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Ein Drama in fünf Akten

Lesung: Das Herz gleicht in vielerlei Hinsicht einem Theaterstück

Johannes Hinrich von Borstel studiert Medizin. Seine Liebe gilt dem Herz und seinen Machenschaften. Zusammengefasst hat er seine Leidenschaft im Buch „Herzrasen kann man nicht mähen“. Das stellte er bei einer heiteren Lesung im Dettinger Buchcafé vor

Cornelia Wahl

Dettingen. Bereits als kleiner Junge interessierte sich Johannes Hinrich von Borstel fürs Herz. Der Grund ist ein tragischer: der Herztod seines Opas, den er nie kennenlernen durfte. Sympathisch-persönlich beschreibt der angehende Herzspezialist den Beginn seiner medizinischen Karriere als 15-jähriger Praktikant in der Notaufnahme der Unfallchirurgie seiner Heimatstadt im Oberharz.

Er nimmt die Zuhörer mit auf eine Reise mit einem roten Blutkörperchen über Venen und Arterien durchs Herz und weiter bis zur kleinen Zehe. Mit heiterer Miene erzählt er von einem gescheiterten Sportselbstversuch auf der Suche nach dem „Runners High“ – eine Art Rauschzustand bei Langstreckenläufern, wie er erklärt - und den Auswirkungen aufs Herz.

Das Herzleben gleiche sowieso einem Theaterstück: einem klassischen Drama in fünf Akten, wie er es nennt. Im ersten Akt entsteht das Herz – der Anfang des Lebens. Im zweiten Akt dreht sich alles um seine Weiterentwicklung. Ausgewachsen und auf seinem Höhepunkt sieht er das Herz im dritten Akt. „Ab jetzt geht es nur noch bergab“, bemerkt der Autor, bis im fünften Akt das unausweichliche Finale folgt: Der Motor des Lebens stottert und bleibt am Ende stehen.

Von Borstel gelingt es, dem Laien fundierte Kenntnisse über das Herz, seine Funktionen, Krankheiten und seine Gesunderhaltung verständlich und unterhaltsam zu vermitteln, ohne den Zeigefinger zu erheben. Er reißt an, dass die Herzen frisch Verliebter im gleichen Takt schlagen, warum Sex gut für die Herzgesundheit ist, und dass ein gebrochenes Herz so schlimm sein kann wie ein Herzinfarkt.

Rhythmisch tanzt der 27-Jährige in einem Science Slam auf der Bühne. Normales oder Krankhaftes: den Sinusrhythmus, den AV-Block oder das Vorhofflimmern. Oder er zeigt, wie die Wiederbelebung des stillstehenden Herzens mit Hits wie „Highway to Hell“ von AC/DC, „Stayin‘ Alive“ von den Bee Gees oder mit dem „Radetzky-Marsch“ von Johann Strauss mit einer Frequenz von 100 bis 120 pro Minute gelingen kann – Eindrücke, die dem Publikum trotz aller Ernsthaftigkeit humorvoll und mit einem Schmunzeln in Erinnerung bleiben

 

Johannes Hinrich von Borstel wurde 1988 geboren. Der 27-Jährige studiert Humanmedizin in Marburg und forscht für seine molekularkardiologische Dissertation. Nebenbei jobbt er als Rettungssanitäter. Seit 2013 ist von Borstel erfolgreich als Science Slammer unterwegs. Science Slam ist ein Wissenschaftswettstreit: Angehende Wissenschaftler tragen ihre wissenschaftlichen Ergebnisse bei einem Kurzvortragsturnier verständlich und unterhaltsam vor.