Gottfried Gienger ist ein Multi-Instrumentalist. Eigentlich hat er klassische Gitarre studiert, doch Klavier, Kontrabass, Violone, Perkussion und diverse exotische Instrumente gehören ebenso zu seinem Repertoire. Das Faible für alte Musik entdeckte der vielseitige Plochinger in den 1980-er Jahren: Eine
Einspielung von Georg Friedrich Händels Oratorium „Der Messias“ auf barockem Instrumentarium zog ihn in den Bann. „Für mich stand damals fest: Ich werde mich intensiv mit dem Klang früherer Epochen auseinandersetzen“, erinnert sich Gienger.
Um sich der Tonwelt des Barocks zu nähern, kaufte er eine Violone, den Vorläufer des heute gebräuchlichen Kontrabasses. Es gelang ihm, eine kostbare Venezianer Violone-Kopie aus der Blütezeit des italienischen Instrumentenbaus um 1730 zu erwerben. Mit diesem besonderen Instrument verstärkt er bei den Konzerten des Kirchheimer Orchesters „Concerto imperiale“ die Bassgruppe. Gienger ist nicht nur am Kontrabass und an der Violone ein vielbeschäftigter Musiker, sondern sorgt auch beim Instrumentalensemble des Folklorechors Plochingen auf Zupfinstrumenten und in der Perkussion für den guten Ton.
Doch auch seine handwerklichen Fähigkeiten sind beachtlich. Als Gienger einst die Bünde auf seiner Gitarre verändern wollte, half ihm der Zufall: In der Garage fand sich eine umfangreiche Werkzeugsammlung seines Vaters. Dieses Geschick half ihm beim Umbau diverser Instrumente. „Für die spezielle Musik des Folklorechors habe ich schon einige ungewöhnliche Instrumente angefertigt“, sagt Gienger.
Von klein auf musikalisch geprägt
Der 1948 geborene Musiker ist ein Plochinger Urgestein. Im musikalischen Elternhaus wurden seine Talente gefördert, die ihn von der Blockflöte zum Klavier führten. Doch damit nicht genug: Vom Vater des berühmten Jazzbassisten Eberhard Weber erhielt er Kontrabass-Unterricht, und in der Jungschar entdeckte er seine Liebe zur Gitarre.
„1967 nahm ich am Plochinger Wettbewerb ‚Chance 67‘ teil“, blickt Gottfried Gienger zurück. Er gewann den ersten Preis und tags darauf verpflichtete ihn Karl-Hermann Mäder als Gitarrenlehrer an der damalige Jugendmusikschule Plochingen.
Das Jahr 1989 brachte einen Karrieresprung: Gienger wurde zum stellvertretenden Leiter der Musikschule Plochingen berufen, fünf Jahre später übernahm er die Leitung. Diese Stelle war für ihn wie maßgeschneidert. Als er 2014 in den Ruhestand ging, wurden die Aufgaben nicht weniger. „Damals war der Beginn der Flüchtlingskrise“. Der Bürgermeister habe ihn gebeten, den Vorsitz im Plochinger „Bündnis für Flüchtlinge“ zu übernehmen. Dieses umfangreiche und fordernde Ehrenamt sei zeitweise zum Fulltime-Job geworden. Doch Gottfried Gienger, der sich auch in der evangelischen Kirche engagiert, leistete die Hilfestellung für Geflüchtete gerne. Und da er sich auch im Ruhestand mit großem Engagement der Musik widmet, kann er über Langeweile nicht klagen. Trotz Corona hofft er auf bessere Zeiten: „Ich blicke optimistisch in die Zukunft. Vielleicht belebt die aktuelle Krise das kulturelle Leben durch neue, kreative Ideen“.