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Etwas Glück gefällig?

Beruf Christian Bader steigt Hausbesitzern nicht ohne Grund aufs Dach. Er ist Schornsteinfeger in Ötlingen. Bei seiner Arbeit erlebt er mitunter kuriose Dinge. Zum Tag des Schornsteinfegers erzählt er davon. Von Daniela Haußmann

Keiner kennt Kirchheim so gut von oben wie Christian Bader. Foto: Daniela Haußmann
Keiner kennt Kirchheim so gut von oben wie Christian Bader. Foto: Daniela Haußmann

Wer seinem Glück im neuen Jahr frühzeitig auf die Sprünge helfen will, kann es mit einem Termin beim Schornsteinfeger versuchen. Sein Ruf als Überbringer von Fortunas Segen kommt nicht von ungefähr. Glühende Asche, die aus verrußten Schloten austrat, löste im Mittelalter verheerende Brände aus, die laut dem Kirchheimer Schornsteinfeger Christian Bader ganze Dörfer in Schutt und Asche legten.

Angestoßen durch solch tragische Ereignisse entstanden die ersten Feuer- und Brandverordnungen, die die Entstehung und Ausbreitung seines Handwerks vorantrieben. „Sauber gehaltene Rauchabzüge sollten Brände verhindern und somit die heimischen vier Wände schützen“, erklärt der 42-Jährige den vor Jahrhunderten begründeten Aberglauben, dass er und seine Kollegen das Glück ins Haus bringen. Daran erinnert jährlich der 2010 ins Leben gerufene Tag des Schornsteinfegers, der 2017 auf den 14. Oktober fällt. Also morgen.

In einem Fall ist es Christian Bader, der in Wendlingen und Ötlingen rund 3 000 Haushalte betreut, sogar gelungen, seinem Ruf als Fortunas Bote alle Ehre zu machen. Für einen seiner Kunden wurde er indirekt zum Lebensretter. Christian Bader gab einer Wohnungseigentümergemeinschaft den Rat, Funkrauchmelder zu installieren, die drahtlos miteinander vernetzt sind und deshalb bei einem Brand simultan Alarm schlagen. „Tage nachdem die Warnmelder eingebaut waren, brach ein Feuer aus. Ein Mann, der eingeschlafen war, konnte nur gerettet werden, weil auch die Melder im Treppenhaus anschlugen und so die Nachbarn rechtzeitig regierten.“ Solche Erlebnisse bestärken Christian Bader, der seinen Beruf mit Leib und Seele ausübt.

Neue Technologien, Vorschriften und Gesetze - auch ein Schornsteinfeger lernt nie aus und muss sich kontinuierlich weiterbilden. Außerdem bietet Christian Baders Beruf jede Menge Abwechslung und Kontakt zu Menschen.Langeweile kommt da nicht auf. Erst recht nicht, wenn eine Dame völlig nackt die Türe öffnet, weil sie gewiss nicht den Kaminkehrer, sondern jemand ganz anderen erwartet hat. Ein Erlebnis über das Bader heute lacht. „Aber damals war das nicht nur der Bewohnerin peinlich“, erinnert sich der 42-Jährige. Etwas vergleichbar Pikantes ist dem Schornsteinfeger bei seinen Hausbesuchen seither nicht mehr passiert.

Trotzdem kann auch die Routinearbeit so manche Überraschung bereithalten. Wer einen Holzofen oder eine Holzheizung betreibt muss damit rechnen, dass sich mit der Zeit Ablagerungen wie beispielsweise Glanzruß im Kamin bilden. „Diese Rußart, die sich an den Innenwänden eines Kamins ablagern kann“ hat, laut Christian Bader, „eine leicht teerartige Konsistenz und ist leicht entflammbar.“

Die Entfernung des glänzenden Materials ist Routinearbeit. So auch vor fünf Jahren, als Bader seinen Bezirk neu übernahm und die Aufgabenliste seines Vorgängers abarbeitete. Dazu gehörte auch ein Kamin in Ötlingen, den der 42-Jährige ausbrannte, um den Glanzruß zu beseitigen. „Als der Kamin nach etwa vier Minuten komische Geräusche von sich gab, war mir klar, dass dieser Kamin anders ist als alle vor ihm“, sagt Bader rückblickend.

Es entstand ein regelrechtes Feuer, in dessen Folge der Schlot zu bersten begann. Die Wände fingen an zu brennen. „Ich musste die Feuerwehr alarmieren. Die löschte den Kaminbrand und bohrte die Wände auf“, erzählt Christian Bader. Ein Schaden, der mit einigen Tausend Euro zu Buche schlug. „Das war quasi meine Feuertaufe“, schmunzelt der 42-Jährige. „Ich habe zu den Kunden nach wie vor ein gutes Verhältnis. Aber erleben möchte ich so etwas ganz bestimmt nicht mehr.“

Ein- oder zweimal im Jahr ordnet das Landratsamt eine Zwangskehrung an. In Gegenwart der Polizei öffnet dann ein Schlüsseldienst die Türe, damit Christian Bader beispielsweise Emissionsmessungen durchführen oder Lüftungs- und Abgasanlagen in Augenschein nehmen kann. „In diesen Fällen haben es Kunden versäumt, fristgerecht die vorgeschriebenen Pflichtkontrollen durchführen zu lassen“, berichtet der Schornsteinfeger. „Die Betroffenen müssen dann natürlich die Kosten für den Aufwand tragen und ein Bußgeld zahlen.“

Trotzdem hat Christian Bader einen guten Draht zu seinen Kunden. Manche laden ihn auf ein Stück Kuchen und einen Kaffee ein. Vorbei sind die Zeiten, in denen die Kaminfeger noch zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs waren.

Markenzeichen: der Zylinder

„Der Zylinder war früher nicht nur ein Regenschutz. Manche stellten den leeren Hut auf den Herd, bevor sie aufs Dach stiegen“, weiß Christian Bader über das Markenzeichen seindes Standes: Die meisten Hausbewohner füllten den Zylinder mit Leckereien, die sich unterm Hut gut transportieren ließen. Schließlich besaßen die Schornsteinfeger in früheren Zeiten kein Auto und mussten ihre Gerätschaften mit der Hand tragen. Auch ein Vesper konnte man damals nicht an jeder Ecke kaufen, berichtet der 42-Jährige. Er selbst könne seinen Zylinder „dank vieler netter Kunden“ zu Hause lassen. dh