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Grenzenlose Musikunterhaltung

„Rheinfall“-Ensemble spielt sich in die Herzen der Zuhörer

Kirchheim. Wer sich nicht entscheiden konnte, ob er den Abend im Wirtshaus oder in einem Konzert verbringen will, konnte mit dem „Rheinfall“-Ensemble in der Stadthalle Kirchheim beides haben.

„Vom Wirtshaus ins Konzerthaus“ war das Motto des vom vhs-Kulturring veranstalteten Konzerts. Zu hören gab es klassische Musik im Grenzbereich zwischen U- und E-Musik; Kunstmusik mit Anklängen an Volksmusik beispielsweise, und auch Volkslieder und -tänze berühmter Komponisten. Denn so getrennt wie heute waren Unterhaltungsmusik und „ernste“ Musik nicht immer, wie der Moderator und Zitherspieler Willi Huber zur Begrüßung erklärte. Und so gab es auch auf der Bühne beides: auf der einen Seite Konzertbestuhlung, ein Wirtshaustisch mit Wein auf der anderen. Ein vielversprechendes Konzept, schade nur, dass aus dem weiten Feld der U-Musik überwiegend Volksmusikalisches gewählt wurde.

Plaudernd und trinkend nahmen die Musiker des SWR-Sinfonieorchesters und der Zitherspieler Willi Huber am Tisch Platz und begannen den schnellen, fetzigen „Slawischen Tanz“ Nr. 8 von Dvorˇák. Von Beginn an wurde klar, dass auf der Bühne nicht nur erstklassige, virtuose Musiker saßen, sondern dass sie auch mit sicht- und hörbarer Spielfreude und komischen Schauspieleinlagen einen genussvollen Abend boten. Musikalisch ging es nach Wien, wo die Schrammel-Brüder im 19. Jahrhundert für Furore sorgten. Volkstümliche Wiener Lieder wie der „Wiener Fiaker Galopp“ von Johann Schrammel erlangten damals große Popularität. Es folgten Volkstänze wie zum Beispiel die Polka-Mazur von Alois Strohmayer oder die Amalien-Polka des „Zither-Maxls“, dem Vater der österreichischen Kaiserin Elisabeth. Einige Komponisten, besonders Johann Strauss, brachten den Volkstanz allerdings auch auf die klassische Konzertbühne. So war es nur folgerichtig, dass die sechs Musiker aus dem „Wirtshaus“ in den „Konzertsaal“ umzogen, um den berühmten Walzer „G‘schichten aus dem Wienerwald“ zu spielen. Danach ging der Klarinettist Anton Hollich an die Grenzen seines Instruments: Immer wieder wurde ihm ein Stück seiner Klarinette gestohlen, doch er ließ sich durch nichts und niemanden von seinem Solo bei Adolf Schreibers „Immer kleiner“ abhalten – nicht einmal, als nur noch das Mundstück übrig blieb. Danach duellierte er sich mit dem ersten Geiger Harald Paul, wenigstens nun mit einer ganzen Klarinette. Zwischen den beiden Solisten wurde Montis berühmter „Csárdás“ zu einem atemberaubenden Wettstreit, in den sich sogar noch die Zither einmischte. Dieser letzte, humorvolle Programmpunkt vor der Pause rief beim Publikum besonders viel Applaus hervor.

Nach der Pause startete der zweite Teil recht „ernst“ mit Vivaldis „Winter“ aus den „Vier Jahreszeiten“, bei dem die zweite Geigerin Jing Wen virtuos im Zentrum stand. Doch schon beim nächsten Stück kehrte die Unterhaltungsmusik zurück. Das schwermütige, romantische Adagio aus der Sonate in Es-Dur des im 19. Jahrhundert berühmten Klarinettisten Heinrich Baermann hielt man fälschlicherweise zuerst für eine Jugendkomposition von Wagner. Im Kontrast dazu stand der „leichtfüßige“ Tango „Por una Cabeza“ von Carlos Gardel aus dem Film „Duft der Frauen“ und das wahnsinnig schnelle, virtuose „Hora di mars“ von Komponist Grigorias Dinicu mit seinen Elementen rumänischer Volksmusik. Volksmusikalisch und weihnachtlich war auch das Ende des Konzerts. In fünf verschiedenen Sprachen, mit einem traditionellen Weihnachtslied für Zither und einer jazzigen Bearbeitung von „White Christmas“ von Irving Berlin, wünschte das sympathische Ensemble den Zuhörern eine frohe Weihnacht.