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Im neuen Schuljahr droht mehr Unterrichts-Ausfall

Bildung Ohne Corona-Auflagen ging es für die Schülerinnen und Schüler  nach den Sommerferien los. Unbeschwert ist die Situation an den Schulen deshalb nicht. Weil Vertretungskräfte fehlen, könnte es in der Schnupfenzeit zu Unterrichtsausfällen kommen. Von Petra Pauli

Stunde entfällt – Schülerinnen und Schüler jubeln normalerweise über diesen Vermerk, denn für sie bedeutet das länger ausschlafen oder mehr freie Zeit. Künftig dürfte das noch häufiger vorkommen, Eltern und Bildungspolitiker sind deswegen alarmiert. „Trotz der erheblichen Investitionen der Landesregierung in den Bildungsbereich und der Neueinstellung von 127 Lehrkräften ist die Unterrichtsversorgung angespannt und wird auch im Laufe des Schuljahres angespannt bleiben“, beschreibt die Leitende Schulamtsdirektorin Corina Schimitzek die Situation im Landkreis Esslingen. „Für Ausfälle von Lehrkräften, etwa wegen Krankheit oder unfallbedingt, stehen uns keine Vertretungslehr­kräfte zur Verfügung“, stellt sie klar, mit Unterrichtskürzungen sei zu rechnen. Rund 55 Stellen sind an den Grund-, Werkreal-, Real- sowie Gemeinschaftsschulen, Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren derzeit nicht besetzt.

Etwas besser sieht die Situation an den allgemeinbildenden Gymnasien im Kreis aus. Sie können ausreichend versorgt in das neue Schuljahr starten, heißt es aus dem für diese Schulart zuständigen Regierungspräsidium Stuttgart, der Pflichtunterricht werde stattfinden. Die Versorgung der Engpassfächer – in der Regeln sind das die Mint-Fächer – bei einzelnen Gymnasien habe durch Abordnungen von Lehrkräften anderer Gymnasien und internen Umverteilungen sichergestellt werden können. Eine Ausnahme sei allerdings der Unterricht in Bildender Kunst, der an einigen Gymnasien wegen Bewerbermangels nicht vollständig abgedeckt wird.

 

Inzwischen ist die Gemeinschaftsschule bei den Eltern eine anerkannte Schulart.
Corina Schimitzek, Schulamtsdirektorin

 

Insgesamt werden 4315 Erstklässlerinnen und Erstklässler an Grundschulen oder Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) eingeschult. „Interessant ist, dass das Wahlverhalten der Eltern im Anschluss an die Grundschulen bei den Werkreal- und den Gemeinschaftsschulen an allen Standorten nahezu gleich geblieben ist“, so die Schulamtschefin. Einen leichten Rückgang gebe es nur bei Realschulen. „Die Gemeinschaftsschule ist inzwischen eine anerkannte Schulart, der die Eltern vertrauen“, sagt Schimitzek.

Der Unterricht startete ohne Maskenpflicht. Getestet werden muss laut Kultusministerium derzeit nur noch an den SBBZ. Corona wird aber alle Schulen weiterhin beschäftigen. In der Schnupfensaison ab Oktober bekommen Lehrkräfte und Schüler vier kos­tenlose Schnelltests, um sich bei Symptomen freiwillig daheim zu testen. „Wir alle hoffen, dass wir den Präsenzunterricht ohne Unterbrechung durchführen können, wohl wissend, dass der schulische Alltag nach wie vor von coronabedingten Folgen bestimmt sein wird“, sagt Corina Schimitzek mit Blick auf Wissenslücken.

Im vergangenen Schuljahr hätten viele Schulen mit dem Programm „Lernen mit Rückenwind“ zwar einiges aufarbeiten können, aber auch im neuen Schuljahr wird es eine zusätzliche Förderung im fachlichen Bereich und im sozial-emotionalen Bereich geben. Lernstandsdiagnosen in allen Schularten sollen zudem Erkenntnisse darüber liefern, wo noch Handlungsbedarf besteht.

Digitalisierung wird für die Schulen im Kreis ein wichtiges Thema bleiben. „Die vergangenen Jahre haben uns deutlich gezeigt, wie wichtig der weitere Ausbau der digitalen Infrastruktur für das Gelingen von Unterricht ist“, so Schimitzek. Ein Projekt, das bis zum Schuljahr 2022/23 umgesetzt wird, sind unter anderem die vom Kultusministerium angestoßenen Realschul-Trios. Mit dabei sind auch die Realschule Oberesslingen, die Immanuel-Kant-Realschule in Leinfelden-Echterdingen und die Realschule Neckartenzlingen. Sie werden gemeinsam bei ihrer Arbeit mit digitalen Medien und dem vernetzten Lernen wissenschaftlich unter anderem vom Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) begleitet.

An dem Schulversuch „Lernförderliche Leistungsrückmeldung in der Grundschule“ beteiligen sich ab diesem Schuljahr drei Grundschulen im Kreis, die Grundschule Raidwangen, die Erich-Kästner-Gemeinschaftsschule in Ostfildern und die Ludwig-Uhland-Gemeinschaftsschule in Wendlingen. Statt Ziffer-Noten wird es hier regelmäßige Lernstandsdiagnosen geben.

Ein Schwerpunkt wird der Ausbau der Ganztagsschulangebote sein. Bislang bieten 19 Grundschulen und SBBZ Ganztagsangebote an, dazu kommen 31 weitere in den anderen Schularten.

Eine Herausforderung für den Schulbetrieb stellen die Kinder und Jugendlichen dar, die aus der Ukraine flüchten mussten. Um ihnen ein Bildungsangebot zu machen, hat das Staatliche Schulamt zusätzlich sieben weitere Vorbereitungsklassen an Grundschulen und 14 an Sekundarschulen eingerichtet. Dafür wurden 28 Lehrkräfte neu eingestellt.

 

Präsenzunterricht ohne Masken und Tests

Corona-Regeln: An den Maßnahmen, die es bereits Ende des vergangenen Schuljahres gab, wurde nichts Gravierendes verändert: Es müssen keine Masken getragen werden, eine Testpflicht gibt es zum Schutz der vulnerablen Schülerinnen und Schüler nur an den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ).

Keine Schulschließungen: Trotz Corona und Gasmangels als Folge des Ukraine-Kriegs soll es dem Kultusministerium zufolge so viel Normalität wie möglich geben. „Für mich steht über allem, dass wir Schulschließungen – aus welchen Gründen auch immer – um jeden Preis verhindern“, sagte Ministerin Theresa Schopper. Die vorherigen Jahre hätten bei den Kindern und Jugendlichen Spuren hinterlassen. pp