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Ein Quantum Trost

Beim „Dettinger Gespräch“ präsentierte Heiko Bräuning Lieder und Gedanken zum Überleben

Wohl dem, der sein Hobby zum Beruf machen konnte. Beim Pfarrer, Journalisten und Sänger Heiko Bräuning waren es sogar mehrere Hobbys. Bei seinem musikalischen Auftritt beim „Dettinger Gespräch„ in der Schlossberghalle wurde er vom Pianisten Michael Gundlach begleitet.

Dettingen. „Lisa, man kann Gott nicht malen. Wir wissen nicht, wie er aussieht.“ Alle Worte halfen nichts, die Lehrerin konnte die Erstklässlerin nicht überzeugen. „Warten sie noch fünf Minuten“, entgegnete die Sechsjährige, „dann wissen Sie es.“ Mit dieser Geschichte machte Bräuning zu Beginn deutlich, worum es ihm ging: Er wollte den rund 70 Zuhörern eine Vorstellung davon vermitteln, wie Gott über den Menschen denkt.

„Von klein auf sitzen wir Menschen auf der Anklagebank“, sagte Bräuning in einer seiner Zwischenmoderationen. „Wir sind im Rechtfertigungszwang: Warum bist du so, wie du bist?“ Das ganze Leben lang sei der Mensch vor Gericht – nicht nur als Angeklagter, sondern auch als Ankläger und Richter anderer. Genau dieses Gericht sei am Kreuz Jesu endgültig beendet: „Du darfst so sein, wie du bist.“ Wenn Gott ihn anders habe wollte, das habe schon Goethe weise erkannt, dann hätte er ihn eben anders geschaffen.

Seit mehr als 20 Jahren sind Bräuning und Gundlach, ein ganz hervorragender Pianist, gemeinsam unterwegs, zu 50 bis 70 Auftritten im Jahr. Hauptberuflich leitet Bräuning bei den Zieglerschen Anstalten in Wilhelmsdorf das Referat Theologie und Seelsorge. In Wilhelmsdorf lebt auch ein Vorbild, von dem Bräuning erzählte. „Adelheid, du Krüppel“, musste das kleine Mädchen oft hören, das an Kinderlähmung erkrankt war, dessen Beine verschieden lang und dessen einer Arm nicht recht zu bewegen war. Doch dieses kleine Mädchen biss sich durch, wurde gegen alle Bedenken ihrer Mitmenschen Sekretärin und später sogar Erzieherin. Noch als Seniorin bereitet sie nun den Kindern eine Freude, indem sie diese mit ihrem elektrischen Rollstuhl mitnimmt. „Du hast dein Leben wunderbar gemeistert“, hieß das Lied, das Bräuning ihr zum Geburtstag geschrieben hat.

Auch zur nächsten Pro-Christ-Veranstaltungsreihe hat Bräuning ein sehr eingängiges Lied komponiert, das er vorstellte und gleich zum Mitsingen einlud: „Liebe ohne Ende“. Ein weiteres Lied galt dem „Jahr der Dankbarkeit“, das eine große Zahl christlicher Gruppierungen ab Anfang Oktober 2015 ausgerufen haben. Alle Lieder des Abends wurden von projizierten Liedtexten und ansprechenden Fotos begleitet. Am pfiffigsten waren die Fotos von Ursus Wehrli – wer Kunst oder gar sein ganzes Leben aufräumen will, kann von dem Schweizer Künstler viel lernen.

Viermal im Jahr laden Christen aus Dettingen und Umgebung, unterstützt von der Evangelischen Kirchengemeinde Dettingen, zum Dettinger Gespräch ein. Normalerweise folgt auf einen Vortrag eine ausführliche Diskussionsrunde. Auf sie wurde diesmal verzichtet – wie will man auch über Lieder und Gedanken zum Überleben diskutieren? Entweder sie sprechen das Herz eines Hörers an oder sie tun es nicht. Dafür war der Büchertisch dicht umlagert, alle Lieder von Bräuning sind auf CD erhältlich.

Es sind eingängige Lieder, die ein gehöriges Quantum Trost enthalten. An das sprachliche Niveau eines Manfred Siebald reichen sie jedoch bei Weitem nicht heran. Im herausfordernden Vergleich zum Altmeister der christlichen Liedermacher wirken Bräunings Texte stellenweise ziemlich platt, die Reime vorhersehbar. Dennoch stehen hinter dem Trost, den Bräuning in Dettingen vermittelte, eigene tiefe Erfahrungen. Dass der kleine Leon, den Familie Bräuning als Pflegekind aufnahm, an einer geistigen Behinderung leidet, fiel erst nach einiger Zeit auf.