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Ein großes Team erfüllt Mädchenträume

Tanz Die Ballettschule Lincke bringt im Juni in Zusammenarbeit mit vielen anderen Kreativen das Stück „Die Goldene Gans“ auf die Bühne. Von Stefanie Werner

Foto: Sigi Hasel

Mit der „Goldenen Gans“ bringt die Ballettschule Lincke zum 17. Mal ein liebevoll gestaltetes und mit großer Professionalität kreiertes Ballett auf die Stadthallen-Bühne. Ein Blick hinter die Kulissen macht deutlich: Hier sind keine Amateure am Werke. Viele sorgsam zusammengesetzte Bausteine sorgen für eine Inszenierung, die weit vom Laienspiel entfernt ist.

Dagmar Lincke ist verantwortlich für die komplette Choreografie, das Libretto, die Dramaturgie und Regie, unterstützt von ihrem Mann Eberhard Wolf, der seine Wurzeln im Schauspiel hat. Bertram Schattel von der Musikschule Kirchheim hat die Geschichte musikalisch umgesetzt und für jede der sechzig kleinen Szenen die Musik komponiert, die von einem Projektorchester, das er auch während der Aufführungen dirigiert, live erklingen wird.

Die Bühnenbilder für die Ballettaufführungen werden in Kirchheim gefertigt: Der gelernte Schreinermeister Hans-Jörg Rapp engagiert sich seit über zehn Jahren in der Ballettschule Lincke. Damals stand seine Tochter noch auf der Bühne. Bei ihm gehen Handwerk und ein ausgeprägtes künstlerisches Talent Hand in Hand. Daher sind in den Inszenierungen anstelle einfacher, platter Hintergründe viel häufiger dreidimensionale Objekte im Einsatz, meist farbenfroh und mit viel Liebe zum Detail. Stundenlang arbeitet Rapp an komplizierten Drahtkonstruktionen, die er mit Folie bespannt und färbt, um mit dem äußerst flexiblen Material fantasievolle Figuren zu zaubern. „Bei so vielen kleinen Tanzszenen muss das Bühnenbild beweglich sein, da nicht ständig ein Umbau möglich ist und die Technik in der Stadthalle nicht viele Möglichkeiten bietet“, erklärt er. Mitunter werde auch der Raum über der Bühne genutzt, sodass schwebende Elemente eingesetzt werden könnten.

Für die „Goldene Gans“ wird das Bühnenbild stark stilisiert, es arbeitet mit Symbolik und fordert die Fantasie des Zuschauers. „Das Schwierigste bei den Kulissen ist“, erklärt Hans-Jörg Rapp, „wenn zum Beispiel als Gag ein Haus umkippen soll. An so etwas tüfteln wir extrem lange. Schließlich muss die Kulisse mehrfach zu benutzen sein, und niemand darf verletzt werden.“ Ausgeklügeltes Handwerk ist da gefordert.

Foto: Sigi Hasel

 

Auch bei der „Goldenen Gans“ stammen die Kostüme wieder von Stefanie Bogusch. Als Damen- und Herrenschneidermeisterin war sie lange am Theater in Stuttgart tätig. In der Ballettschule Lincke schätzt sie den kreativen Spielraum. Je nach Stil der Aufführung - eher stark kostümiert oder betont puristisch - wählt sie mit Dagmar Lincke gemeinsam Stoffe und Accessoires aus. „Natürlich will jede ein Tutu und Rüschen und alles in Rosa“, erzählt sie lachend, aber das ginge ja nicht, wenn sie einen Bettler oder Baum einkleiden müssten. Trotzdem hat sie schon oft erlebt, dass die kleinen Tänzerinnen staunend in den Spiegel starren und dann begeistert sagen: „So schön hab ich ja noch nie ausgesehen.“

Durch die lange Vorbereitungszeit, etwa eineinhalb Jahre, entsteht noch ein anderes Problem: die Kinder wachsen. Die Kleider für die Kleinen nähe sie erst ganz zum Schluss, erklärt Stefanie Bogusch: „Sonst wachsen sie uns wieder heraus.“

Wenn dann am 16. und 17. Juni in der Kirchheimer Stadthalle alles zusammenkommt, Tanz und Musik, Kostüme und Bühnenbild, dann wird aus den Einzelteilen ein Ganzes. Und dieses Setting ist eine hervorragende Grundlage für die jungen Kirchheimer Tänzerinnen und Tänzer, ihr ganzes Können im Ballett zu zeigen.

„Ich habe das nicht gelernt!“

Wie beginnt so ein Projekt?

Dagmar Lincke: Ich lese viele, viele Märchen, und wenn eine Geschichte meine Fantasie weckt, vertiefe ich mich in den Text. Wichtig ist aber auch, dass ich mein ‚Personal‘ unterbringe: Es gibt wunderschöne Märchen, aber sie brächten nur wenige Kinder auf die Bühne. Wenn ich mich für ein Märchen entschieden habe, dann formuliere ich es um, dann mache ich meine Geschichte daraus. Nachdem ich die Rollen für Solisten und Gruppen bestimmt habe, schreibe ich das Libretto.

Wo lernt man so was?

Lincke: Das habe ich nicht gelernt! Diese Arbeit macht eigentlich ein Theater und hat dafür viel Personal: Dramaturgen, Musikregisseure, Choreografen. Ich habe an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover und anschließend an der Royal Academy of Dance in London Ballettpädagogik studiert.

Wie entwickeln Sie die Choreografie?

Diesmal habe ich ja das Glück, dass Bertram Schattel die Musik schon komponiert hatte und ich keine passende Musik mehr aussuchen musste! Ich nehme mir das Libretto vor, entscheide, ob ich eine Gruppe oder einen Solisten brauche, schaue mir die Handlung und das Thema an und dann probiere ich die Schritte aus. Zu Hause lege ich auch die einzelnen Tänzer mit Geldstücken oder Schachfiguren auf dem Tisch nach. Wenn ich aber anfange, mit den Kinder zu proben, passe ich die Choreografien noch nach Bedarf an. Es gibt vieles zu bedenken, manche Schritte sehen dann doch nicht so gut aus, oder es gibt Einschränkungen durch die Bühne: In der Stadthalle kann ich zum Beispiel keine Diagonale stellen.

Wie läuft die Rollenvergabe ab?

Das ist sehr schwierig, denn man kann leider nicht allen gerecht werden. Ich versuche immer, jemanden zu suchen, zu dem die Rolle passt: Technische Fähigkeiten und Ausdruck wechseln sich manchmal ab. Die Jüngeren gehen oft unbedacht und mit viel Spielfreude ans Werk, verfügen aber noch nicht über ein umfassendes Schrittrepertoire. Bei der „Goldenen Gans“ bot sich eine Doppelbesetzung der Solistenrollen an, sodass ich 24 Kinder beglücken konnte. sw