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Fasziniert vom Ursprung der Menschen

Geschichte Dr. Stefanie Kölbl hat ihre ersten 20 Lebensjahre in Kirchheim verbracht. Heute ist sie Direktorin des Urgeschichtlichen Museums in Blaubeuren und ständig als Expertin gefragt. Von Heike Siegemund

Stefanie Kölbl untersucht die Alb. Foto: Heike Siegemund
Stefanie Kölbl untersucht die Alb. Foto: Heike Siegemund

Stefanie Kölbl ist eine viel beschäftigte Frau. Erst vor Kurzem war die Direktorin des Urgeschichtlichen Museums in Blaubeuren live im SWR-Fernsehen in der Landesschau zu sehen. Kurze Zeit später kam ein Fernsehteam von Arte ins Museum auf die Schwäbische Alb, um eine wissenschaftliche Doku zu drehen. Darüber hinaus gibt es immer wieder Anfragen von unterschiedlichen Zeitungen.

Die 48-Jährige freut sich über das rege Interesse der Medien, das mit den sensationellen Funden aus den Höhlen im Aach- und Lonetal zusammenhängt. „So wird unsere Arbeit gewürdigt und auch außen wahrgenommen“, betont Stefanie Kölbl, die in Kirchheim aufgewachsen ist und am Schlossgymnasium das Abitur gemacht hat. Denn ihr ist bewusst: „Es gibt viele Museen zu fantastischen Themen, die dieses Medieninteresse leider nicht für ihre Arbeit ernten.“

Nicht jedes Museum jedoch kann eine Venus vom Hohlen Fels als Ausstellungsstück vorweisen. Die sechs Zentimeter große, aus Mammutelfenbein geschnitzte, 40 000 Jahre alte und damit älteste Frauendarstellung der Welt wurde 2008 in der Höhle „Der Hohle Fels“ bei Schelklingen gefunden. „Die Venus ist unser Highlight, unser Kernstück“, betont Stefanie Kölbl. Die Figur habe eine ganz besondere Ausstrahlung und ruhe in sich selbst. „Die Weltsensation kann sie gar nicht angreifen.“ Die 48-Jährige nennt aber noch weitere faszinierende Fundstücke, die in ihrem Museum zu sehen sind: zum Beispiel den aus Mammutelfenbein geschnitzten Pferdekopf, den Wasservogel, den kleinen Löwenmenschen sowie Schmuck aus Elfenbein oder Tierzähnen, und Flöten, ebenfalls aus Mammutelfenbein hergestellt.

„Der Ursprung der Dinge und des Menschseins“ hat die Museumsdirektorin schon immer interessiert. Sie fasziniert, wie es der Mensch geschafft hat, sich mit simplen Dingen eine Lebensgrundlage zu schaffen - „und trotzdem setzte er vor 40 000 Jahren noch eins drauf und entwickelte Schmuck, Kunst und Musik“, verdeutlicht Stefanie Kölbl. Für sie stand daher schnell fest, wohin sie ihr Weg nach dem Abitur führen würde: An der Uni Tübingen studierte sie Urgeschichte, Geologie und Paläoanthropologie.

Nach dem Abschluss war Stefanie Kölbl vier Jahre lang im Verwaltungsbereich der Tübinger Uni tätig. In dieser Zeit begann sie mit der Promotion. Dann wurde die Stelle im Blaubeurener Museum frei. „Das hat mich gleich gereizt. Museum war immer mein Thema - auch bei der Magisterarbeit“, erinnert sich die 48-Jährige. Die Kombination aus fachlichem und verwaltungstechnischem Wissen hatte die Verantwortlichen beeindruckt, und so konnte Stefanie Kölbl eine dieser raren Stellen ergattern.

Seit Dezember 2000 arbeitet und lebt sie nun in dem idyllischen Städtchen am Blautopf, in dem so manches eine Hausnummer kleiner sei als in ihrer Heimatstadt Kirchheim - allein schon, was die Einwohnerzahlen betrifft. Eines jedoch könne die Teckstadt nicht von sich behaupten: „Blaubeuren ist das Zentrum für Urgeschichte. Deshalb wissen Urgeschichtsprofessoren aus aller Welt, wo Blaubeuren liegt“, betont Stefanie Kölbl.

Die Museumsdirektorin, die verheiratet ist, eine neun Jahre alte Tochter hat und deren Eltern in Kirchheim leben, bezeichnet ihren Beruf als Traumjob. Einen Job, der „unheimlich vielseitig ist und bei dem man eigene Ideen entwickeln und umsetzen kann“. So gebe es zum Beispiel jedes Jahr eine Sonderausstellung zu einem bestimmten Thema. Heuer zeigt diese unter dem Titel „Als die Steine noch lebten - 150 Millionen Jahre Albgeschichte“ Fossilien des Jurameers und des späteren Molassemeers sowie Erscheinungen der Verkarstung. Ergänzend dazu ist zusammen mit Ehrenamtlichen ein farbenfrohes Korallenriff entstanden, das gehäkelt, gestrickt und gefilzt wurde.

45 000 Besucher konnte das Urgeschichtliche Museum im vergangen Jahr zählen; im Jahr zuvor waren es noch 30 000 gewesen. Die figürliche Eiszeitkunst wie die Venus und die ältesten Musikinstrumente der Menschheit ziehen immer mehr Menschen nach Blaubeuren, sagt die Museumschefin. Sie konnte auch schon Besucher aus Australien und Kanada begrüßen; außerdem kämen zurzeit viele Gäste aus Schweden. „Dort ist ein Buch einer Bestsellerautorin zum Thema Urgeschichte erschienen, in dem das Blaubeurener Museum erwähnt wird“, erklärt Stefanie Kölbl den Hintergrund. Es sei toll, wenn die Leute so lange Wege in Kauf nehmen, um ihr kleines Museum auf der Schwäbischen Alb zu besuchen.

Bekommt die Alb ein Weltkulturerbe?

Symbolbild

Werden die Höhlen des Aach- und Lonetals in die Liste der Welterbestätten aufgenommen? Diese Frage treibt derzeit auch Dr. Stefanie Kölbl, Chefin des Urgeschichtlichen Museums in Blaubeuren, um. Der Antrag dazu liegt zur Entscheidung bei der Unesco, die vom 2. bis 12. Juli in Krakau tagt. „Es wäre fantastisch und eine große Anerkennung, wenn das klappen würde“, sagt Stefanie Kölbl. Fachlich stünden die Chancen sehr gut, „aber es handelt sich oft auch um eine politische Entscheidung“. hei