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„Ich kenne nicht die Worte“

Syrischer Flüchtling sammelt positive Erfahrungen bei Berufspraktikum

Alexander Kiltz gibt Emad Ibrahim eine Chance in seinem Bauunternehmen.Foto: Thomas Krytzner
Alexander Kiltz gibt Emad Ibrahim eine Chance in seinem Bauunternehmen.Foto: Thomas Krytzner

Notzingen. In Syrien arbeitete Emad Ibrahim auf dem Bau und kennt den Umgang mit Messmitteln, Mauersteinen und Mörtel. Gerne hätte er seinen Beruf im eigenen Land weiter ausgeführt. Bomben, Zerstörung

und Todesangst, Tag für Tag, zerstörten seinen Lebenstraum, und im September 2015 floh er aus seinem Heimatland. Die Strapazen und Ängste hatten damit aber kein Ende. Bei der Überfahrt mit einem Boot drohte es wegen den hohen Wellen zu kentern. Im Oktober vergangenen Jahres landete Ibrahim schlussendlich in der Sammelunterkunft in Notzingen.

Ein fremdes Land, fremde Leute, eine Sprache, die weder in Wort noch in Schrift bekannt ist, aber keine einschlagenden Bomben und keine zerstörte Häuser mehr. Der junge Syrer hatte Glück im Unglück: Oskar Gulden vom AK Asyl, Bereich Sprache, aus Notzingen erkannte das Potenzial des Flüchtlings und nahm ihn unter seine Fittiche. „Er hat den Drang, zu arbeiten, und will niemandem auf der Tasche liegen.“ Gemeinsam mit der Agentur für Arbeit und der AOK vereinbarten Ibrahim und Gulden eine sogenannte Eingliederungsvereinbarung. Zugleich gab es auch die benötigten Versicherungen.

Oskar Gulden lobt den Umgang mit den Behörden: „Die Bewilligung, dass Emad Ibrahim ein Berufspraktikum machen darf, erfolgte schnell.“ Der zugehörige Bescheid trägt den Titel „Bewilligung einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung bei einem Arbeitnehmer“. Ungeachtet dieses Begriffes ging es für den 21-jährigen Syrer und seinen Mentor nun darum, möglichst im Baugewerbe eine Praktikumsstelle zu finden. Die Gespräche mit dem Notzinger Bauunternehmer Alexander Kiltz verliefen erfolgreich, und so konnte der Flüchtling das erste Praktikum im August starten. Für eine Woche half er im Betrieb mit und sammelte danach Erfahrungen im Ausbildungszentrum in Geislingen.

Für alle Beteiligten war die Praktikumszeit zwar erfolgreich, macht aber deutlich: Integration beginnt mit der Sprache. Emad Ibrahim bringt es auf den Punkt: „In Notzingen waren alle nett zu mir. Sie haben mir viel erklärt und die Arbeit macht Spaß. Ich kenne die Arbeit, aber leider nicht die Worte.“ Ein besonderes Hindernis war es für den Syrer, mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Notzingen nach Geislingen zu kommen. „Ich musste Bus und Bahn fahren und immer aufpassen, dass ich bei der richtigen Türe einsteige.“

Nach dem Unterricht in Geislingen stellte Ausbildungsmeister Martin Renz eine durchweg positive Praktikumsbeurteilung aus. Auch Alexander Kiltz vom gleichnamigen Bauunternehmen zeigte sich zufrieden: „Am Anfang war es holprig, weil einfach die Verständigung nicht klappte. Meine Leute waren sehr geduldig und erklärten via Handy und Zeichensprache. Aber Emad Ibrahim kennt sich auf dem Bau aus.“ Er habe die Tätigkeiten schnell begriffen und ohne viele Worte erkannt, wann und wo man „hinlangen“ muss. Dann hat Alexander Kiltz, der auch im Vorstand der Bauinnung ist, eine Überraschung parat: „Wenn Ibrahim die deutsche Sprache bis im kommenden Jahr beherrscht, kann er bei uns im Unternehmen die Maurer-Ausbildung machen.“