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Ein eigenes Gymnasium für Weilheim?

Haushalt Die angespannte wirtschaftliche Lage, das Mammutprojekt Rosenloh, Investitionen in Bildung sowie Ideen für Entbürokratisierung ​prägen die Haushaltsreden der Fraktionen im Weilheimer Gemeinderat. Von Thomas Zapp

Für den Weilheimer Gemeinderat wird es der letzte Haushalt, den man in dieser Zusammensetzung beschließt, denn am 9. Juni sind Kommunalwahlen. Vielleicht schwang in den  Reden zum Haushaltsentwurf 2024, die immer auch einen Rückblick enthalten,  etwas Wehmut mit. Ein Projekt ist den Stadträtinnen und -räten dabei wohl besonders im Gedächtnis geblieben: das Gewerbegebiet Rosenloh. Eine „fast unendliche Geschichte“ erreiche nun die Zielgrade, sagte Jesse Burgmann für die Freie Wählervereinigung. Er dankte wie auch die anderen Fraktionen der Verwaltung dankten für die Bewältigung der Mammutaufgabe, deren Happy End, die Unterzeichnung des Vertrags mit dem Brennstoffzellenhersteller Cellcentric, immer noch offen ist. Auf diesen konkreten Sachverhalt ging Ilse Fischer für die BDF als Einzige ein. „Wir appellieren an diejenigen, die noch zögern, sich für die demokratische Mehrheit zu entscheiden, damit das Projekt gelingen kann“, spielte sie auf die Zustimmung von 70 Prozent beim Bürgerentscheid an. 

Beim Blick nach vorn erwähnten die vier Vertreterinnen und Vertreter der Fraktionen natürlich die im Bau befindliche Schulturnhalle, die neue Hepsisauer Ortsdurchfahrt und die neue Natur-Kita in Hepsisau sowie die renovierten Kitas Öhrich und Egelsberg. Auch Gerda Schrägle betonte für die SBV: „Sehr gut aufgestellt“ sei man in Weilheim und dem Teilort, und darauf sei man stolz. Doch sobald die Kinder in die Schule kommen, wird es eng. Ein Antrag der Sozialen Bürgervereinigung fordert daher, 2024 eine Planungsrate für die Grundschul-Erweiterung einzustellen, um ab 2026 auch eine Ganztagesbetreuung anbieten zu können. Ilse Fischer von der BDF bringt ob der hohen Kos­ten für die Kita Hepsisau in ihrer Rede noch einen Vorschlag ein: „Wir planen mit 1,9 Millionen Euro für eine zweigruppige Natur-Kita, die dringend benötigt wird. Aber muss sie rund sein?“ Sie schlägt vor, die Planung noch einmal zu überdenken.

 

Einbruch bei Gewerbesteuer

Seine Sorge ob der angespannten Haushaltssituation äußert Gunter Schilpp für die UWV. Der aktuelle Haushaltsplan sei nicht mehr von Planbarkeit geprägt, als Stichworte nennt er die angespannte geopolitische Situation, hohe Inflation und Energiepreise. Die Gewerbesteueraussichten liegen mit 6,5 Millionen Euro deutlich unter den Vorjahren, ein Minus von 2,3 Millionen im Vergleich zu 2023 und sogar vier Millionen weniger gegenüber 2022 stehen für dieses Jahr im Plan. „Die Einnahmensituation ist nicht zufriedenstellend“, resümiert er auch angesichts eines Fehlbetrags von 600 000 Euro. Ein Grund: höhere Personalkosten, die fast 20 Prozent über dem Vorjahr liegen – vor allem wegen höherer Tarifabschlüsse und neuer Stellen bei der Kinderbetreuung. „Strukturen und Prozesse optimieren“, fordert Schilpp die Verwaltung auf – mit Digitalisierung und Automatisierung und einem „Blick von außen“, sprich: externe Berater. 

Ein Herzensthema der Freien Wähler ist die Mobilität, und die findet sich dann auch in den Anträgen wieder. Auch das Thema Innenverdichtung stehe auf dem Plan, betonte Jesse Burgmann in seiner Rede für die FWV, denn der Landschaftsschutzparagraf 33 hat nicht nur die Natur-Kita an der Weinsteige, sondern auch die Weiterentwicklung der Gänseweide unmöglich gemacht. „Das bedauern wir zutiefst, und das hat definitiv nichts mit Desinteresse an Naturschutz zu tun“, betonte Burgmann.

