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Im Naturschutz bröckeln alte Fronten

Gerade in der Stadt ist der Naturschutz wichtig – Minister Alexander Bonde zeigt sich pragmatisch

Andreas Schwarz, Minister Alexander Bonde und Gerhard Bronner (von links) auf dem Podium.Foto: Karin Ait Atmane
Andreas Schwarz, Minister Alexander Bonde und Gerhard Bronner (von links) auf dem Podium.Foto: Karin Ait Atmane

Naturschützer auf der einen, Land- und Forstwirte auf der anderen Seite: Diese Zeiten sollen vorbei sein. Bei einem Diskussionsabend in Plochingen warb Alexander Bonde, Minister für den ländlichen Raum und Verbraucherschutz, für die neue Naturschutz-Strategie des Landes: Sie setzt auf ein breites gesellschaftliches Bündnis.

Karin Ait Atmane

Plochingen. Zum Vortrags- und Diskussionsabend über Naturschutz im urbanen Raum hatte die Kreistagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen mit dem Landtagsabgeordneten Andreas Schwarz eingeladen. Mit am Tisch saß Gerhard Bronner, der kürzlich gewählte neue Vorsitzende des Landesnaturschutzverbandes (LNV).

Lohnt sich Naturschutz im städtischen Raum überhaupt? Plochingens Bürgermeister Frank Buß bejahte das mit dem Hinweis auf die Lebensqualität für die Bürger. Nur wer Natur kenne, könne sie auch wertschätzen, sagte Bonde – und im Ballungsraum lebten die meisten Menschen. Zudem sei „keine Großstadt artenärmer als der großflächige Mais- oder Rübenacker“. Dennoch brach der Minister eine Lanze für die Intensivlandwirtschaft, ohne die Nahrungsmittel importiert und dafür vielleicht Wälder gerodet werden müssten.

Man wende sich in Sachen Naturschutz bewusst auch an die Wirtschaft und setze auf Kooperation, sagte Bonde. In diesem Zusammenhang nannte Andreas Schwarz die Landschaftserhaltungsverbände (LEV), bei denen auf Kreisebene Umweltschützer zusammen mit kommunalen Vertretern und Land- und Forstwirten arbeiten. Die meisten Kreise in Baden-Württemberg haben bereits einen als Verein organisierten LEV, im Kreis Esslingen ist er derzeit noch in der Diskussion. Michael Zimmermann vom Kreisbauernverband fürchtete, dass damit ein weiteres Bürokratiemonster entstehen könnte, was Bonde so nicht sah: Hier werde keine neue Behörde geschaffen, sondern ein Miteinander. „Geben Sie der Idee eine Chance!“, bat er.

Der pragmatische Ansatz zog sich durch den Abend und wurde auch von den Zuhörern nicht infrage gestellt. So war man sich einig, dass es für den Erhalt der Streuobstwiesen noch kein Patentrezept gibt und vielleicht manche Vorgaben zugunsten einer Bewirtschaftung mit Maschinen gelockert werden müssten. Ökologische Ausgleichsmaßnahmen für Bauprojekte sollten dort realisiert werden, „wo es der Landwirtschaft nicht weh tut“, griff Bonde ein anderes Anliegen von Zimmermann auf, vielleicht eher in größeren Projekten als mit punktuellen Maßnahmen. Denn Letztere brächten nicht immer „auf Dauer die Verbesserung, die man sich versprochen hat“. Worauf Roland Appl vom NABU prompt eine Projekt vorschlug, für das er schon lange kämpft: Das Land könne weitere Flächen an den Wernauer Baggerseen aufkaufen und unter Naturschutz stellen. Appl kritisierte zudem, dass das Regierungspräsidium lediglich ein neues Schutzgebiet pro Jahr ausweise. „Das halte ich auch für zu wenig ambitioniert“, stimmte Gerhard Bronner zu.

Die Zuhörer nutzten die Gelegenheit, eine ganze Reihe von Themen anzusprechen, vom Bildungsplan der Schulen, der Biologie künftig teilweise nur noch im Fächerverbund vorsieht, bis hin zum Rothirsch auf der Alb und zum Marder unter der Motorhaube. Das war durchaus im Sinne der neuen Strategie des Landes: Sie sieht schließlich Naturschutz als „Querschnittsthema“, das alle politischen Ressorts betrifft.