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„Goldmorgen“ ist nitratbelastet

Wasserversorgung Seit diesem Jahr sind viele Schutzgebiete zum Nitrat-Problemgebiet hochgestuft worden. Dazu gehört unter anderem Dettingen, vor allem aber ist die Landeswasserversorgung betroffen. Von Iris Häfner

Dettingen,Nitrat im Wasser, Goldmorgen, Pumpwerk, Grundwasser, Trinkwasser, Leitungswasser

Nitrat im Grundwasser ist ein leidiges Dauerthema. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) urteilte im Juni vergangenen Jahres: Die Bundesregierung hat zu wenig gegen die hohe Nitratbelastung in Gewässern unternommen. Die Verursacher sind in dem Fall klar auszumachen, denn die zu hohen Werte im Boden entstehen durch Überdüngung in der Landwirtschaft. Grundsätzlich zu verteufeln ist Nitrat allerdings nicht. Es ist ein notwendiger Stoff fürs Pflanzenwachstum und hat damit - in entsprechend maßvoller Dosierung - seine Berechtigung auf Äckern und Wiesen.

Allerdings scheinen manche Landwirte die Ausbringung nicht so recht im Griff zu haben. Aktuelles Beispiel ist Dettingen. Das Wasserschutzgebiet Goldmorgen ist seit 1. Januar als Nitrat-Problemgebiet eingestuft. Grundlage dafür ist die „SchALVO“ (Schutzgebiets- und Ausgleichsverordnung). Im Goldmorgen, gleich nach dem Ortsausgang in Richtung Owen gelegen, gewinnt die Gemeinde Grundwasser. Dieses Rohwasser wird alle vier Wochen im Labor der Landeswasserversorgung in Langenau auf Nitratbelastung überprüft, weshalb es jetzt zu diesem Schritt kam. Markus Hack, Leiter des Ortsbauamts, will jedoch den Ball flach halten. „Es besteht keine Gesundheitsgefährdung. Unser Wasser wird im Hochbehälter mit dem von der Landeswasserversorgung vermischt und ist damit unter dem Grenzwert“, sagt er. Es sei außerdem nicht das erste Mal der Fall, dass Dettingen als Problemgebiet gilt.

„Die SchALVO regelt die Einschränkung der landwirtschaftlichen Nutzung in Wasserschutzgebieten und die Höhe der Ausgleichszahlungen, die an die Landwirte gezahlt werden“, erklärt Peter Keck, Pressesprecher des Landkreises Esslingen. Dieses Geld kommt aus dem Landeshaushalt und diese Tatsache bringt Bernhard Röhrle, Pressesprecher der Landeswasserversorgung, auf die Palme: „Das Verursacherprinzip wird auf den Kopf gestellt.“ Es sei gute Lobbyarbeit von Landwirtschaftsseite geleistet worden. Wer die Umwelt über Gebühr belastet, werde nicht bestraft - und derjenige, der in Wasserschutzgebieten weniger Gülle ausbringt, bekommt vom Steuerzahler Geld. Nach 30 Jahren SchALVO kommt Bernhard Röhlre zu dem Schluss: Die Nitratproblemgebietsregelung funktioniert so nicht. „Es ist ein Armutszeugnis für die Landesverwaltung in Zusammenarbeit mit den Landwirten. Die Situation verschlechtert sich“, prangert er an. Aus seiner Sicht muss bezüglich der Ausgleichsverordnung dringend nachjustiert werden. „Die Klage liegt beim EuGH auf dem Tisch und die Kontrollbehörden tun nichts. Wissentlich wird nicht das getan, was man tun müsste. Deutschland ist im Zugzwang, und es drohen Milliardenstrafen. Die Steuerzahler müssen für die Ignoranz der Landwirte zahlen - das geht nicht“, wird Bernhard Röhrle deutlich, denn schließlich ist sein Verband für drei Millionen Wasser-Konsumenten verantwortlich. Seine Kritik zielt jedoch hauptsächlich auf die großen Wasserschutzgebiete der Landeswasserversorgung rund um Langenau und im Kreis Heidenheim. 85 Prozent der Schutzflächen sind Nitratproblemgebiet. „Das ist besorgniserregend“, findet er drastische Worte.

Dettingen kommt in dem Fall kaum Bedeutung zu, die Fläche dazu ist im Vergleich zu den großen verschwindend gering. Es zeigt jedoch, wie wichtig eine gute und dezentrale Versorgung des Lebensmittels Nummer eins ist. „Je höher der Nitratwert des als Trinkwasser genutzten Grundwassers, desto strenger sind die Bewirtschaftungsauflagen. Für die Einstufung wird der Mittelwert der Nitratgehalte im Grundwasser der vorangegangenen zwei Jahre betrachtet“, erklärt Peter Keck.

Mit 32,9 Milligramm pro Liter lag der Zwei-Jahres-Mittelwert in Dettingen noch deutlich unterhalb des Grenzwerts der Trinkwasserverordnung. Dennoch sieht die SchALVO bei dieser Konzentration eine Einstufung als Nitrat-Problemgebiet vor, weil ein steigender Trend im Verlauf der vorangegangenen fünf Jahre zu beobachten war. Dies dient dazu, einem dauerhaften Anstieg der Nitratgehalte frühzeitig entgegenzuwirken. „Bei Betrachtung eines längeren Zeitraums lässt sich in Dettingen insgesamt eine Abnahme der Nitratgehalte feststellen. Dies zeigt, dass die bisherigen Schutzmaßnahmen langfristig Wirkung zeigen“, ist Peter Keck optimistisch.

Dettingen,Nitrat im Wasser, Goldmorgen, Pumpwerk, Grundwasser, Trinkwasser, Leitungswasser
Dettingen,Nitrat im Wasser, Goldmorgen, Pumpwerk, Grundwasser, Trinkwasser, Leitungswasser
Kein Sturm im Wasserglas: Das Grundwasser ist vielerorts mit Nitrat belastet, das aus der Landwirtschaft kommt. Fotos: Markus Br
Kein Sturm im Wasserglas: Das Grundwasser ist vielerorts mit Nitrat belastet, das aus der Landwirtschaft kommt. Fotos: Markus Brändli
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Pflanzen als „Nitratkiller“ einsetzen

Mehr Grün auf die Felder lautet das Gebot der Stunde und ist laut Landratsamt das Mittel der Wahl. „Als bedeutsame Maßnahme zur Vermeidung einer Nitrat-Auswaschung im Dettinger Wasserschutzgebiet sind die Begrünungsgebote in Nitrat-Problemgebieten anzusehen“, sagt Pressesprecher Peter Keck.

Eine Begrünung der Ackerflächen nach der Ernte wirkt einer Auswaschung des Nitrats nach der Ernte und im Winterhalbjahr entgegen. „Auch hinsichtlich Düngermengen, Bodenbearbeitung und Aufzeichnungspflichten ergeben sich Änderungen in der Bewirtschaftung“, so Peter Keck.

Bei Fragen in Bezug auf die Bewirtschaftung besteht die Möglichkeit für Landwirte, sich durch das Landwirtschaftsamt beraten zu lassen. ih