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Eine Verneigung

Ausstellung mit Werken von Gotthilf Kurz

Im Dettinger Rathaus ist eine Ausstellung mit Werken des Buchbindekünstlers Gotthilf Kurz zu sehen. Obwohl der 2010 gestorbene Buchbinder 45 Jahre mit seiner Frau in München gelebt hatte, hat er in Dettingen noch heute sichtbare Spuren hinterlassen.

Dettingen. Gotthilf Kurz gilt in Dettingen als „großer Mitbürger“. Das zeigte sich nicht zuletzt an den Weggefährten, Schülern, Freunden, Verwandten, Pfadfindern aller Altersstufen und den vielen Mitbürgern, die sich zur Ausstellung „Redende und andere Meisterwerke“ im Dettinger Rathaus eingefunden haben. Sie würdigen seine Beziehungen und das langjährige handwerkliche, künstlerische und pädagogische Wirken. Nicht nur bei der Gestaltung der wieder aufgebauten Sankt-Georgs-Kirche ist die Arbeit des Künstlers zu sehen. Sein Graffito am Kindergarten in der Hinteren Straße wurde komplett erhalten, auch wenn dadurch energetische Wunschvorstellungen nicht ganz erfüllt werden konnten.

Die Gründung der Christlichen Pfadfinder in Dettingen und sein langjähriges Wirken auf allen Ebenen der Pfadfinder in Württemberg ist eine seiner wichtigsten Lebensleistungen. Denn ohne die Pfadfinder wäre in Dettingen vieles wohl ganz anders geworden und auch diese Ausstellung nicht zustande gekommen.

Ein besonders Werk aus der langen Schaffensphase als Buchbinder von Gotthilf Kurz ist das „Goldene Buch“ der Gemeinde Dettingen. Hierbei handelt es sich um einen Ganzledereinband aus grünem Ziegenleder. „Bücher haben eine Botschaft, Bücher tun etwas mit uns!“ Mit diesen Worten eröffnete Dr. Christian Herrmann von der Württembergischen Landesbibliothek seinen Vortrag zur Ausstellung. Mit dem Verständnis der Entwicklung der Einbandkunst der letzten tausend Jahre wird die Arbeit des modernen Meisters Gotthilf Kurz verständlicher. Einbände führen in ihrer aufwendigen Gestaltung die Wertschätzung des Buches vor Augen. Insbesondere bei Prachteinbänden von mittelalterlichen Handschriften wird dies deutlich. Der Aufwand für das einzelne Buch wurde kleiner, der Wunsch der Wohlhabenden nach einem Unikat blieb jedoch und zeitigte auch in dieser Epoche wertvolle Einzelbände.

Für Gotthilf Kurz stellten wie für die historischen Buchbindermeister Einbände eine Wertaussage dar. Er setzte sich durch den Aufwand, durch Kreativität bei Motiven und Techniken und durch die verwendeten Materialien bewusst von der industriellen Massenproduktion des Buches und des Einbandes ab. Bei nahezu jedem seiner Einbände verwendete er hochwertiges Papier und häufig das edle Ziegenleder, aber auch Pergament, teilweise mit der wertvollen Äderung. Selbst Plexiglas mit Schieferplatten oder Goldeinlage kamen zum Einsatz. Gotthilf Kurz hat wohl die für die Ausstattung mit Einbänden vorgesehenen Bücher bewusst ausgewählt. Der ästhetisch gestaltete Einband und das gebundene Buch stehen in einer Wechselbeziehung. Redend ist ein Einband, wenn nicht nur eine Verzierung, sondern auch die Motive auf das gebundene Buch verweisen. Dies gilt etwa für die christlichen Symbole Kreuz, Fisch, Alpha und Omega. Einem Christen wie Gotthilf Kurz und ebenso gläubigen Mitchristen helfen prachtvoll oder tiefsinnig gebundene Bibeln dazu, sich des besonderen Wesens der Worte der Propheten und Apostel wieder neu bewusst zu werden und sich an der Bibel zu erfreuen.

Trotzdem darf man Gotthilf Kurz nicht auf die Motivation der Werbung für Buchinhalte einengen. Die zahlreichen Auszeichnungen für seine Arbeiten und die Berufung an die Akademie für das grafische Gewerbe in München wären nicht zu erklären, wenn nicht die handwerklich-künstlerische Perfektion und die Qualität von Material und Verarbeitung für ihn auch Selbstzweck wären.

Was Kurz von den Buchbindern früherer Epochen unterscheidet, ist seine Vorliebe für abstrakt-lineare Formen der Einbandverzierung. Auch kalligrafisch gestaltete Schriftzüge wurden als Dekorelemente eingesetzt. Kurz griff alle bekannten Techniken und Materialien auf und prägte mit ihnen seine persönliche Note. Die Vielfalt der Motive, Methoden und Materialien dienten aber dem einheitlichen Ziel, der Liebe zum qualitativ hochwertigen und ästhetisch ansprechend gestalteten Buch. pm

Info

Die Ausstellung im Rathaus in Dettingen ist noch bis zum 6. Dezember zu sehen, am Sonntag von 10.30 bis 17 Uhr.