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Ex-Kämmerer bekommt ein mildes Urteil

Prozess 63-Jähriger kommt nach seiner Betrugsserie in Lichtenwald mit einer Bewährungsstrafe davon.

Lichtenwalds Ex-Kämmerer (links) hat gestanden, 276¿000 Euro in die eigene Tasche gewirtschaftet zu haben.Foto: Roberto Bulgrin
Lichtenwalds Ex-Kämmerer (links) hat gestanden, 276¿000 Euro in die eigene Tasche gewirtschaftet zu haben. Foto: Roberto Bulgrin

Region. Weil er über Jahre große Summen von Baugebietskonten der Gemeinde veruntreut hat, ist Lichtenwalds früherer Kämmerer zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Um eine Gefängnisstrafe kam der 63-Jährige trotz festgestellter besonderer Schwere der Schuld vor dem Esslinger Amtsgericht herum, weil er seine Taten von Anfang an in vollem Umfang gestanden hatte. In seinem Schlusswort entschuldigte sich der frühere Finanzchef der Kommune bei den Bürgern Lichtenwalds für seine Verfehlungen. Als Motiv nannte er massive finanzielle Probleme, die mit einer Spielleidenschaft einhergingen.

Bürgermeister Ferdinand Rentschler, der mit eigenen Recherchen mitgeholfen hatte, die Betrugsserie im Juli 2017 aufzudecken, zeigte sich enttäuscht über das milde Urteil.

Nach Überzeugung des Schöffengerichts bereicherte sich der 63-Jährige um 274 000 Euro. Davon holte sich die Gemeinde durch Rückbuchungen 56 000 Euro wieder zurück. Damit bleibt unterm Strich ein Schaden von 218 000 Euro. Der tatsächliche Verlust für die Kommune ist vermutlich deutlich höher. Weil mehrere Delikte mehr als zehn Jahre zurückliegen, konnte der Angeklagte dafür nicht mehr belangt werden. Unklar ist ferner, welcher Schaden dem Lichtenwalder Krankenpflegeverein entstanden ist, bei dem der Ex-Kämmerer die Aufgabe des Kassiers innehatte. Nach bisherigen Ermittlungen fehlen dem Verein 200 000 Euro in der Kasse.

Hinter der Betrugsmasche des Finanzbeamten stand ein ausgeklügeltes System mit Hin- und Herbuchungen zwischen Baugebietskonten der Gemeinde, Konten des Krankenpflegevereins und Familienangehörigen, mit dem er den Betrug verschleierte. Die Sache flog erst auf, als eine Mitarbeiterin der Kreissparkasse über suspekte Überweisungen auf einem Konto des Krankenpflegevereins gestolpert war.

Über Jahre habe sich ein „gewaltiger Druck“ bei ihm aufgebaut, berichtete der frühere Finanzchef. Als man ihm dann auf die Schliche gekommen sei, sei er „fast erleichtert gewesen“. Seine Finanzprobleme hätten 1994 begonnen, als er sich vergeblich um das Amt des Bürgermeisters in Lichtenwald beworben habe. Auch die Trennung von seiner Partnerin und die Renovierung seiner Wohnung hätten viel Geld gekostet. Als er 2010 erneut bei der Bürgermeisterwahl verloren hatte, begann er mit dem Online-Glücksspiel. Harald Flößer