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„Freie Tochter der Natur“Randnotiz

Schiller hat in seinem „Lied von der Glocke“ beschrieben, wie segensreich und zugleich verheerend das „Element“ Feuer wirken kann. Eine der wichtigsten Erkenntnisse lautet: „Wohltätig ist des Feuers Macht / Wenn sie der Mensch bezähmt, bewacht.“ Erweist sich die himmlische Kraft des Feuers dagegen als „die freie Tochter der Natur“, wird es „furchtbar“. Kirchheim hat das vor 325 Jahren erfahren, beim großen Stadtbrand am 3. August 1690.

Jetzt – im Juli 2015 – ist zwar nicht die ganz große Katastrophe eingetreten. Aber auch das entgegengesetzte „Element“ Wasser ist aus seiner Bezähmung ausgebrochen: Die Lauter ist als „freie Tochter der Natur“ ihrer „eig‘nen Spur“ gefolgt. Einziger Vorteil: Durch eigene Initiative der Anwohner und mithilfe der Stadt ließ sich der Lauter auf ihrem Weg zur freien Entfaltung der gebotene Widerstand entgegensetzen.

Ohne diesen Widerstand hätte auch hier Schillers Klageruf gegolten: „Wehe, wenn sie losgelassen“. Gemeint ist damit zwar weiterhin die Kraft des Feuers. Aus dem Zusammenhang gerissen, kann „sie“ aber auch für die Kraft des Wassers stehen, in diesem Fall für die Lauter, und sogar für die „Elemente“ allgemein. Auch dabei hilft Schiller weiter: „Denn“, so dichtet er, „die Elemente hassen / Das Gebild‘ der Menschenhand.“

Was tun gegen die unbändige Kraft der „Elemente“? Außer Schiller könnte auch Shakespeare weiterhelfen, wenn es darum geht, die Lauter ohne Widerrede ins Bett zu schicken. Seine Ratschläge sind nachzulesen unter dem Titel: „Der Widerspenstigen Zähmung“.ANDREAS VOLZ