Beim Thema Bildung geht die FWV weiter als die anderen Fraktionen. Zwar lehnt die SBV ab, „dass Weilheim, wie alle anderen Umlandgemeinden auch, zum Zahlmeister des jahrzehntelangen Sanierungsstaus am LUG und Schlossgymnasium werden soll. Allein für die Generalsanierung des LUG werden 20 Millionen Euro Baukosten veranschlagt.“ Doch die FWV will darüber hinaus prüfen lassen, ob Weilheim ein eigenes Gymnasium bekommen könnte und sich das in Summe rechnen würde.

Die Unabhängige Wählervereinigung richtet den Fokus auf Seniorinnen und Senioren und will ebenso wie die SBV die Stelle des oder der geplanten Seniorenbeauftragten auf 50 Prozent erhöhen, statt wie geplant eine 30-Prozent-Stelle einzurichten. Eine konkrete Idee für die Entbürokratisierung hat Gerda Schrägle für die SBV noch in petto: Die Grundsteuer unter zehn Euro soll entfallen. Mit der Bagatellgrenze sollen Kos­ten gesenkt werden, weil weniger Bescheide verschickt werden müssen, auch wenn Einnahmen verloren gehen, betont sie.

 

Die Anträge der vier Fraktionen im Überblick

FWV
1. Anbringung von Fahrradschutzstreifen in Brunnen- und Kirchheimer Straße
2. Einrichtung von Längsparkplätzen in Brunnen- und Kirchheimer Straße und in der Kirchheimer Straße zur Verbesserung der Verkehrssituation
3. Temporäre Geschwindigkeitsbegrenzung in Kirchheimer und Brunnenstraße
4. Zeitgemäße LED-Beleuchtung für die Kirche mit Bedienmöglichkeit im Rathaus
5. Wegen zunehmender starker Regenfälle alle Wasserabflussstreifen und Regenrückhaltebecken im Stadtgebiet auf Zustand und Funktionalität überprüfen
6. Aufgrund der aktuellen Situation und der Kosten prüfen, ob in Weilheim der Bedarf und die Möglichkeit für die Einrichtung eines Gymnasiums besteht. Diese Kosten sollten zukünftig in Weilheim investiert werden.

UWV
1. Optimierung von Personalstrukturen durch Digitalisierung und externe Beratung
2. Aufstellung über künftige Kosten für Brückensanierungen
3. Aufstockung der geplanten Stelle „Seniorenbeauftragte/-r“ für das Quartierskonzept auf 50 Prozent
4. Erarbeitung eines Vermarktungskonzepts für die Schlossscheuer
5. Friedhof: Verbesserung des Erscheinungsbilds
6. Rasche Erhebung der Gewerbeflächenbedarfe aller Weilheimer Firmen
7. Auswertung des Besucherprofils des Campingplatzes und Prüfung einer vollständigen Umstellung auf Online-Registrierung
8. Überprüfung des Wegfalls von „Vorkaufsrechten der Stadt“ in Gebieten ohne Baulandmöglichkeit

SBV
1. Einstellung einer Planungsrate für die Grundschulerweiterung
2. Erhöhung des Stellenumfangs für die/den Seniorenbeauftragte/-n von 30 auf 50 Prozent
3. Notwendiger Bürokratieabbau: Einführung einer Kleinstbetragsregelung für die neue Grundsteuer
4. Erhöhung des Zuschusses für die Pflanzung von Hochstämmen von 24 auf 40 Euro je förderfähigem Baum
5. Beginn der Planung des Feuerwehrmagazins im zweiten Halbjahr 2024
6. Weiterentwicklung Verkehrskonzept: Teilnahme am Stadtradeln
7. Vorstellung der Ergebnisse Hochwasserschutz im Wermeltswiesenweg
8. Bericht über den Stand der Umsetzung des Blockheizkraftwerks in der Kläranlage

BDF
1. Die frühzeitige Einbindung des Gemeinderates und der Arbeitsgruppen zur Entwicklung Quartier Brückengasse, vor allem zu den Themen altersgerechtes Wohnen, aber auch generationsübergreifende Wohnmodelle
2. Die Einbindung des Gemeinderates in die aktuellen Raumbedarfsplanungen LGS, sowohl für Bedarf Unterricht als auch Bedarf Ganztagesbetreuung
3. Die Prüfung des derzeit geplanten runden Baukörpers für die künftige Natur-Kita für Weilheim in Bezug auf mögliche Kosteneinsparungen
4. Prüfung der Investitionen im Bereich Abwasser und Stadtwerke für die Sanierung Wasser- sowie Abwasser-Infrastruktur hinsichtlich der Priorisierung und Ausgabenhöhe – hier ist vor allem das Augenmerk auf 1,4 Millionen Euro für Reutenberg zu legen. zap