhaltendem Beifall bedankte sich Vanessa Wünsch mit „Bless The Lord“, einem eher stillen Choral aus Taizé. Ein besonderes Hörerlebnis bot dieser Konzertabend in der Martinskirche allemal. Man freut sich schon auf mehr davon.