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„Es fällt mir leichter, traurig zu sein“

Die Nachwuchsschauspielerin Chiara Bonfert spielt beim Stuttgarter Lokstoff-Theater ein Revolutionskind

„Es fällt mir leichter, traurig zu sein“
„Es fällt mir leichter, traurig zu sein“

Kirchheim. Chiara Bonfert würde das Schauspiel niemals aufgeben. Die 17-jährige Schülerin des Ludwig-Uhland-Gymnasiums hat gefunden, was andere ein ganzes Leben lang missen: eine große Leidenschaft. Seit der fünften Klasse spielt

sie immer wieder in Theatergruppen mit, seit ein paar Jahren lernt sie an einer Stuttgarter Schauspielschule. Wenn sie als Kind Filme schaute, achtete sie weniger auf die Story, als auf die Schauspieler. „Die haben bestimmt voll viel Spaß beim Dreh“, dachte sie dann. Davon, einmal selbst vor der Kamera zu stehen, träumt sie immer noch. Ihr ganz persönlicher Gott ist Johnny Depp.

Im Moment spielt die Kirchheimerin beim Stuttgarter Lokstoff-Theater eine Rolle in „Revolutionskinder“. Das Stück handelt von 30 Jugendlichen in Leipzig vor der Wende und Kairo während des arabischen Frühlings. Die „Revolutionskinder“ kämpfen für Menschenrechte, Freiheit und Frieden. Mittendrin darf natürlich auch eine Liebesgeschichte nicht fehlen: Die Verliebten Pyramus und Thisbe dürfen sich wegen der Feindschaft der Eltern nicht sehen. Die alte Sage eines babylonischen Paares diente Shakespeare als Inspiration für Romeo und Julia. Die Stuttgarter „Revolutionskinder“ griffen sie erneut auf und wurden mit dem Bürgerpreis und dem Theaterpreis der Stadt ausgezeichnet.

Chiara Bonfert spielt eine der 30  unglücklichen Jugendlichen. Sich in ihre Rolle einzufinden, war kein Problem: „Es fällt mir leichter, traurig zu sein“, erzählt sie. Man müsse dann einfach tief in sich gehen und sich vollkommen konzentrieren. Was wichtig sei: nicht gleich losheulen, „denn man weint doch auch in echt nicht immer, wenn man traurig ist.“ Besondere Tricks oder Tipps für eine überzeugende Vorstellung hat sie dennoch nicht. „Man muss einfach voll dabei sein und Spaß am Spiel haben. Wenn es drauf ankommt, klappt es schon.“

Nach dem Abi will sie sich auf jeden Fall in das Abenteuer Schauspiel stürzen. Ihre Familie sei davon zwar nur in Maßen begeistert und hält die Leidenschaft nicht für einen sicheren Broterwerb. Doch das ist der Schülerin egal: „Für die Schauspielerei würde ich einfach alles tun.“ Ihre Schulleistung sei trotz der Strapazen noch nicht schlechter geworden, „aber ich glaube, meine Gesundheit leidet ein wenig darunter“, fügt sie lachend hinzu. Sie nimmt viel Stress auf sich, um ihr Hobby zu leben. Die Aufführungen der „Revolutionskinder“ finden in der Saison zwischen März und September zwei- bis dreimal im Monat statt, dazu kommen Proben und der Schauspielunterricht. Schulbefreiungen stehen bei ihr an der Tagesordnung.

Die Schülerin glaubt an Übung, auch wenn manche Leute natürlich einfach talentiert sind – Johnny Depp zum Beispiel. „Dass ich schauspielere heißt ja nicht gleich, dass ich super gut bin. Es gibt wahrscheinlich Millionen, die besser sind. Aber ich habe Spaß dabei und glaube, dass ich damit andere überzeugen kann“, sagt sie. Was sie fasziniert ist, dass man beim Schauspielern in Rollen schlüpfen kann. Man versetzt sich in einen Menschen, der man nicht ist, nicht war und auch niemals sein wird. Aber man kann sich dabei selbst ausprobieren. „Die Schauspielerei verändert einen extrem“.