Kirchheim. „Es ist schwierig, jetzt schon eine Gesamteinschätzung zu treffen“, sagt Siegfried Nägele, Vorsitzender des Kreisbauernverbands Esslingen. Wie viel Schaden Hitze und Trockenheit in der Landwirtschaft tatsächlich angerichtet hätten, ließe sich voraussichtlich erst im nächsten Jahr genauer sagen. Auch Anton Watzek, Leiter des Kreisforstamts, kann das Ausmaß der Trockenschäden im Wald noch nicht genau abschätzen. „Vor allem Laubholzbäume werfen ihre Blätter oft erst im Folgejahr ab“, weiß er.
Ganz sicher ist sich Siegfried Nägele aber in einem: Die Wiesen haben dieses Jahr arg gelitten. „Vielerorts ist die Grasnarbe geschädigt“, berichtet er. Zudem sei die Anzahl der Pflanzen geschrumpft und die Zusammensetzung der Gras- und Kräuterarten habe sich negativ verändert. Ein wichtiger Grund dafür: „Durch den trockenen Boden gab es sehr viele Mäuse. Die Wiesen sind voll mit Gangsystemen“, hat er beobachtet. Auch in den Äckern hätten sich die kleinen Schädlinge ziemlich wohl gefühlt: „Wenn es sehr trocken ist, kommt man bei der Bodenbearbeitung nicht so tief und erwischt die Mäusegänge nicht.“
Je nach regionalen Wetterverhältnissen und Bodenbeschaffenheit wird es auch für Ackerpflanzen kritisch. „Auf schweren, trockenen Böden hat es das Getreide nicht leicht“, sagt Siegfried Nägele. Sei es zu trocken, könne das Saatgut nicht keimen. Entscheidend für die Entwicklung ist auch, ob es zwischendurch mal einen Regenguss gegeben hat oder nicht. „Und das ist von Ort zu Ort sehr unterschiedlich“, so Nägele.
Während Äpfel und Birnen dieses Jahr einfach etwas kleiner ausgefallen sind, mussten Gemüsebauern teils kräftig bewässern: „Das ist ein erheblicher Kostenfaktor“, weiß Nägele. Abzuwarten bleibe auch, wie gut sich die Ernte einlagern lasse. „Obst hat dieses Jahr einen hohen Zuckergehalt und könnte leichter gären.“
Spuren hat die außergewöhnliche Witterung auch im Wald hinterlassen: „Durch die Trockenheit erhöht sich die Anfälligkeit der Bäume“, sagt Anton Watzek. Besonders die Fichten seien anfällig für den Borkenkäfer, und den Eschen drohe Gefahr durch das Eschentriebsterben, ausgelöst durch eine Pilzinfektion. „Jungbäume, die im Herbst gepflanzt wurden, könnten vertrocknen“, ergänzt Watzek. Und auch für Pilzsammler sei es kein gutes Jahr gewesen: „Aufgrund der mangelnden Feuchtigkeit gab es sehr wenig Pilze.“
Mit Problemen hat auch Kirchheims Revierförster Daniel Rittler zu kämpfen: „Bei einigen Waldwegen haben sich so tiefe Risse gebildet, dass wir Material reinschütten mussten“, berichtet er. Und noch eine Folge kann die Trockenheit haben: „Die klassischen Weihnachtsbäume wie Fichten könnten ihre Nadeln etwas früher verlieren, weil sie nicht so gut mit Wasser versorgt waren.“
Ganz entscheidend für die Entwicklung von Pflanzen, Saatgut, Bäumen und Wiesen sind der kommende Winter und das darauffolgende Frühjahr – da sind sich Siegfried Nägele und Anton Watzek einig. „Wir hoffen auf einen schneereichen Winter und ein nasses Frühjahr“, sagt der Leiter des Kreisforstamts. „Dann können sich die Wasserspeicher wieder füllen.“ Dabei ist nicht allein die Menge des Wassers von oben entscheidend. „Wir brauchen jetzt moderate, ständige Niederschläge, am besten Schnee“, sagt Siegfried Nägele. Den nenne man nicht umsonst den „Dung der armen Leute“. Perfekt sei es, wenn dann noch der Boden durchfriere, damit sich der Mäusebestand dezimiere. „Es heißt: Die Mäuse bekommt man nur weg, wenn sie sich die Beine brechen“, zitiert Siegfried Nägele eine alte Bauernweisheit.