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Ein Pfaffe gibt Pfeffer

Kirchenkabarett zur Vesperkirche amüsiert mehr als 100 Zuhörer im Ötlinger Gemeindehaus

Um Zuhörer kämpfen Pfarrer im Alltag vielleicht, nicht aber im Kulturprogramm der Vesperkirche.Foto: Peter Dietrich
Um Zuhörer kämpfen Pfarrer im Alltag vielleicht, nicht aber im Kulturprogramm der Vesperkirche.Foto: Peter Dietrich

Kirchheim. Sechs Monate lang, so der Anruf des Versandhauses, habe seine Frau nichts mehr bestellt. Es gebe da ein „Fünf Teile kaufen, drei

Teile bezahlen“-Angebot. Schlechten Gewissens bestellte Pfarrer Dietmar Scheytt-Stövhase also fünf Unterhosen. Und beschloss, von solchen Werbemethoden zu lernen. „Wer drei Monate lang nicht im Gottesdienst war, muss mit meinem Anruf rechnen“, erklärte er den 110 Zuhörern im Ötlinger Gemeindehaus.

Auch er hat nun ein „Fünf für Drei“-Angebot: Fünf Mal in den Gottesdienst, nur drei Mal opfern. Es gibt sogar eine 25 Euro-Geschenkkarte, mit der das Opfer für fünf Gottesdienste schon bezahlt ist. Die Kirchengemeinderäte kreuzen auf Namenslisten an, wer da ist, zusätzlich würden in der Kirche vier Überwachungskameras installiert.

Über Werbung auf dem Talar sei der Kirchengemeinderat geteilter Meinung. Für das Anhalten von Autofahrern mit der Frage „Darf ich Ihnen einen Teil meiner Sonntagspredigt vorlesen?“ hat sich Scheytt-Stövhase alleine entschieden. Wollen die Kinder auf dem Rücksitz wissen, ob die Löwen Daniel tatsächlich zerfleischt haben, müssen sie in den Kindergottesdienst kommen.

Zur Kirchheimer Vesperkirchheimer gehört jedes Jahr als Nachtisch ein Kulturprogramm, zum Beispiel das Kirchenkabarett: Pfarrer Dietmar Scheytt-Stövhase aus Albershausen von der Gruppe "Pfaffenpfeffer" gab den Ötlingern in einem Soloprogramm Einblicke in den Alltag eines Pfarrers und den unerbittlichen Kampf um mehr Kirchengänger.

Immerhin an Heiligabend muss sich der Pfarrer noch keine Sorgen machen. Der werde in Albershausen gleich zweimal gefeiert: Um 16 Uhr für die Moderneren „wie früher“ und um 17.30 Uhr für die Anderen „ganz wie früher“. Wobei nicht nur jedes Jahr exakt dieselben Lieder gesungen werden: Manche können sogar die stets wiederholte Predigt schon mitsprechen. Weiße Weihnacht funktioniert in Albershausen dank Schneekanonen immer noch, eine Spende an den Naturschutzbund und vier Wanderfalken im Kirchturm sorgen für den ökologischen Ausgleich. Bleibt nur der Krippenspielstress mit dem Anruf mancher Mutter: „Wenn meine Sara nicht die Maria spielen darf, tritt die ganze Familie aus der Kirche aus.“

Ganz anders als früher seien die Sicherheitsvorschriften, erzählt der Pfarrer. Bevor der Sicherheitsbeauftragte der Landeskirche zu Besuch kommt, müssen leicht brennbare Spielteppiche weggerollt und das verbotene Pflanzenschutzmittel unter der Kanzel versteckt werden. Im Fortbildungskurs „Leiterkompetenz für Pfarrer“ geht es gar nicht um Gesprächsführung, sondern um Wartungsintervalle von Aluminiumleitern.

Natürlich hat sich der moderne Pfarrer im Religionsunterricht an Grün-Rot angepasst und sagt Sätze wie „Ich lade euch ein, die Schuhe von den Tischen zu nehmen.“ Seine Zuhörer lud er zu einem Experiment ein, ließ alle die erste Strophe von „Oh du Fröhliche“ singen und sich weihnachtliche Bilder vor Augen malen. „Man muss sich Weihnachten nur vorstellen, dann ist Weihnachten.“

Wissen konnten alle nach dem vergnüglich schrägen Abend, dass der Schriftsteller G. K. Chesterton doch Recht hatte. „Humor“, ließ er seinen ‚Pater Braun‘ sagen, „ist eine Erscheinungsform der Religion. Nur wer über den Dingen steht, kann sie belächeln.“