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Im Wald neue Lebenswege entdecken

Lebenshilfe Die Kirchheimer Psychotherapeutin Andrea Šinko arbeitet beim „Natur Coaching“ bevorzugt im Wald. Dort sind ihr auch einige Ideen gegen Ängste in der Corona-Zeit gekommen. Von Thomas Zapp

Wer in seinem Leben den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht oder einfach mal neue Wege ausprobieren will, kann sich auch einfach mal in ihn hineinbegeben. Das ist gerade in Corona-Zeiten eine gute Möglichkeit, mit Abstand und an frischer Luft sich seine Sorgen von der Seele zu reden. Das findet auch die Kirchheimerin Andrea Šinko. Sie liebt Bewegung und Natur und hat das „Natur-Coaching“ für sich entdeckt. Dafür nimmt sie ihre Klienten einfach mit in den Wald. Schicksalsschläge, berufliche Veränderungen oder Beziehungsprobleme können Themen sein, zu denen sie als Psychotherapeutin und systemischer Coach Beratung anbietet. Die 50-Jährige weiß, wovon sie redet: Sie lebt selbst in Trennung, hatte mit 36 Jahren eine lebensbedrohliche Hirnblutung und hat vor nicht allzu langer Zeit den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt. Und dann kam noch Corona.

„Die Krise als Chance“ gehört zu den abgegriffenen Durchhalteparolen der Corona-Zeit. Für Andrea Šinko bringt sie ganz konkret auch Handlungsbedarf. Denn viele sind verunsichert und fürchten sich. „Es geht darum, der Angst auf den Grund zu gehen und die Dinge zu Ende zu denken“, sagt sie. Fragestellungen seien etwa: Wovor fürchte ich mich und warum? Was kann passieren? Was bedeutet das für mich?“ Nur wenn man die Ängste zu Ende denke, habe man einen Ansatzpunkt, um sie aufzulösen.

In der Corona-Krise geraten im Alltag oftmals Abläufe durcheinander. Der Ansatz der Psychotherapeutin ist es, den Menschen Halt zu geben und Struktur zu vermitteln. „Menschen in Krisen hilft oft eine pragmatische Diagnose ihrer Situation“, sagt sie. Der Blick von außen auf sich selbst, „spiegeln“ nennen das die Fachleute. Für diese Arbeit nimmt die 50-Jährige bevorzugt die Natur zu Hilfe. „Suchen Sie etwas im Wald, das eine positive Eigenschaft von Ihnen charakterisiert“, lautet ihre Aufgabe für den Redakteur. Der sucht sich ineinander verschlungene Äste aus, als Symbol für den Spaß am Kontakte knüpfen.

Die diplomierte Sport-Ökonomin hat sich in ihrer Heilpraktiker-Ausbildung für die Psychotheratpie und dabei für das systemische Coaching entschieden. Diese Art der Beratung soll Menschen Unterstützung bei alltäglichen Fragen der persönlichen Lebensführung leisten, sei es im Beruf oder in der Familie. „Systemisches Coachen hilft, dass man Ungleichgewichte erkennen kann“, erklärt Andrea Šinko. Manchmal gehe es auch darum, „Glaubenssätze“ zu erkennen: Woher kommt der Druck, den eine Studentin spürt? Solchen Dingen spürt Andrea Šinko gemeinsam mit ihren Klienten nach. Zu ihr kommen Teamleiter, Unternehmer, aber auch Privatpersonen, manchmal auch Paare. Und dann geht es eben auch mal zum Natur-Coaching in den Wald. Manch eine(r) hat auf zugewachsenen Pfaden schon die Motivation für einen buchstäblich neuen Berufsweg gefunden.

Die Mutter zweier Kinder gibt auch MBSR-Kurse, auch Achtsamkeitstrainings genannt. Vor 70 Polizisten hat sie dazu schon referiert. „Es geht darum, zu lernen, wie man Stress abbaut“, erklärt sie. Dazu gehöre im Alltag zum Beispiel, den Moment bewusst wahrzunehmen, nicht mit den Gedanken bei dem nächsten sein, während man das eine tut. „Kinder können das, wir trainieren das ab.“ Die Folge seien Erschöpfung und Unzufriedenheit.

Opferhaltung aufgeben

Das trifft irgendwie alles auch auf die Corona-Krise zu. Was kann man also tun? Draußen mit Leuten treffen, lautet Šinkos Antwort. Denn der persönliche Austausch sei wichtig. Manchen helfe auch, shoppen zu gehen. „Wir müssen die Opferhaltung aufgeben und uns fragen: Was für Ressourcen haben wir in der Krise? Die müssen wir nutzen.“ Ihre Idee für Firmen in der Corona-Zeit: Statt wahrscheinlich ohnehin ausfallender Weihnachtsfeier eine Wanderung in der Natur unternehmen, anschließend gibt es im Freien einen Glühwein. „Weihnachten für die Sinne“, nennt sie das. Es könnte ein Mittel gegen den erwartbaren Corona-Blues zu Weihnachten sein.