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Freie Bahn für Wildschweine

Drückjagd Dettingens Bürgermeister Rainer Haußmann findet klare Worte. Ihn ärgert, dass das Revier I in Nürtingen bei der markungsübergreifenden Jagd nicht mitmacht. Von Iris Häfner

Das ist ein Ärgernis sondergleichen“, fand Bürgermeister Rainer Haußmann im Gemeinderat klare Worte. Dettingen hat großes Interesse daran, das Schwarzwild „dynamisch zu bejagen“, denn die Schweine verursachen mit ihren Wühlarbeiten auf den Wiesen große Schäden. Um möglichst viele von ihnen vor die Flinte zu bekommen, gab es am Samstag eine große Drückjagd. Sie fand auf den Markungen Dettingen, Beuren, Frickenhausen, Linsenhofen, Owen, Kirchheim und Reudern statt – nicht dabei war aber das Revier I Nürtingen, das den großen Talwald beinhaltet. Der Grund: interne Streitigkeiten unter den Nürtinger Waidmännern.

„Wir sind acht Pächter, dazu kommen noch drei Jäger mit einem Begehungsschein“, erklärt Willy Flakus, einer der Pächter. Die acht haben einen Gesellschaftervertrag abgeschlossen und zwischenzeitlich einen davon ausgeschlossen. Der ist damit aber überhaupt nicht einverstanden und hat über seinen Rechtsanwalt schriftlich mitteilen lassen, dass er der Drückjagd nicht zustimmt. Das hatte zur Folge, dass die bereits eingeladenen Jagdgäste wieder ausgeladen werden mussten. Würde einer von ihnen eine Sau schießen, würde das dem Straftatbestand der Jagdwilderei gleichkommen. „Wir sieben Pächter sind aber bei der Drückjagd draußen“, versprach Willy Flakus.

Jochen Sokolowski, Leiter des Technischen Bereichs im Dettinger Rathaus und Bezirksjägermeister, sieht die Stadt Nürtingen in der Pflicht, eine Lösung zu finden, da der Gemeinderat den Jagdvorstand bildet, quasi übergeordnete Stelle ist. „Das ist eine interne Geschichte zwischen den Gesellschaftern, das ist deren Angelegenheit“, widerspricht Walter Gluiber, Kämmerer der Stadt Nürtingen und mit der Thematik vertraut. Erst wenn die Pächter ihre jagdlichen Pflichten nicht mehr erfüllen, sieht er Handlungsbedarf. Als Vermittler hat sich die Stadt angeboten. Beide Parteien seien getrennt bei Oberbürgermeister Otmar Heirich gewesen. „Wir haben zum Ausdruck gebracht, was wir erwarten“, so Walter Gluiber. Ein weiteres Gespräch mit beiden Parteien ist diese Woche geplant.

Das Thema gewinnt immer mehr an Brisanz. Das Stichwort lautet Afrikanischen Schweinepest. Von Osteuropa breitet sich die hochansteckende, für Menschen aber ungefährliche Krankheit immer mehr nach Westen aus. Mittlerweile ist sie in Polen angekommen, wobei sie schon seit Jahren auf Sardinien vorkommt. Es ist eine fieberhafte, hoch ansteckende Erkrankung der Schweine mit seuchenhaftem Verlauf und hoher Sterblichkeit, wie das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit mitteilt. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, das Schwarzwild zu dezimieren. Darüber sind sich auch die Jäger im Klaren.

Wenig Verständnis für die offene Flanke im Talwald hat der Dettinger Gemeinderat. Hermann Pölkow sprach in diesem Zusammenhang von einer Schwarzwildschutzzone. Dabei nimmt die Schlossberggemeinde ordentlich Geld in die Hand, um den Wiesenbesitzern hilfreich unter die Arme zu greifen, wenn das Stückle von Wildschweinen verwüstet wurde. 15 000 Euro sind fürs kommende Jahr eingestellt, um einen Wiesenhobel und ein Anbaustreugerät zu kaufen. Einebnen, säen und walzen schafft diese Maschine in einem Arbeitsgang. So werden die durchwühlten Wiesen wieder in den ursprünglichen Zustand versetzt. Damit das auch so bleibt und die Sauen wenig später nicht schon wieder nach Raupen, Würmern und anderem leckeren Getier graben, muss zur chemischen Keule gegriffen werden. Das Zauberwort heißt Schwefelkalk. „Bei Schwefelkalk muss das Gerät ganz sauber gereinigt werden, sonst ist es nach zwei Jahren Schrott“, gab Dr. Werner Hack zu Bedenken. Diesbezüglich konnte Rainer Haußmann Entwarnung geben: „Das macht der Bauhof.“

So sehen Streuobstwiesen aus, wenn sich Wildschweine an Würmern und Co. laben. Fotos: Claudia Reinöhl