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Gute Noten für die Stadt – aber nicht für die Stadtverwaltung

Bevölkerungsbefragung Die Stadt Esslingen hat ihre Bürgerinnen und Bürger nach deren Zufriedenheit und Wünschen gefragt. Jetzt liegen die Ergebnisse vor. Von Melanie Braun

Für die Stadt ist es ein Erfolg: Statt der erhofften tausend haben sich mehr als doppelt so viele Einwohnerinnen und Einwohner an der repräsentativen Bevölkerungsbefragung „ES fragt“ beteiligt. Anfang 2022 hatte die Stadtverwaltung die umfangreichen Fragebögen an 5000 Esslingerinnen und Esslinger ab 18 Jahren verschickt, die automatisch und nach dem Zufallsprinzip ausgewählt worden waren. Die Stichprobe ist repräsentativ im Hinblick auf Alter und Geschlecht, entspricht bei diesen Kriterien also der Verteilung in der Esslinger Bevölkerung. Von Mitte Februar bis Anfang April konnten die insgesamt 41 Fragen zu verschiedenen Themenbereichen beantwortet werden – mehr als 2000 und damit rund 40 Prozent der angeschriebenen Esslinger nutzten diese Möglichkeit. Wegen ungültiger Rückmeldungen konnten nicht alle davon berücksichtigt werden: Letztlich flossen die Angaben von 1855 Teilnehmern – rund 37 Prozent der Angeschriebenen – in die Bewertung ein.

Mehrheit lebt gerne in Esslingen

Die große Mehrheit von ihnen, nämlich ganze 83 Prozent, gaben an, gern in Esslingen zu leben. Zudem bewerteten 74 Prozent der Teilnehmenden die Lebensqualität in der Stadt als gut oder sogar sehr gut. Ganz generell herrscht offenbar große Zufriedenheit mit den Angeboten und der Infrastruktur in der Stadt – wenn auch nicht in allen Bereichen. Am meisten schätzen die Befragten die Bücherei: „Mit keinem anderen Lebensbereich sind die Esslingerinnen und Esslinger so zufrieden wie mit der Stadtbücherei“, heißt es in der Studie. Auf Rang zwei in der Zufriedenheitsskala rangieren die Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten, an dritter Stelle das Angebot an Friedhofsflächen.

Die drei am schlechtesten bewerteten Bereiche hingegen sind die Stadtverwaltung, der Verkehr und der Wohnungsmarkt. Das spiegelt sich auch an anderer Stelle wider. So besteht aus Sicht der Umfrage-Teilnehmer der dringendste Handlungsbedarf im Bereich Wohnen, konkret beim Thema Leerstand von Wohnungen und Geschäften. Auch bei der Kinderbetreuung, beim Verkehr und beim Thema wohnortnahe Einkaufsmöglichkeiten sehen die Befragten großen Handlungsbedarf. Mit der Stadtverwaltung zeigen sich nur 33 Prozent der Umfrage-Teilnehmer zufrieden oder sehr zufrieden, während 30 Prozent unzufrieden und 28 Prozent sehr unzufrieden sind. Und obwohl der Wohnungsmarkt als sehr schlecht bewertet wird, ist ein Großteil der Esslingerinnen und Esslinger (86 Prozent) mit der eigenen Wohnung zufrieden oder sehr zufrieden, ebenso mit der Wohngegend (76 Prozent) sowie mit Esslingen als Wohnort (78 Prozent).

Anders sieht es beim Verkehr aus. Zwar zeigt sich ein Großteil der Befragten zufrieden mit dem öffentlichen Nahverkehr in Esslingen, die Situation für Radfahrer wird aber nur als mittelmäßig und die Organisation des Autoverkehrs als mittelmäßig bis schlecht bewertet. Zudem ist die große Mehrheit der Teilnehmenden höchst unzufrieden mit den Parkmöglichkeiten im Wohngebiet. Der Fußverkehr wird von vielen zwar als zufriedenstellend angesehen, der Zustand von Fußwegen und Treppen hingegen gilt vielfach als Ärgernis.

Was den Klimaschutz angeht, so sehen viele Befragte hier einen großen Nachholbedarf. Nur 28 Prozent halten die Maßnahmen in Esslingen für ausreichend, 72 Prozent hingegen nicht. Zwar gibt mehr als die Hälfte der Teilnehmer an, von zu Hause aus schnell zu Fuß bei einer Grün- oder Erholungsfläche sein zu können, doch viele fühlen sich betroffen von den Auswirkungen des Klimawandels. So gibt fast die Hälfte an, stark von Hitzesommern betroffen zu sein, 35 Prozent halten sich für persönlich betroffen von Unwettern und Stürmen, 30 Prozent von Starkregen und elf Prozent von Hochwasser.

Trotz aller Defizite ist das Image Esslingens aus Sicht der Umfrage-Teilnehmer außerordentlich gut. Fast drei Viertel der Befragten glauben, dass die Esslingerinnen und Esslinger selbst eine gute oder gar sehr gute Meinung über ihre Stadt haben – nur knapp fünf Prozent gehen von einer schlechten oder sehr schlechten Meinung aus.

Eine Stadt mit gutem Image

Zudem glauben sogar noch mehr Befragte, nämlich 80 Prozent, dass Besucher der Stadt eine gute oder sehr gute Meinung von Esslingen haben. Für das größte Highlight ihrer Stadt halten die allermeisten (97 Prozent) die mittelalterliche Altstadt, gefolgt von der idyllischen Lage inmitten von Weinbergen und Neckartal sowie auf Platz drei den Festen und Veranstaltungen wie etwa dem Weihnachtsmarkt.

 

Neue Daten für neue Erkenntnisse

Neben persönlichen Daten wie Alter, Geschlecht, Stadtteil oder Haushaltsgröße wurde in der Umfrage vor allem die Zufriedenheit mit städtischen Angeboten und der Infrastruktur abgefragt. Die Fragen bezogen sich auf die Themenbereiche Lebensqualität und Zufriedenheit, Stadtverwaltung und Kommunalpolitik, Mobilität und Verkehr, Klima und Klimaschutz, Digitalisierung, Wohnen, Image sowie bürgerschaftliches Engagement und Beteiligung. Auch die Zufriedenheit mit dem Stadtgrün und dem kulturellen Angebot wurde abgefragt.

Nach Angaben der Stadtverwaltung sollen die Ergebnisse der Bürgerbefragung in die Arbeit der Verwaltung einfließen. Sie bildeten eine wichtige Grundlage, um zielgerichtet Strategien und Maßnahmen für eine zukunftsorientierte und nachhaltige Stadt zu entwickeln. Geplant sei, eine solche Umfrage in regelmäßigen Abständen zu wiederholen – im zeitlichen Vergleich könnten die Ergebnisse dann Hinweise dazu liefern, ob Projekte und Maßnahmen die gewünschte Wirkung entfalteten. meb