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„Es muss nicht alles schnell gehen“

Trauerfall Beim „Tag des Friedhofs“ in Weilheim gab Pfarrer Matthias Hennig einfühlsame Ratschläge.

Pfarrer Matthias Hennig informiert über kirchliche Angebote im Trauerfall.Foto: Peter Dietrich
Pfarrer Matthias Hennig informiert über kirchliche Angebote im Trauerfall.Foto: Peter Dietrich

Weilheim. Manchmal, sagte der evangelische Pfarrer Matthias Hennig in einer Gesprächsrunde in der Weilheimer Aussegnungtshalle am „Tag des Friedhofs“, passierten im Leben plötzlich unvorstellbare Dinge. Manchmal könne die Trauerphase schon vor dem Tod beginnen. „Irgendwann sagt man einem Menschen nicht mehr, ‚das wird schon wieder‘. Man muss der Wahrheit ins Gesicht sehen.“ Matthias Hennig lud dazu ein, bei einem Trauerfall gleich den Pfarrer zu informieren. Er sei als Pfarrer beruflich dazu verpflichtet, innerhalb von drei Stunden erreichbar zu sein. „Bei einem Todesfall ist das bei mir das Allerwichtigste.“

„Es muss nicht alles schnell gehen“, betonte Matthias Hennig. Er habe viel bessere Erfahrungen mit einem Trauergespräch am zweiten oder dritten Tag gemacht. „Das ist ein wichtiges Gespräch, es soll hilfreich sein.“ Es gehe dabei um die Lebensgeschichte des Verstorbenen und darum, als Angehöriger die eigene Beziehung zum Verstorbenen zu reflektieren. Manchmal gehe es auch um Schuldfragen: „Hätte ich ihn drängen sollen, seine Medizin zu nehmen, würde er dann noch leben?“ Manchmal hätten Verstorbene selbst etwas über ihr Leben zu Papier gebracht. „Oft liegt das viele Jahre zurück und passt nicht mehr.“ Und passe es noch, wenn jemand vor zwölf Jahren im Groll notiert habe, er wolle anonym bestattet werden?

„Es gibt kein richtig und falsch“, sagte der Pfarrer zu den Bestattungsformen, „sondern was stimmig ist.“ Matthias Hennig bat die Angehörigen, auch an Freunde und Verwandte zu denken, die den Abschied brauchen. „Ich verstehe jeden, der sich bei einer öffentlichen Trauerfeier fragt: ‚schaffe ich das?‘, aber sie gibt allen die Möglichkeit zum Abschied. Auch bei der Frage, ob bei einer Aufbahrung der Sarg offen sein solle, sei es gut, an die anderen Trauergäste zu denken.

„Das erste Jahr ist ein besonderes Jahr“, sagte Matthias Hennig. An besonderen Tagen wie dem Geburtstag oder Weihnachten falle das Fehlen des Verstorbenen auf. „Wie will ich diese Tage gestalten? Will ich die Lücke aushalten?“ Trauer könne einen auch überraschend überfallen, etwa durch ein Fotoalbum oder einen Gegenstand. „Ich muss dem Schmerz Raum geben, Trauer hat heilende Kraft. Man kann sie nicht verdrängen, sie klopft sonst immer wieder an die Türe.“ Wenn der Pfarrer die gedruckte Traueransprache bringt, biete sich die Gelegenheit zu einem Nachgespräch. Zum Ewigkeitssonntag erhielten Angehörige eine Einladung zum Gottesdienst, in dem für jeden eine Kerze entzündet wird. Zu den weiteren Angeboten gehörten das „Café T“ des ambulanten Hospizdienstes Kirchheim und die Ostermorgenfeier auf dem Weilheimer Friedhof. Ist der Pfarrer im Trauerfall nur für Menschen da, die vorher Kontakt zur Kirche hatten? Er werde niemanden in seiner Trauer alleine lassen, versicherte Matthias Hennig. Wenn Menschen sich an ihn wenden und das Gespräch suchen, stünden Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe ganz oben.Peter Dietrich