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„Ich bin beruflich angekommen“

Neustart Mit 53 Jahren absolvierte Doris Renner eine Ausbildung zur Erzieherin. Heute ist sie darüber glücklich.

Nürtingen. Alles spricht vom Fachkräftemangel. Besonders bei den Erziehungsberufen wird händeringend Personal gesucht. Träger reagieren darauf recht unterschiedlich. Während die einen vorwiegend jüngere Mitarbeiter im Fokus haben, geben andere auch älteren Semestern eine Chance. Doris Renner gehört zur zweiten Kategorie. Sie war 53 Jahre, als sie in Nürtingen ihre Ausbildung zur Erzieherin begann. Heute ist sie 57 und mit großer Begeisterung für ihre jungen Schützlinge da.

Doris Renner ist gelernte Friseurmeisterin, musste ihren Beruf wegen einer Allergie jedoch schon früh an den Nagel hängen. Also sattelte sie um, machte eine Ausbildung als Industriekauffrau und arbeitete, bis ihre beiden Kinder kamen. Als diese größer wurden, suchte sich Doris Renner eine Arbeit in Teilzeit und war 16 Jahre Sprachförderkraft und Grundschulbetreuung in ihrem Wohnort Wendlingen. Auch half sie hin und wieder bei Bedarf in verschiedenen Kindergartengruppen aus. Dabei merkte sie, dass ihr die Arbeit mit Kindern großen Spaß macht: „Das ist etwas anderes als vor dem Computer sitzen.“

2018 kam der Zeitpunkt, sich beruflich zu verändern. Sie bewarb sich bei zwei städtischen Trägern von Kindertagesstätten auf die ausgeschriebenen Ausbildungsstellen zur Erzieherin in der dreijährigen praxisintegrierten Ausbildung, kurz: PIA. Während ihr Mann und ihre inzwischen erwachsenen Töchter sie von Anfang an bestärkt hatten die Ausbildung zu machen, reagierte ein Teil ihres Freundeskreises verhalten. „Wir gehen bald in Rente und du beginnst noch eine Ausbildung“, war der allgemeine Tenor. Es gab aber auch Reaktionen von Leuten, die bedauerten, nie selbst so einen Schritt gewagt zu haben. Dabei war sich auch Doris Renner nicht sicher, ob sie die Ausbildung packen würde. 

Ihr Mut wurde belohnt: In Nürtingen klappte es. Zum 1. September 2018 trat sie ihre Ausbildungsstelle im Kindergarten Enzenhardt an, im Mai 2021 war sie fertig. Seither arbeitet sie im Kindergarten Laurentiushaus ebenfalls in Nürtingen mit ungebrochener Begeisterung für ihren Beruf. Was sie in den drei Jahren ihrer Ausbildung erlebt hat, will die heute 57-Jährige nicht missen. Drei Tage Unterricht in der Schule pro Woche wechselten sich mit zwei Tagen im Kindergarten ab. In ihrer Klasse war sie die Älteste, die meisten ihrer Mitschüler waren zwischen 20 und 40 Jahre. Doch das Alter sei nie ein Thema unter ihren Mitschülern gewesen. „Man bekommt keinen Altersbonus", lacht sie, „man muss Leistung bringen".

Wenn sie mal einen Durchhänger gehabt habe, dann sei sie von ihren Kindern und ihrem Mann wieder aufgebaut worden. Von ihnen habe sie viel Zuspruch erhalten. Einige schlaflose Nächte habe sie zwar vor der Abschlussprüfung gehabt, aber ihr Durchhaltevermögen war nicht umsonst: Ihre Ausbildung hat sie mit der Note 1,6 abgeschlossen. „Für mich war es die richtige Entscheidung. Ich bin beruflich angekommen", sagt Doris Renner zufrieden. „Es ist schön, dass es in unserem Land die Möglichkeit gibt, lernen zu dürfen." Auch noch im fortgeschrittenen Alter. Gaby Kiedaisch