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Gesang beglückt die Menschen

Jubiläum Stilvoll das Liedgut des Gesangvereins Eintracht, findig Hans Paulins Gedichte – das Publikum hat die „Kleinen Glücksmomente“ im Bürgerhaus Lindorf sichtlich genossen. Von Sabine Ackermann

Der Gesangsverein Eintracht Kirchheim feiert sein 150-jähriges Bestehen mit einem abwechslungsreichen Konzert. Im Hintergrund: H
Der Gesangverein Eintracht Kirchheim feiert sein 150-jähriges Bestehen mit einem abwechslungsreichen Konzert. Im Hintergrund: Hans Paulin, der Gedichte zum Gesang liest. Foto: Sabine Ackermann

Die Ausbildung des Gesangs, die gesellige Unterhaltung und die allgemeine Bildung sollte gefördert werden. Die dafür entworfenen Statuten wurden im Herbst 1868 dem „Wohllöblichen Schultheißen Amt“ sowie dem „Königlichen Oberamt“ vorgelegt. Haben dies seinerzeit beide Behörden gutgeheißen, sieht es Kirchheims Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker 150 Jahre später genauso. „Ich ziehe den Hut davor, dass es dem Gesangverein Eintracht gelungen ist, Neues aufzurichten und das Alte nicht zu vergessen“, erinnert sie an das stetige Wachstum des einstigen Arbeitergesangvereins. Leider sei das Singen in der heutigen Zeit nicht mehr so gefragt wie noch vor 30 Jahren, bedauert die Rathauschefin hinsichtlich des Altersdurchschnitts der Chöre und betont: „Es gibt nichts Schöneres, als miteinander zu singen“.

Rührender Männergesang

Und schon die erste Kostprobe des Männerchors mit Dankward Radunz am Klavier macht Lust auf mehr. „Der Ritterschlag“ aus den „Fantastischen Abenteuern des Don Quijote“ haben sich die acht Herren mit der schmucken orangefarbenen Fliege herausgesucht. Ihr zweites Stück „Kad si bila mala mare“ ist ein bekanntes Volkslied aus Dalmatien und handelt von Maria, die als Mädchen das Meer liebte und als Frau die Matrosen, klärt Monika Renz auf und wird anschließend ein wenig sentimental. Als kleines Mädchen habe sie 1976 bei Boris Popovic mit dem Singen angefangen, verrät die Vereinsvorsitzende und freut sich sehr darüber, dass der langjährige Leiter des Kinder- und Jugendchors - 1985 endete die Ära Popovic - sowohl mit Witz als auch mit beeindruckendem Klavierspiel den „Kleinen Glücksmomenten“ Nahrung gibt.

„Lieber Gott hilf mir, ich habe keine Noten“, fleht der Musiklehrer und sagt zum Publikum gerichtet: „Mit meinen fast verkrampften Fingern die Klaviertasten ein bisschen zu streicheln, ist nicht ein kleines, sondern ein großes Glücksmoment.“

Paulin trifft ins Schwarze

Ebenfalls richtig wohl im Kreis der „Eintracht-Familie“ fühlt sich der Kirchheimer Heimatdichter Hans Paulin. Auch hier gibt es eine Verbindung zum Gesangverein - sein Ururgroßvater war Kommerzienrat Karl Faber, der Firmeninhaber der Faberschen Fabrik in der Zeit, als die Eintracht gegründet wurde.

Fortan wechseln sich die Lieder des gemischten Chors - zu den etwa zwei Dutzend Damen gesellten sich nun die Herren dazu - mit Hans Paulins Gedichten und Geschichten ab. „Glück ist . . .“, interpretiert der Singkreis mehrstimmig, worauf ein „Erschter Frühlingstag“ folgt. Und damit trifft der Literat den Nagel auf den Kopf: „Alle Bänkla trocka, ma ka wieder hocka. Winter ade, isch des schee.“ Mal sind es nachdenkliche, mal humorige Texte, und bisweilen hört man diese mit kritisch-ironischem Unterton.

Glockaputzabschlussfeschtle

Recht lustig ist der „Tatsachenbericht“, als eine Handvoll Sauberkeitsfanatiker der Staubschicht auf den Glocken der Martinskirche den Garaus machten: „Wir kämpften auf dem hohen G‘rüst gegen Dreck und Taubenmist.“ Doch danach waren die Glocken genauso grau und matt wie zuvor, nur schien es den Schaffern, dass sie jetzt lauter, heller und schriller klangen. Allerdings lag das am zu intensiven „Glockaputzabschlussfeschtle“ und nicht an der gründlichen Putzaktion.

Abwechslungsreich ist das Liedgut, das sich Chorleiter und Pianist Gunther Rall für seine Sänger überlegt hat. Ob „Träume aus der Kinderzeit“, „I, wenn i Geld gnuag hätt‘“, „Griechischer Wein“ oder „Bald ben‘e achzig Johr ...“, die Vielfalt und das hohe Klangvolumen ließ keine Langeweile aufkommen. Hans Paulin hat zu jedem Lied passende, sich reimende Strophen parat. Kaum ist „Am Sonntag will mein Süßer mit mir segeln gehen“ verklungen, lernt das Publikum, was genau hinter „Boda(see)ständig“ steckt.

Ungeachtet des hohen Durchschnittsalters singt der gemischte Chor mit einer erfrischenden Freude: So war es ein kurzweiliger Abend im Bürgerhaus Lindorf, bei dem das Publikum auf unterschiedliche Weise auf seine Kosten kam.