Weilheim · Lenningen · Umland

Eine Weltsensation kehrt auf die Hahnweide zurück

Segelflug 40 Jahre lang schwebte die Kirchheimer Erfindung am südafrikanischen Himmel. Vor Kurzem kehrte der Höchstleistungssegler zurück. Von Thomas Krytzner

Die BS1 galt in den 60er-Jahren als das leistungsfähigste und eleganteste Segelflugzeug der Welt.Foto: Thomas Krytzner
Die BS1 galt in den 60er-Jahren als das leistungsfähigste und eleganteste Segelflugzeug der Welt.Foto: Thomas Krytzner

Björn Stender gilt als Konstrukteur der neuen Errungenschaft des Fliegenden Museums auf der Hahnweide. Nach Abschluss seines Studiums im Sommer 1962 beschloss er, die Weiterentwicklung und den Bau von Höchstleistungsseglern nach seinen eigenen Ideen zu betreiben. Im Juli des gleichen Jahres entwarf er sein erstes Baumuster mit dem Namen BS1. Bis zum 23. Dezember baute er am Flugzeug und setzte damals neue Maßstäbe im Segelflugsport. Sein Flugzeug erreichte eine Gleitzahl von 44, das heißt, es konnte ohne Antrieb 44 Kilometer weit segeln.

Auch die Maximalgeschwindigkeit von 300 Stundenkilometern verblüffte damals die Segelflieger weltweit. Die aerodynamische und fliegerische Qualität seiner Konstruktion sorgte um die Jahreswende für Aufsehen; die BS1 galt als das leistungsfähigste und eleganteste Segelflugzeug der Welt. Beflügelt vom Erfolg, konstruierte Björn Stender weiter und baute einen zweiten Prototyp. Für sein erstes Modell lagen mittlerweile 16 Bestellungen vor.

Es blieb nicht beim Prototyp

Im Oktober 1963 verunglückte der passionierte Segler und Konstrukteur auf der Hahnweide tödlich, als er zur Hochgeschwindigkeitserprobung mit dem zweiten Prototyp startete. Die Segelflugwelt war geschockt. Doch Stenders Idee wurde weiterentwickelt und verfolgt. Eugen Hänle, der Gründer von Glasflügel Flugzeugbau in Schlattstall im Lenninger Tal, überarbeitete die Konstruktion Stenders und erhielt von dessen Vater, Walter Stender, hilfreiche Unterstützung. Insgesamt 18 Segelflieger dieses Typs baute der Pionier aus Lenningen.

Seine 15. Maschine hatte im September 1967 auf der Hahnweide den Erstflug und wurde bis 1970 auf dem Flugplatz Erbach bei Ulm betrieben. Schließlich kaufte sie ein Segelflieger aus Südafrika, und die nächsten 40 Jahre schwebte Stenders Erfindung mit der viel gerühmten Thermik auf verschiedenen afrikanischen Flugplätzen. Einer der Piloten und zugleich der letzte war Chris Adrian aus Pretoria. Lange Zeit war der enthusiastische Segelflieger auf dem Flugplatz Brits Airfield oft mit der BS1 von Björn Stender in der Luft. Schließlich packte ihn ein anderes Hobby - das Modellfliegen -, und die Segelfliegerei geriet in den Hintergrund. Da er für die BS1 keine Verwendung mehr hatte, stand das Segelflugzeug lange unbenutzt herum.

Schließlich wurde Chris Adrian auf das Fliegende Museum Hahnweide aufmerksam und nahm Kontakt mit den Verantwortlichen auf. Nach einigen Gesprächen und Verhandlungen entschied sich der Südafrikaner schließlich, den Flieger auf die Heimreise zu schicken und das Segelflugzeug dem Museum zu überlassen.

Rund vier Wochen dauerte die Heimreise per Frachtschiff, und nun hängt der einstige Höchstleistungssegler in der vom Museum gepachteten Halle auf der Hahnweide. Ein luftfahrttechnischer Betrieb (LTB) wird die zusammengebaute BS1 nun überprüfen. Die Zulassung erfolgt danach über das Luftfahrt-Bundesamt.

Drei Fragen an Fliegerurgestein Sieger Maier

Sieger MaierFoto: kry
Sieger MaierFoto: kry

1 1.Welche Bedeutung hat die Rückkehr der BS1 auf die Hahnweide?

Weltweit gibt es noch vier oder fünf ähnliche Geräte. Da das Flugzeug ja hier in der Region gebaut wurde, soll es nun wieder an seinen Bauort zurückkehren. Damit ehren wir auch das Andenken an seinen Erfinder, Björn Stender. Das Segelflugzeug ergänzt unsere Sammlung im Fliegenden Museum.

2 1.Wodurch zeichnet sich das Fliegende Museum aus?

Seit sieben Jahren gibt es das Museum auf der Hahnweide. Die BS1 ist das sechste Flugzeug. Bisher haben wir ein einziges gekauft, die anderen bekamen wir geschenkt. Wir übernehmen jedoch die Kosten für die Hallenmiete und den Unterhalt der Flugzeuge. Pro Flugzeug sind das jährlich rund 1 800 Euro. Um ein Flugzeug in die Luft zu bekommen, mit allen nötigen Papieren und Prüfungen, muss man mit 10 000 Euro rechnen.

3 1.Wie finanziert sich das Museum?

Der Museumsverein hat viele Mitglieder. Diese zahlen 80 Euro Beitrag pro Jahr. Wer fliegen will, zahlt einmal zusätzlich 100 Euro im Jahr. Mittlerweile gibt es viele junge Piloten, die an der Historie interessiert sind. Weitere Mitglieder sind gerne willkommen, da wir nach wie vor an der Realisierung einer eigenen Halle fürs Fliegende Museum arbeiten.