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Handwerk und Politik fordern bessere Kontakte zu Schulen

Berufswahl Am Handwerks-Aktionswochenende im Freilichtmuseum Beuren kamen die schwierige Suche nach Auszubildenden und die Vielzahl an Regularien für Ausbildungsbetriebe zur Sprache. Von Thomas Krytzner

Bei der jüngsten Lossprechung von 160 erfolgreichen Gesellen der Kreishandwerkerschaft Esslingen-Nürtingen haben 60 Auszubildende mit der Note „gut“ abgeschlossen. Das lässt hoffen und bestätigt das Motto der Handwerksaktionstage im Freilichtmuseum in Beuren: „Traditionsberufe mit Zukunft.“ Der Esslinger Landrat Heinz Eininger, Schirmherr der Veranstaltung, bekräftigte zwar, dass man erfolgreich unterwegs sei. Bei der frühzeitigen Suche nach Ausbildungskandidaten sieht er aber noch Sand im Getriebe. Der Zugang zu Schulen bleibe den Handwerkerinnungen oft verwehrt. Der Landrat forderte deshalb: „Wir müssen stärker in die Gymnasien.“

 

Klimaschutz und Energiewende funktionieren nicht ohne das Handwerk.“
Karl Bossler
Der Kreishandwerksmeister über die Bedeutung des modernen Handwerks
 

Unterstützung bekam Heinz Eininger von Kreishandwerksmeister Karl Bossler, der eine Erleichterung beim Zugang zu Gymnasien wünscht. „Wir müssen die jungen Menschen rechtzeitig erreichen, um ihnen die Handwerksberufe schmackhaft zu machen. Da haben wir Nachholbedarf“, präzisierte Karl Bossler. Rainer Reichhold, der seit 2005 Präsident der Handwerkskammer Region Stuttgart ist, bestätigte den erschwerten Kontakt zu Schulen. „Die Lehrpläne sind so voll, dass für Besuche des Handwerks keine Zeit bleibt.

Duale Ausbildung im Fokus

Staatssekretär Dr. Patrick Rapp vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus stellte die duale Ausbildung in den Fokus: „Der Mensch ist nicht nur dann vollständig, wenn er eine akademische Ausbildung hat.“ Aus diesem Grund sei das Schaufenster des Handwerks im Freilichtmuseum wichtig, betonte der Staatssekretär. Für das Land Baden-Württemberg sei das Handwerk mit gut 810 000 Beschäftigten, davon über 45 000 Auszubildende, sowie einem Jahresumsatz von rund 110 Milliarden Euro von großer Bedeutung, betonte Patrick Rapp. „Einen großen Teil unseres Lebensstandards haben wir dem Handwerk zu verdanken.“ Gewerke der Nahversorgung, wie Bäcker, Konditoren und Metzger würden für die Aufrechterhaltung von regionalen Wertschöpfungsketten sorgen, hob Rapp die Bedeutung des Handwerks hervor.

Es sei aber klar, dass es nicht nur Sonnen- sondern auch Schattenseiten im Handwerk gäbe. „Die Vielzahl an Regularien und Anforderungen an Handwerksbetriebe muss überdacht werden“, forderte Patrick Rapp. Wirtschaft und Gesellschaft müssen sich auf die neuen Strukturen einstellen. Er geht davon aus, dass Handwerksleistungen in der Zukunft noch stärker nachgefragt werden.

„Ladesäulen und Photovoltaikanlagen montieren sich nicht von selbst“, gab Staatssekretär Patrick Rapp zu bedenken. Dem pflichtete Kreishandwerksmeister Karl Bossler bei: „Klimaschutz und Energiewende funktionieren nicht ohne das Handwerk.“ Die Betriebe hätten sich längst den modernen Strukturen angepasst. „Es braucht dafür nützliche Rahmenbedingungen. Pläne, um Energie zu sparen gibt es genug, aber wer realisiert diese, wenn nicht das Handwerk“, fragte sich der Vorsteher der Kreishandwerkerschaft.

Wichtig: Bezahlbare Energie

Sorgen bereiten dem Handwerk die steigenden Energie- und Rohstoffpreise, wie Rainer Reichhold betont. „Energie muss bezahlbar bleiben, das kann das Handwerk nicht alleine stemmen“, erklärte der Präsident der Handwerkskammer. Er sieht dringenden Handlungsbedarf, um drohende Insolvenzen zu vermeiden: „Wenn Betriebe schließen, gehen Arbeits- und Ausbildungsplätze verloren. Es ist fünf vor zwölf.“ Reichhold betonte, dass es nicht am Handwerk scheitere, sondern an den weltweiten Lieferschwierigkeiten. „Eine derart kritische Situation habe ich in 30 Jahren Selbständigkeit bisher nicht erlebt.“

Beim Rundgang über das Museumsgelände kamen die Vertreter des Handwerks und der Politik mit Azubis der 15 anwesenden Handwerksinnungen und deren Ausbildern ins Gespräch.