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Heizen nach Art der alten Römer

Wohnen Temperierung nennt Ulrich Gölz seine favorisierte Technik, um angenehme und staubfreie Wärme im Winter in die gute Stube zu bringen. Von Iris Häfner

Der aus Nabern stammende Ulrich Gölz hält im Holzhaus von Felix Breckel in Dettingen einen Vortrag über alternative Heizmethoden
Der aus Nabern stammende Ulrich Gölz hält im Holzhaus von Felix Breckel in Dettingen einen Vortrag über alternative Heizmethoden. Fotos: Mirko Lehnen

Die Tage werden wieder kürzer und irgendwann kommen nach dem heißen Sommer die ersten kalten Nächte. Dann heißt es wieder: Heizung an. Die einen sitzen am Kachelofen, die andern drehen die Heizkörper auf - und mancher Häuslebauer wärmt seine Stube nach römischem Vorbild: Wandtemperierung nennt sich die Methode. „Behaglich, gesund, zugfrei und staubarm“ sei dieses System, zudem preiswert, resourcenschonend, einfach und robust. Das hat Felix Breckel überzeugt. In seinem neuen Holzhaus in Dettingen hat er diese Art der Heizung eingebaut und einen Tag der offenen Tür rund ums Thema ökologisches Bauen angeboten.

Einer der Referenten war der aus Nabern stammende Ulrich Gölz. Nach Jahrzehnten als Allergiker brachte ihn seine Frau auf die Idee, alternative Heilmethoden auszuprobieren. Als überzeugter Naturwissenschaftler ging der Ingenieur mit einer gehörigen Portion Skepsis zu den Behandlungsterminen - und wurde prompt eines Besseren belehrt. Allem eigenen Widerspruch zum Trotz ging es ihm von Termin zu Termin besser. „Nach drei Einzelsitzungen waren die Beschwerden weg, und das hat überhaupt nicht in meine Welt gepasst. Es war für mich eher verstörend, dass es funktioniert hat“, erzählt Ulrich Gölz. Als Ingenieur wollte er wissen, warum dem so war, und so ging er der Sache auf den Grund. Das Internet wurde durchforstet und nach logischen Erklärungen gefahndet, die er dann auch tatsächlich fand. „Plötzlich habe ich Zusammenhänge entdeckt“, sagt er und spricht von Zellkommunikation und Epigenetik. Das ist laut Wikipedia das Fachgebiet der Biologie, das sich mit der Frage befasst, welche Faktoren die Aktivität eines Gens und damit die Entwicklung der Zelle zeitweilig festlegen.

„Es kommt ganz schnell das Verständnis für die Grundlagen, den Regulationsmechanismus jeglichen Lebens“, so Ulrich Gölz, der mittlerweile zum Überzeugungstäter auf Basis naturwissenschaftlicher Grundlagen geworden ist und mit Sachargumenten die Menschen erreichen will. Er sieht alles ganzheitlich. „Vor allem, was wir zu uns nehmen, ist wichtig. Die gesamte Nahrung wird zur Information für den Körper. Spätestens an diesem Punkt gehen neue Welten für einen auf, und dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis man sich mit dem Thema Heizen befasst“, sagt er. Alles, was wärmer als der absolute Nullpunkt ist, also minus 273,15 Grad Celcius, strahlt Infrarot ab - je wärmer, desto mehr. So hat sich für Ulrich Gölz langsam ein Bild zusammengesetzt, das der Gesundheit dient. „Dann ist man sofort automatisch weg von der lufterwärmenden Systematik“, sagt der Wirtschaftsingenieur, der viele Jahre in der IT-Branche im Prozessmanagement tätig war.

