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Fitzelgeschäft erfordert Engelsgeduld

Handarbeit Die Ötlingerin Doris Winkler schafft in ihrer Stube kleine Kunstwerke: Mit einer Nagelschere lässt sie aus Papier Traummotive entstehen. Von Lena Bautze

Doris Winkler präsentiert in ihrem Garten stolz ihre Lieblingskarte.Fotos: Carsten Riedl
Doris Winkler präsentiert in ihrem Garten stolz ihre Lieblingskarte.Fotos: Carsten Riedl

Vögel, Blumen, Gräser - alles in kleinster Ausführung. Das lässt Doris Winkler in Schwarz und Weiß wie gemalt aussehen. Sie hat ein ganz besonderes Hobby: Sie kreiert Scherenschnitte.

Die Begeisterung fürs Schneiden und Schnippeln hat schon im Kindergartenalter angefangen, und als junge Erwachsene fing sie mit ihren ersten Scherenschnitten an. Ein im wahrsten Sinne des Wortes einschneidendes Erlebnis war es, die ersten Karten in den Druck zu gegeben. „Dann konnte ich endlich mehrere verschenken“, erinnert sich die Ötlingerin. Sie möchte mit ihren Karten keinen Gewinn machen. Die kleinen Kunstwerke werden ausschließlich verschenkt, und die Freude der Menschen reicht der 66-Jährigen voll und ganz.

Zu Weihnachten lässt sie gut und gerne 250 Stück drucken. „Wenn ich spät dran bin, fragen mich Freunde schon immer, wann sie wieder meine Karten bekommen“, freut sich Doris Winkler. Ihre Karten eignen sich super als kleine Gaben. „Ich habe einmal einen Zahnarzttermin vergessen. Das war mir so unangenehm, dass ich allen vom Team einen Blumenstrauß geschenkt habe.“ - Womit sie jedoch keineswegs einen echten bunten Blumenstrauß meint, sondern einen in Schwarz-Weiß. Genauer: eine Scherenschnittkarte, auf der ein wunderschöner Blumenstrauß abgebildet ist.

Dass hinter so einer Karte sehr viel Arbeit und Zeit steckt, sieht man auf den ersten Blick. Es vergehen mehrere Tage, bis eine Karte fertig ist. Am Anfang steht die Suche nach dem Motiv. „Meine Ideen kommen alle aus dem Kopf“, sagt die pensionierte Lehrerin. Dabei ist eine Skizze sehr wichtig. Es kann mehrere Stunden dauern, bis alles exakt so ist, wie sich‘s die Künstlerin vorstellt. Mit kleinen Nädelchen fixiert sie dann akribisch die Umrisse auf dem Scherenschnittpapier, und mit Tapetenkleister sorgt sie dafür, dass auch ja nichts verrutscht.

Mit einer Engelsgeduld schneidet sie mithilfe einer Nagelschere die kleinen Muster aus und erzählt: „Die meisten Leute sagen, dass sie so ein Fitzelgeschäft nicht machen könnten.“ Absolut wichtig bei der Handarbeit sind Helligkeit und Ruhe. „Ich muss Muße haben. Am liebsten schneide ich an meinem Schreibtisch am Fenster.“ Ist das Original erst mal fertiggestellt, lässt sie ihre Karten in einer Druckerei in Ellwangen vervielfältigen. Mehr als die Hälfte ihres Lebens hat Doris Winkler nämlich in der Stadt im Ostalbkreis verbracht, dort hat sie bis vor einem Jahr Deutsch und Englisch an dem Kreisberufsschultzentrum unterrichtet.

Zu besonderen Anlässen wurden ihre Schüler auch in den Scherenschnitt eingewiesen. „Um die Weihnachtszeit haben wir immer Sterne ausgeschnitten und die dann an unsere Fenster geklebt. Das hat den Kindern immer sehr viel Spaß gemacht.“ Aber nicht nur im Winter wurden die Schulfenster geschmückt, sondern auch über das ganze Jahr hinweg. „Schmetterlinge sind perfekt für Scherenschnitte. Durch ihre Symmetrie lassen sich wunderschöne Exemplare herstellen.“

Neben ihrer Leidenschaft für die schwarzen Silhouetten auf weißem Papier reist Doris Winkler auch ausgesprochen gerne. Jetzt im Ruhestand möchte sie noch viele Orte auf der Welt sehen und sich dort unter anderem für neue Motive inspirieren lassen. Außer einer guten Fingerfertigkeit besitzt die Ötlingerin auch eine gute Fußarbeit. Ein weiteres Hobby ist nämlich das Tanzen. Doch keine deutschen Standardtänze, sondern israelische Tänze und Englische Kontratänze haben es der 66-Jährigen angetan. Dabei trifft sie sich einmal im Monat mit ihren Freunden und kann bei orientalischen Klängen das Tanzbein schwingen. Zur Ruhe finden kann sie dann ja wieder bei ihren Scherenschnitten.