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„Hier war unser zweites Wohnzimmer“

Handel Nach 35 Jahren ist Schluss mit Kirchheims ältestem Secondhand-Laden. Das „Sparschwein“ hat nur noch bis Ende Dezember offen. Danach kommen Wohnungen und Büros in die Verkaufsräume. Von Lena Bautze

Julia Oberrenner, Gabriele Oberrenner, Michaela Klamt-Stiehler und Rose Hiller (von links) stehen noch bis Weihnachten im „Spars
Julia Oberrenner, Gabriele Oberrenner, Michaela Klamt-Stiehler und Rose Hiller (von links) stehen noch bis Weihnachten im „Sparschwein“. Foto: Carsten Riedl

Für viele Kunden des „Sparschweins“ war es ein Schock: Bald sollen sie nicht mehr in ihrem gewohnten Secondhand-Laden einkaufen können, denn nach 35 Jahren heißt es Abschied nehmen von Kirchheims Vorreiterladen für gebrauchte Kleidung.

Angefangen hat für die Gründerin Gabriele Oberrenner alles aus der Not heraus: „Ich hatte nach der Geburt meiner Tochter eine Arbeit gesucht, zu der ich sie mitnehmen kann.“ Mit der finanziellen Unterstützung ihres Vaters wurde 1984 das „Sparschwein“ geboren. Mit gemütlichen 40 Quadratmetern hat die Kirchheimerin angefangen, doch nach zwei Jahren wurden die Kleidermengen immer größer und in dem Zimmer wurde es dadurch immer kleiner. Deshalb zog das „Sparschwein“ zwei Jahre später in die Plochinger Straße in einen Verkaufsraum mit 160 Quadratmetern um - in dem seit Beginn mehr als 5000 Kunden ein und aus gehen.

Von Anfang an mit dabei ist Rose Hiller. Ihr war es immer wichtig, unter Menschen zu sein, obwohl es manchmal auch unangenehme Situationen gab. So geht es auch Gabriele Oberrenner. „Ich wurde öfters schon informiert, dass eine Scheibe eingeschlagen ist, oder habe bemerkt, dass jemand einbrechen wollte“, sagt die Chefin.

Trotz mancher Vorfälle bereut die 66-Jährige nichts. „Hier war unser zweites Wohnzimmer. Es gab viele lange Tage, vor allem am Anfang.“ Da war es noch besonders schwierig, da jeder Kauf von Hand notiert werden musste. „Das ist heute durch Computer und spezielle Software praktischer“, sagt sie.

Nicht nur die Bedienung der Kunden hat sich geändert, auch die Kleider-Liebhaber haben sich verändert. „Wir haben ein neues, junges Publikum im Alter zwischen 18 und 24 Jahren. „Da wird auch Greta ihren Teil dazu beigetragen haben“, freut sich die Sparschwein-Besitzerin. „In unseren Laden kommt jetzt die zweite Generation. Dabei kaufen jetzt die Kinder von unseren ersten Kunden bei uns ein.“

Kleidung wird jetzt jedoch nicht mehr vom „Sparschwein“ angenommen, denn es hat noch genügend bis zum letzten Tag am Montag, 23. Dezember. Die Stücke, die von ihren ehemaligen Besitzern bis Ende Dezember nicht abgeholt werden, spendet der Laden an die Tafel in der Slowakei. Gabriele Oberrenner würde aber auch die Region unterstützen: „Es können gerne andere Organisationen auf mich zukommen zwecks Kleiderspenden.“ In dem Beruf ist es laut der Sparschwein-Gründerin wichtig „Liebe, Herzblut und ein soziales Verständnis“ zu haben.

Nach 35 Jahren fällt es ihr nicht leicht, den Schlüssel ein letzten Mal umzudrehen und zu sehen, wie ab Januar daraus Wohnungen und Büros entstehen. Die Kirchheimerin würde gerne ihre Erfahrungen in dem Bereich teilen: „Wenn jemand hier in der Region die Vorstellung hat, etwas wie das „Sparschwein“ anzufangen, helfe ich gerne ein paar Tage mit“, bietet sie an. Ihre Tochter Julia, die im Laden mitgearbeitet hat, möchte ihn nicht weiterführen. Genauso wenig wie Mitarbeiterin Michaela Klamt-Stiehler.

Doch viele wissen sich zu helfen: „Die Leute machen regelrecht Hamsterkäufe und decken sich für die nächsten Monate ein“, sagt Gabriele Oberrenner amüsiert. Für die treuesten Kunden ist im Dezember ein Umtrunk geplant. Für die, die künftig in Kirchheim nicht auf Secondhand-Kleidung verzichten wollen, gibt es Alternativen: zum Beispiel den „Pfiffikus“, das „Kleiderreich“ und die „Noblesse“. Außerdem kann man auch im Diakonieladen „Eckpunkt“ Klamotten aus zweiter Hand kaufen.