Weilheim · Lenningen · Umland

Feuer und Flammen sorgen für Erfahrung

Vor 167 Jahren erhielt Kirchheim seine erste Feuerwehr – Seither hat sich im Löschwesen viel verändert

Nachdem Henriette von Württemberg miterlebt hatte, wie ein Haus abbrannte, schlug in Kirchheim die Stunde der Feuerwehr.

Klaus Hirtreiter (links) und Helmut Eiting können sich noch gut an die Zeiten erinnern, in denen die Feuerwehr ohne Hightech-Ger
Klaus Hirtreiter (links) und Helmut Eiting können sich noch gut an die Zeiten erinnern, in denen die Feuerwehr ohne Hightech-Geräte Menschen retten musste. Ledereimer bildeten in vergangenen Jahrhunderten die Basis der Feuerbekämpfung. Was heute die stille Alarmierung über einen Funkmeldeempfänger leistet, übernahmen in früheren Jahrzehnten lautstark die Sirenen.Fotos: Daniela Haußmann

Kirchheim. 1846 war in Durlach eines der ersten freiwilligen Pompiers-Corps gegründet worden, das beim Brand des Großherzoglichen Hoftheaters in Karlsruhe zum Einsatz kam. „Über das Ereignis diskutierte ganz Deutschland. Es zeigte, dass eine organisierte Brandbekämpfung notwendig ist“, erzählt Helmut Eiting, Vorsitzender des Vereins für historische Feuerwehrtechnik Kirchheim (VHF).

Deshalb schickte Henriette von Württemberg drei Vertreter der Turnerschaft zur Ausbildung nach Durlach. Die Turner waren in der Zeit der Bürgerlichen Revolution, die ihren Höhepunkt 1848 fand, die treibenden Kräfte für die Aufstellung freiwilliger Feuerwehren gewesen. Beim Pompiers-Corps eigneten sich die Turner das einsatztaktische Vorgehen mit Ledereimern, Einreißhaken, Holzleitern und Kastenspritzen an. Nach ihrer Rückkehr schulten sie die übrigen Mitglieder der 1849 gegründeten Kirchheimer Feuerwehr. „Die Haken dienten dazu, Dachplatten und brennende Teile des Dachstuhls he­runterzuziehen“, berichtet Klaus Hirt­reiter. „So verhinderten die Kameraden, dass die Konstruktion schnell in sich zusammenbrach. Dieses Vorgehen schaffte einen Zeitpuffer für die Menschenrettung.“

Bei einem Brand konnte dem VHF-Mitglied zufolge jeder auf die Hilfe seiner Mitbürger hoffen. „Im Teckboten wurden Geld- und Sachspendenaufrufe abgedruckt und an die Leser appelliert, die Obdachlosen aufzunehmen“, berichtet Hirtreiter. „Und auch beim Wiederaufbau gab es Unterstützung.“ Viele Kameraden seien in dieser Zeit mit einer Rauchgasvergiftung aus dem Einsatz zurückgekehrt, die sie das Leben gekostet habe. Erst um das Jahr 1920 herum sei der Atemschutz eingeführt worden, der aus einer Gasmaske bestand. „Die Industrie entwickelte für den Ersten Weltkrieg Giftgas“, erklärt Eiting. „In diesem Zusammenhang begann man schließlich über die Wirkung von Gasen nachzudenken – auch mit Blick auf die Feuerwehr.“ Die Vorläufer heutiger Atemschutzgeräte, die ihren Ursprung im Bergbau hatten, seien allerdings erst im Zweiten Weltkrieg entwickelt worden.

Der Wirtschaftsaufschwung in den Nachkriegsjahren brachte zahlreiche Industrieansiedlungen, neue Werkstoffe und Veränderungen in den Haushalten. „In den 50er-Jahren kamen Leichtmetallfelgen auf. Als die erstmalig in Flammen standen, setzte die Feuerwehr konventionell Wasser ein, das den Felgenbrand erst richtig anheizte.“ Derartige Erfahrungen, die die Floriansjünger im Einsatz sammelten, bildeten die Basis für die Entwicklung neuer Löschmittel und schafften die Grundlage für eine an die veränderten Herausforderungen angepasste Vorgehensweise bei der Brandbekämpfung.

Damit schlug auch die Stunde des vorbeugenden Brandschutzes. „Der begann schon bei der Baugenehmigung und reichte von Fluchtwegen in Gebäuden bis hin zu Wasseranschlüssen in den Straßen“, berichtet Helmut Eiting. „Gleichzeitig startete die Feuerwehr in Kirchheim und anderen Kommunen eine flächendeckende Aufklärungsarbeit, die thematisierte, wie sich die Menschen bei einem Brand verhalten mussten oder wie ein Feuerlöscher bedient wird.“ Bevor sich vor ungefähr 36 Jahren der Helmfunk ausbereitete, wurden die Kameraden mit Signalpfeifen aus einem brennenden Gebäude zurückgerufen und die Arbeitsleine, die noch heute zur Grundausrüstung zählt, diente nach dem Zweiten Weltkrieg der Rückwegsicherung.

„Ende der 70er-, Anfang der 80er-Jahre stieg das Verkehrsaufkommen und selbst junge Leute konnten sich ein Auto leisten“, fährt Klaus Hirtreiter fort. „Deshalb erweiterte sich das Aufgabenfeld der Feuerwehr um die technische Hilfeleistung. Dazu hat in Kirchheim auch die Autobahn beigetragen.“ Bis 1985 rückten die Floriansjünger der Teckstadt noch in Baumwollkleidung aus. „Zwischendurch haben wir die Kleidung nass gemacht, um länger im Innenangriff bleiben zu können“, erinnert sich Hirtreiter. „Anders als bei der modernen Bekleidung spürten wir die Wärme besser.“ Bei der heute gängigen Kleidung ist Helmut Eiting zufolge die Gefahr groß, dass die Hitze unterschätzt wird und der Körper die Belastung tragen muss, wenn ein Kamerad zu lange im Innenangriff verweilt. „So schlecht war die Baumwollkleidung also nicht“, sagt der VHF-Vorsitzende, der alle Interessierten ins Kirchheimer Feuerwehrmuseum einlädt.