Weilheim · Lenningen · Umland
Einzigartige Geschichte der Fotografie kommt in Uhingenzur Geltung

Umzug Am Sonntag zeigt sich das historische Fotomuseum im Uhinger Berchtoldshof in neuer Größe und mit neuen Stücken: Maria Bauer spendet die Kamerasammlung ihres verstorbenen Onkels. Von Sabine Ackermann

Otto Nicksch strahlt. So langsam wird es, nur noch der Feinschliff ist noch nicht vollbracht. Nachdem das Fotomuseum fast 20 Jahre im Rathaus Uhingen zu finden war, wurde nach den etwa sechsmonatigen Umzugs- und Neugestaltungsarbeiten das Museumskonzept der heutigen

 

Es soll wirklich kein Geld damit verdient werden.
Johann Kessler
entschied vor seinem Tod selbst,
was mit seiner einzigartigen Sammlung geschehen soll.

 

Zeit angepasst. In den neu angeschafften modernen Vitrinen und Regalen verteilt sich der Großteil der Kameras, Objektive, Projektoren und weiteres unzähliges Zubehör sowie angesammelte Schätze, die dort prima zur Geltung kommen.

Einfach nur reinstellen und gut ist – keine Option für die fleißigen Fotoschwaben Otto Nicksch sowie Kurator und Stellvertreter Udo Meissner. Zuerst wurden die gut 750 Exponate, darunter sehr seltene und wertvolle Schätze, nach Jahrgängen geordnet und stückweise mit einer Registriernummer versehen. Die Geschichte der analogen Fototechnik wird nun chronologisch dargestellt, angefangenen von ihrer Geburtsstunde anno 1839 bis hin zur Digitalfotografie in den 2000er-Jahren, erklärt Museumsleiter Otto Nicksch und bekräftigt: „Das kostete ordentlich Zeit und war verdammt viel Arbeit. Doch jetzt, wo wir sehen, was wir alles haben, sind wir stolz und glücklich.“

Das Mehr an Sichtbarkeit ist unter anderem den hell erleuchteten, übersichtlicheren und barrierefreien 90 Quadratmeter umfassenden Ausstellungsräumen im Berchtoldshof geschuldet, im Rathaus waren es zuvor nur 75 Quadratmeter. „Wir haben jetzt die doppelte Stellfläche für unsere Exponate. Alte Fachliteratur und Dunkelkammer, zeitgenössisches analoges Fotolabor sowie ein historisches Fotoatelier um 1900 sind jetzt richtige Hingucker“, freuen sich die beiden Experten. Platz ist nun auch für eine Wechselausstellung, die für die Besucher immer wieder Neues zu speziellen Themen bereithält. In Umzugskartons musste alles vorsortiert und verpackt werden, nicht zu vergessen die etwa 3400 eingelagerten Kameras und Exponate, die schwer zugänglich in unterschiedlichen Stauräumen aufbewahrt waren. Nach dem Motto „viele Hände, schnelles Ende“ wurde der überschaubare Kreis der Fotoschwaben – alle arbeiten ehrenamtlich und befinden sich im Rentenalter – von der Jungendfeuerwehr und vier Bauhof-Mitarbeitern bestens unterstützt.

Erbin suchte aktiv

„Inzwischen verfügen wir über die umfangreichste öffentlich zugängliche Kamerasammlung in ganz Baden-Württemberg und gelten als eines der bedeutendsten fotohistorischen Museen seiner Art in ganz Deutschland.“ Vermutlich hat Maria Bauer aus Neckarsulm diesen Hinweis auf der Uhinger Homepage des Fotomuseums gelesen, als sie im Netz danach suchte. Nicht, weil sie sich für besondere oder historische Kameras interessiert, ganz im Gegenteil: Sie wollte welche verschenken. Ihr Onkel Johann „Hans“ Kessler, Jahrgang 1935, war im Dezember 2021 in Stuttgart überraschend gestorben und hatte eine umfangreiche Sammlung an Kameras, Fotoapparaten und alles, was dazu gehört, hinterlassen. „Das waren weit mehr als 1000 Exponate“, verrät seine Nichte, die unter anderem von den Fotomuseen Burghausen und München eine Absage mit den Worten „kein Interesse“ bekommen hatte. Durch Zufall landete sie bei den Uhinger Fotoschwaben, die natürlich sofort von dieser großzügigen und überraschenden Spende begeistert waren.

Johann Kessler stammte ursprünglich aus Hermannstadt in Siebenbürgen und hatte dort zusätzlich zu seinem Lehrerberuf eine Ausbildung zum Fotografen gemacht, weil er befürchtete, dass er in seiner hervorgehobenen Position an der Schule von den politischen Entscheidern jederzeit gekündigt werden könnte. 1990 kam er nach Stuttgart-Ost und konnte sein umfangreiches Wissen in der Fotografie an der Universität Hohenheim erfolgreich anwenden.

Johann Kessler hatte eine Fotowerkstatt im Gemeindehaus der Friedenskirche eingerichtet, um Jugendlichen die analoge Fotografie näherzubringen, und hatte sich dafür in Kirchheim zum Hausmeister fortbilden lassen. „Er war vielseitig ehrenamtlich aktiv, ein äußerst begabter Bastler, entwickelte selbst die Fotos, sammelte zahlreiche Kameras und die dazugehörigen Apparaturen“, berichtet Maria Bauer über ihren „Hansonkel“, zu dem sie ein inniges Verhältnis hatte. Als es dem kinderlosen Witwer schlechter ging, sagte er über die Sammlung zu seiner Nichte: „Es soll wirklich kein Geld damit verdient werden.“ Und daran hielt sich Maria Bauer. Für sie kam gar nichts anderes infrage, als dem Wunsch ihres Onkel Folge zu leisten.

Info: Neueröffnung ist am Sonntag, 22. Januar, um 14 Uhr im Berchtoldshof in der Friedrichstraße 2 in Uhingen.

 

Wer sind die Fotoschwaben?

Als das Fotomuseum in Uhingen im Jahr 2003 eröffnet wurde, bildete sich schnell eine Gemeinschaft von engagierten Foto-Enthusiasten. Sie übernahmen die Betreuung für das damals neue Museum. Die Gruppe gab sich den Namen „Die Fotoschwaben“. Mit dem Namen wurde nicht nur das gemeinsame Interesse, sondern auch der regionale Bezug betont.

Ziel der Gruppe ist es, die Attraktivität des Museums zu steigern und dafür zu sorgen, dass es immer bekannter wird. kd