Irgendwann stieß er auf Henning Großeschmidt, gelernter Schreiner sowie bis 2008 leitender Restaurator am Bayrischen Landesamt für Denkmalpflege. Dort war Henning Großeschmidt auch für nicht staatliche Museen zuständig, die häufig wenig Geld haben und deshalb Heizkosten sparen wollten, was nicht allen Exponaten gut bekam. „Er hat Leute und Architekten kennengelernt, die anders unterwegs waren und quergedacht haben. Anfang der 80er-Jahre hat er das System entwickelt, das wir hier sehen und das zunächst nur in Museen zum Einsatz kam“, erklärt Ulrich Gölz. Das sollte sich ändern, denn die Vorzüge auch für Wohn- und Arbeitsräume lagen auf der Hand. Es ist das Prinzip des römischen Hypocaustums. Warme Luft durchströmt Wände oder Fußböden, wird aber nie so heiß wie ein Ofen oder Heizkörper. „Das ist eine gleichmäßige und angenehme Strahlung, die von den Außenwände in den Raum abgegeben wird“, so der Ingenieur.

Das Hauptaugenmerk bei diesem Heizsystem liegt auf der Gebäudehülle, sprich den Außenwänden. Schirmt die die Kälte von außen ab, bleibt es innen schön warm. „Die einfachste Art, dies zu tun, ist es, ohne Umwege direkt die Gebäudehülle lückenlos zu versorgen, und nicht den ineffizienten Umweg über das chaotisch wirbelnde Lebensmittel Luft mit einer Konvektionsheizung zu wählen“, erklärt Ulrich Gölz. Bei bewegter Luft gibt es immer Staub, der die Schleimhäute belastet. Schwachstellen seien immer die Fenster. „Glas lässt Infrarot nicht durch; wie bei allen glatten Flächen wird es reflektiert“, sagt er und verdeutlicht seine Aussage mit einer Wärmebildkamera.

Das Gebäude in Dettingen ist ein reines Holzhaus mit dicken Außenwänden. Etwa 20 Zentimeter über dem Fußboden verläuft die erste Heiz-Doppelröhre, die nächsten beiden Röhrchen etwa einen Meter darüber beziehungsweise unter den Fenstern. Sind die installiert, kommt eine Lehmwand drüber. Die dafür benötigten Platten liegen schon stapelweise parat. „Die Heizkosten von Brenner und Kesselpumpe fallen drastisch zusammen - um rund die Hälfte. Wir haben auch 40 bis 50 Prozent weniger Rohrmeter. Das ist von verschiedenen Faktoren abhängig, etwa vom Gebäude selbst und der Nutzung“, zählt Ulrich Gölz die Vorteile auf. Ein weiterer: Es gibt keinen Schimmel, weil die Wände trocken sind.

Die Heizrohre sind zwischen Außenwand und Lehmbelag verlegt.
Die Heizrohre sind zwischen Außenwand und Lehmbelag verlegt.
Erfinder Ulrich Göz hält einen Vortrag bei dem Tag der offenen Tür von Holzbau Breckel in Dettingen
Erfinder Ulrich Göz hält einen Vortrag bei dem Tag der offenen Tür von Holzbau Breckel in Dettingen
Erfinder Ulrich Göz hält einen Vortrag bei dem Tag der offenen Tür von Holzbau Breckel in Dettingen
Erfinder Ulrich Göz hält einen Vortrag bei dem Tag der offenen Tür von Holzbau Breckel in Dettingen

Après-Ski und das alternative Heizsystem

Das System der Temperierung vergleicht Ulrich Gölz mit dem Sonnenbaden beim Après-Ski vor einer Hütte. Die Wintersportler genießen die infrarote Wärmestrahlung. „Da die Hütte im Rücken auch gut aufgeheizt ist, erhalten die Sonnenanbeter die Wärmestrahlung von allen Seiten - und zwar mehr als sie selbst abgeben. Das zeigt: Auf die Lufttemperatur kommt es gar nicht an. Eine Heizung ist demnach nutzlos, wenn die Innenseiten der Außenwände kalt sind und die Raumluft bewegt wird“, erklärt Ulrich Gölz. ih