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Ein buntes Kerlchen ruft „stiglit“

Der Stieglitz, der auch als Distelfink bekannt ist, wurde zum Vogel des Jahres 2016 gekürt

Wer rund um Kirchheim die Augen offen hält, der kann ihn mit etwas Glück sehen: den bunten Stieglitz. Einer, der ihn regelmäßig beobachtet, ist Dr. Wulf Gatter. Der Vogelkundler macht sich Sorgen um den Singvogel. Nicht ohne Grund ist der Stieglitz zum Vogel des Jahres 2016 gewählt.

er Stieglitz ist gesellig: Man trifft ihn selten allein.Foto: Wulf Gatter
er Stieglitz ist gesellig: Man trifft ihn selten allein.Foto: Wulf Gatter

Kirchheim. Lebendig, flink und gesellig, das sind die Eigenschaften, die den Stieglitz auszeichnen. Der Name leitet sich von seinen typischen „stiglit“-Rufen ab. Er gehört zur Finkenfamilie und ist auch unter dem Namen Distelfink bekannt. Den hat er aufgrund seiner Nahrung erhalten, denn im Spätsommer sitzt er oft auf Disteln und holt mit dem Schnabel Samen aus den Furchtständen. Wulf Gatter kennt den Speiseplan des Körnerfressers: Er ernährt sich hauptsächlich von kleineren Waldsamen und in Gärten auch von Samen aus Unkraut und Sonnenhut.

Die Jungvögel können noch keine Körner fressen und sind deshalb auf Jungkräuter angewiesen. Diese werden jedoch oft zu den Unkräutern gezählt und deshalb mit Pestiziden vernichtet.

Der Naturschutzbund Deutschland hat den Stieglitz zum Vogel des Jahres 2016 gewählt. „Für den Stieglitz wird es immer schwieriger, Nahrung für seine Jungen zu finden“, erklärt Gatter das Dilemma. Kein Wunder, dass die Anzahl der Vögel immer geringer wird. Dieses Problem betrifft auch Kirchheim stark. Vor 50 Jahren war der Alleenring ein typischer Brutplatz für den Finken. Dort, in den Kastanien, befanden sich damals kolonienweise Nester, die heute nur noch selten zu finden sind.

Wenn der Stieglitz aber einen Brutplatz mit genügend Nahrung in der Umgebung gefunden hat, baut er seine Nester immer in der äußersten Astgabel des Baumes, zur Abwehr vor Kletterfeinden. Das Nest ist so groß wie eine kleine Teetasse, mit walnussgroßer Innenfläche. Im Laufe der Aufzucht wird es breiter getreten.

Ein weiterer Feind des farbenfrohen Vogels ist der Schnee, denn er verdeckt die Nahrung. Die meisten Stieglitze umfliegen das Problem: Nur etwa zwei Prozent der Vögel überwintern hier, der Rest zieht im Spätsommer in den Süden. Ihre langen, spitzen Flügel sind bestens geeignet, um schnell und effektiv weite Strecken zu fliegen. Sechs bis acht Flügelschläge macht der Vogel hintereinander, dann werden die Flügel angelegt und eine Ruhephase setzt ein, in der der Körper absinkt. „Finken fliegen in Bögen, das ist typisch für sie“, erzählt Wulf Gatter.

Zwischen all den anderen Vögeln ist der Stieglitz mit seinem bunten Gefieder etwas ganz Besonders: der Kopf des ausgewachsenen Vogels ist nahezu komplett rot, Scheitel und Nacken sind schwarz, der Rücken ist hellbraun und die Schultern sind gelb. Diese Farbvielfalt erklärt Gatter mit einer Sage: „Als Gott allen Vögeln ihre Farbe gab, blieb der Stieglitz bescheiden in der Ecke sitzen. Als er dann als letzter vor Gott trat, hatte dieser keine Farbe mehr. Er suchte aus jedem Topf noch einen kleinen Rest, und so kam der bunteste Vogel von allen zustande.“