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Elektrisch die Steige hinaufrollen

Mobilität Was taugt der E-Roller auf dem Land? Der Bundestagsabgeordnete Matthias Gastel wollte es wissen und hat sich die Strecke von Nürtingen bis auf die Alb vorgenommen. Von Thomas Zapp

E-Roller
Foto: Carsten Riedl

Man kann es zusammenklappen und es wie einen 16 Kilogramm schweren Koffer im Bus oder der Bahn mitnehmen. Man kann mit dem „Elektro-Kleinstfahrzeug“ auf 12-Zoll-Rädern und mit 250 Watt Leistung auch die Neidlinger Steige hinauffahren - wie der Bundestagsabgeordnete Matthias Gastel. Er will mit einer Drei-Tages-Tour von Nürtingen über Kirchheim, Neidlingen und Ochsenwang nach Wendlingen und wieder zurück beweisen, dass E-Roller oder E-Scooter - im Behördendeutsch Elektrokleinstfahrzeuge genannt - auch für ländliche Regionen als Kurzstrecken-Alternative taugen.

Die Tretroller mit elektrischer Unterstützung sind in Deutschland seit dem 15. Juni erlaubt und haben schon Schlagzeilen produziert: Unfälle mit alkoholisierten Nutzern, mehreren Personen auf einem Roller oder auf Gehwegen. Diese Großstadt-Phänomene spielen beim Gastel-Experiment keine Rolle.

Auf dem Weg zur Ziegelhütte versucht der überzeugte Radfahrer in der langsameren Stufe bis fünf Stundenkilometer zu fahren, um die Batterie zu schonen. Die Geschwindigkeit erweist sich jedoch an der durchschnittlich siebenprozentigen Steige für das Gleichgewicht als nicht ausreichend. Deshalb schaltet er auf die höhere Stufe bis 20 Kilometer um, ohne jedoch maximal durchzudrücken. „Da fehlt noch eine Zwischenstufe wie ein Tempomat“, stellt er fest. Blinker hat sein Metz-Roller aus deutscher Produktion wie alle anderen Modelle übrigens auch nicht. „Ich zeige die Richtung mit meinen Beinen an“, sagt er. Denn wenn er mit dem Arm winkt, gerät er ebenfalls leicht ins Ungleichgewicht.

Das Etappenziel naht, und ohne erkennbare Anstrengung stoppt der Grünen-Politiker seinen E-Roller. Im Gegensatz zu seinem Fahrer hat das Gefährt jedoch ordentlich Energie verbraucht: Von den ursprünglich zehn Strichen auf der Batterie-Anzeige fehlen vier, das bedeutet: Von 100 Prozent Startkapazität sind noch 60 Prozent übrig. „Der Berg frisst“, lautet Gastels Kommentar.

Die Drei-Tages-Tour hat ihm noch weitere Probleme aufgezeigt. „Man darf mit dem E-Roller keine Feldwege nutzen, das schränkt die Möglichkeiten ein“, erklärt Gastel. Die Vorschrift ist dabei etwas umständlich: Solange ein Radweg vorhanden ist, muss der genutzt werden. Wenn der jedoch, wie auf Gastels Tour geschehen, in einen Feldweg mündet, müsste der Roller-Fahrer theoretisch wieder umkehren.

Das Gleiche gilt für kombinierte Rad-/Fußwege, die für E-RollerFahrer tabu sind - im Gegensatz zum Pedelec-Fahrer. Der Grund: Ein E-Roller gilt als motorisiertes Fahrzeug mit einem eigenständigen Motor. Lediglich zum Start wird mit dem Fuß Schwung genommen. Das Pedelec hingegen wird getreten und hat nur eine Motorunterstützung und darf auf Radwegen gefahren werden. „Sie können deshalb mit dem Roller keine Tour planen“, räumt er ein. Viele Dinge seien nicht durchdacht wurden, als die Vorschriften für E-Roller erlassen wurden, da wird der Bundestagsabgeordnete sicher noch aktiv.

Nach der energieschluckenden Auffahrt zur Ziegelhütte entschädigt die spätere Abfahrt nach Wendlingen. „Nach einer Stunde aufladen bin ich mit 70 Prozent losgefahren und locker 22 Kilometer bis Wendlingen gekommen“, berichtet Matthias Gastel. Insgesamt hat er 77 Kilometer in drei Tagen zurückgelegt. Teilweise ist er auch mit Bus und Bahn gefahren. Sein Fazit: „Ich bin auf jeden Fall froh um jede weitere Alternative zum Auto. Ob der Roller für bestimmte Strecken attraktiver als das Pedelec ist, muss jeder selbst entscheiden. Er ist auf jeden Fall deutlich leichter in der Bahn mitzunehmen.“