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Gefahr für Bauern und Winzer – oder nicht?

EU-Recht Zwei Abgeordnete des Europäischen Parlaments vertreten unterschiedliche Positionen in Sachen Pflanzenschutz-­Verordnung. Von Bianca Lütz-Holoch

„Wir müssen unsere Natur und unsere Gesundheit schützen, und deshalb finde ich es richtig, dass wir in der EU darauf pochen, die Pestizide zu reduzieren“, sagt Michael Bloss, Mitglied der Grünen im Europäischen Parlament (Grüne/EFA). „Besonders in Wohngebieten, auf Spielplätzen und in Parks, also überall, wo sich Menschen aufhalten, müssen wir die Giftquellen reduzieren, das sage ich auch als Vater einer kleinen Tochter.“ 

Michael Bloss warnt davor, unterschiedliche Ziele für die jeweiligen Mitgliedsstaaten zu formulieren: „Hier müssen wir aufpassen und dürfen nicht mit zweierlei Maß messen“, sagt er. „Die Gesundheit der Menschen muss überall gleich geschützt werden.“ Auch die Biodiversität sei überall in Gefahr.

 

Es sind nur scheinbar für alle Mitgliedsstaaten die gleichen Ziele.
Rainer Wieland
 

Anderer Ansicht ist da Rainer Wieland, Vizepräsident des Europäischen Parlaments und Vorsitzender der Landesgruppe der CDU-Abgeordneten aus Baden-Württemberg: „Es sind nur scheinbar für alle Mitgliedsstaaten die gleichen Ziele“, legt der EVP-Abgeordnete seine Position dar. Deutschland habe beim Pflanzenschutz schon viel strengere Vorgaben als andere EU-Mitgliedsstaaten. „In Baden-Württemberg wurde unter der grün-schwarzen Regierung das Biodiversitätsgesetz verabschiedet“, gibt er zu bedenken. „Das sucht auf dem ganzen Kontinent seinesgleichen.“ 

Michael Bloss glaubt, dass sich Bäuerinnen und Bauern keine Sorgen machen müssen. Foto: pr

Existenz von Berufswinzern gefährdet

Sein Fazit: „Länder, die bisher noch nichts gemacht haben, kommen viel günstiger weg.“ Das sei nicht nur ungerecht, sondern gefährde die Kulturlandschaft ebenso wie die Existenz von Berufswinzern und Arbeitsplätze in der Branche. „Dort, wo gar keine Pestizide mehr verwendet werden dürfen, ist kein Weinbau mehr möglich“, betont Rainer Wieland. Besonders betroffen seien Wengerter in Steillagen am Albtrauf, im Kreis Ludwigsburg oder im Heilbronner Land. „Je schwieriger die Lage der Bewirtschaftung, desto verzweifelter die Rückmeldungen.“

Wieland räumt aber auch ein, dass es nicht leicht ist, eine alternative Lösung zu finden. „Wir begrüßen, dass begleitende Studien aufgesetzt werden. Und wir sind entsetzt, dass die Kommission eine Folgenabschätzung ablehnt.“ Die deutsche Linie ist aus seiner Sicht „von großem Unverstand geprägt“. Wahr nimmt er auch, dass die deutschen Regierungsparteien bestimmte Akteure gar nicht mehr anhören. Er empfiehlt Betroffenen deshalb, direkt auf die Bundestags- und Landtagsabgeordneten zuzugehen und Druck zu machen. 

 

Bäuerinnen und Bauern müssen sich gar keine Sorgen machen.
Michael Bloss
 

Michael Bloss dagegen beschwichtigt: „Wir sind ganz am Anfang eines Prozesses. Der Vorschlag wird sich noch sehr verändern und das ist ganz normal in der EU“, sagt er. Dass vor allem die CDU im Land die Pferde scheu mache, zeuge nicht gerade von einer pro-europäischen Gesinnung. „Europaskeptische Ressentiments zu schüren, hilft uns überhaupt nicht weiter“, so Bloss.

Die Chefverhandlerin von Grüne/EFA, Sarah Wiener, habe in einem Berichtsentwurf zuletzt die Bestimmungen zu geschützten Gebieten präzisiert. „Bäuerinnen und Bauern müssen sich gar keine Sorgen machen“, glaubt Michael Bloss. In dem Berichtsentwurf des Parlaments werde vorgeschlagen, in die „sensiblen Gebiete“, in denen nicht gespritzt werden darf, nur Bereiche einzubeziehen, die sich auf den Erhalt der Natur, der biologischen Vielfalt oder der Lebensräume beziehen. „Damit würden entsprechende Landschaftsschutzgebiete, unter die der Großteil des Weinbaus fällt, ausgenommen.“ Zudem würden im Entwurf für den ökologischen Landbau zugelassene Pestizide in bestimmten Arten von Gebieten erlaubt und auch weitere Ausnahmen werden unter bestimmten Bedingungen ermöglicht. „In diesem Entwurf birgt die Verordnung meines Erachtens keine Gefahren für die Landwirtschaft und den Weinbau mehr”, so Michael Bloss.

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