Beuren. Es ist ein Modewort, wie so viele, die inflationär in Umlauf sind. Kompetenzzentren gibt es inzwischen für fast alle Bereiche des Lebens. Im Gesundheitswesen, in der Bildung, in der Wirtschaft sowieso. Ein Kompetenzzentrum für Leberkäs, Maultaschen und Filderkraut, das hat noch gefehlt, und in diese Marktlücke springt nun das Freilichtmuseum in Beuren. Dabei sind Museumsleiterin Steffi Cornelius Begrifflichkeiten gar nicht so wichtig. Was ihr vielmehr vorschwebt: Überall, wo von regionalen Spezialitäten, vom Aussterben bedrohten Sorten und Zutaten die Rede ist, soll der nächste Gedanke sein: In Beuren gibt es Leute, die kennen sich damit aus.
Wie man mit einem spannenden Programm schwarze Zahlen schreibt, darin haben die Verantwortlichen im Beurener Freilichtmuseum seit Jahren schon Übung. Gerade erst wurde Bilanz gezogen: 8,5 Prozent mehr Besucher im zu Ende gehenden Jahr. Damit ist das Museum nach einem eher schwachen Jahr wieder in die Erfolgsspur zurückgekehrt. Weil Stillstand den Erfolg gefährdet, betritt das Museum regelmäßig Neuland. Der Ausbau des Museums zum „Erlebnis- und Genusszentrum“ ist ein Schritt, der ganz bewusst gesetzt ist. Nicht nur, weil das Grundthema schon seit Jahren wiederkehrend im Veranstaltungskalender auftaucht. Seit Kurzem steht auch fest, dass die Idee der Museumschefin als eines von vier Projekten von der regionalen Wirtschaftsförderung bezuschusst wird. Genauer: 90 000 Euro erhält das Museum für die Projektgestaltung in den kommenden beiden Jahren. Noch einmal so viel schießt der Landkreis als Betreiber zu. Damit lässt sich arbeiten.
Was genau geplant ist, darüber hält sich Cornelius noch bedeckt. Nur so viel: Das Projekt steht auf drei Säulen. Es geht um traditionsreiche alte Obstsorten der Streuobstwiesen, von denen es rings ums Museum reichlich gibt: Das Freilichtmuseum mit seinen elf Hektar Land ist umringt von mehr als 500 Obstbäumen. Das regelmäßige „Mostfescht“ im Oktober ist seit Jahren ein Kassenschlager.
Säule Nummer zwei sind so genannte „kulinarische Botschafter“, zu denen Spätzle und Alblinsen, Maultaschen und Filderkraut, aber auch Wein und Lamm aus Württemberg zählen. Einige davon stehen unter dem Schutz eines europaweiten Herkunftssigels. Grund genug, stolz darauf zu sein. Vor allem: Interesse dafür zu zeigen. Zuguterletzt widmet sich das Programm bedrohten Kulturpflanzen und Lebensmitteln aus der „Arche des Geschmacks“, die seit Jahren schon vom Verein Slowfood beschickt wird. Wer heute nicht mehr weiß, wie sich Musmehl anfühlt, eine Albschnecke aussieht oder ein Geißhirtle schmeckt, der erhält ab 2017 im Museum Nachhilfeunterricht. Nicht nur punktuell wie bisher, sondern jederzeit. Dabei will das Museum nicht nur informieren, sondern auch den eigenen Anbau und die Verwertung forcieren. Immer dabei: die Besucher.
Im kommenden Jahr heißt es Ärmel hochkrempeln, Ideen sammeln, prüfen, was machbar ist. Ein sattes Dutzend Mitstreiter stehen bereit: Vereine, Verbände, Organisationen, und Behörden. Landfrauen, Landwirte und Wissenschaftler, sie alle wollen sich einbringen. „Wir haben fast überall offene Türen eingerannt“, schwärmt Steffi Cornelius, in deren Kopf schon neue Ideen reifen. Kulturgeschichtliches Wissen vermitteln, ist die eine Seite. Dass sich Besucher darauf nicht beschränken wollen, zeigt alljährlich der Andrang beim Markt der Arche des Geschmacks, der im September bereits zum zehnten Mal in Beuren stattfand. Warum dies also nicht zur Dauereinrichtung machen? „Ein fester Bauernmarkt wäre ein Thema, das sicher gut zu uns passen würde“, meint Cornelius. Los geht es im Frühjahr mit einer „Denkwerkstatt“ mit allen Partnern. Im ersten Jahr wird im Hintergrund gearbeitet. „Die Besucher werden davon nichts mitbekommen“, sagt Cornelius.