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Im Waldhorn brechen neue Zeiten an

Familie Öchsle hat Hotel und Gaststätte an Robert Ruthenberg und Karsten Hartmann übergeben

Im Kirchheimer Waldhorn tut sich was: Nach außen bleibt zwar alles gleich, aber im Inneren wird derzeit kräftig umgestaltet. Die traditionsreiche Gastwirtschaft am Marktplatz soll noch in diesem Jahr wieder öffnen. Der Hotelbetrieb läuft unterdessen ganz normal weiter – allerdings unter neuer Regie.

Am äußeren Erscheinungsbild des Kirchheimer Waldhorns wird sich nichts ändern. Allenfalls der Hinweis auf die Familie Öchsle-Hac
Am äußeren Erscheinungsbild des Kirchheimer Waldhorns wird sich nichts ändern. Allenfalls der Hinweis auf die Familie Öchsle-Hack, die das Haus seit 1927 betrieben hatte, könnte entfallen, weil er seit Anfang Mai nicht mehr aktuell ist: Robert Ruthenberg und Karsten Hartmann sind die „Neuen“, die das Waldhorn im Inneren umgestalten, die das Hotel seither weiterbetreiben und die Gaststätte möglichst bis zum Herbst wieder eröffnen wollen.Fotos: Jean-Luc Jacques

Kirchheim. Robert Ruthenberg ist kein Neuling in der hiesigen Gastronomielandschaft. Auch in Kirchheim ist er seit etlichen Jahren bekannt, unter anderem als einer der Weindorf-Wirte. Im Gespräch will er aber nicht auf irgendwelche anderen Projekte eingehen, sondern fokussiert sich klar auf sein neuestes Ziel: das Kirchheimer Waldhorn wieder zu einer echten Adresse zu machen. Beim Hotelbetrieb ist das ohnehin ein Selbstläufer. Da gab es zum 1. Mai einen nahtlosen Übergang, und zunächst geht alles weiter wie gehabt. Nach und nach bekommt aber auch das Hotel eine neue Innenausstattung.

Ganz neu dagegen wird die Gaststätte, die schon seit einiger Zeit nicht mehr in Betrieb war. Derzeit präsentiert sie sich im Inneren ziemlich entkernt, mit Blick auf blankes Fach- und Mauerwerk. Bedauerlich findet es Robert Ruthenberg, dass er das Fachwerk in den Innenräumen nicht durchgehend freilegen kann, weil unter dem Putz immer wieder ausgetauschte Balken zum Vorschein kamen, die nicht zur Gesamtwirkung passen. Denn eigentlich wäre das Fachwerk ideal für das Konzept, das er gemeinsam mit Karsten Hartmann in Kirchheim umsetzen möchte: „Holz“ und „Feuer“ sind die beiden Stichworte, die Robert Ruthenberg nennt.

Gemeinsam zum Tragen kommen die Stichworte beim Holzofen und beim Holzkohlengrill. Ansonsten aber steht das Holz durchaus auch ohne Feuer im Vordergrund. Nicht nur der Inneneinrichtung soll das Holz ein ganz eigenes Flair verleihen. Es setzt sich konzeptionell sogar fort bis zum Geschirr: „Wir wollen auch viel auf Holz servieren.“ Was da so alles serviert werden soll, reicht von der einfachen bis zur gehobenen schwäbischen Küche. Großen Wert legen Robert Ruthenberg und Karsten Hartmann auch auf regionale Produkte. Angelehnt sei das Konzept für das Kirchheimer Waldhorn an das Hotel und Wirtshaus Garbe in Stuttgart-Plieningen, bei dem Robert Ru­thenberg ebenfalls vertretungsberechtigter Gesellschafter ist.

Zur Plieninger Garbe gehört auch ein Biergarten. Nicht zuletzt deshalb hofft Robert Ruthenberg, dass er eine weitere Tradition des Waldhorns fortführen kann: die Außenbewirtung auf dem Marktplatz. Bis es dazu aber kommen kann, gibt es noch so einige Unwägbarkeiten. „Wir würden die Gaststätte gerne im Spätsommer oder im Herbst eröffnen“, sagt Robert Ruthenberg, ohne sich auf einen genauen Termin festlegen zu können: „Wir wissen ja nicht, was bei der Umgestaltung so alles rauskommt.“

Zudem sieht der Zeitplan vor, die Gaststätte – wenn sie denn fertig ist – erst einmal als Frühstücksraum des Hotels zu nutzen, bis auch der eigentliche Frühstücksraum so hergerichtet ist, dass er den Anforderungen des neuen Konzepts entspricht. Erst dann kann der Gaststättenbetrieb richtig beginnen. Und danach sollen auch die einzelnen Hotelzimmer sukzessive ein neues Aussehen bekommen. Oberstes Prinzip dabei ist, dass der Hotelbetrieb immer reibungslos weiterlaufen kann.

Eines ist für Robert Ruthenberg jetzt schon klar: „Wir haben noch sehr viel Arbeit vor uns, bevor es losgehen kann. Aber wir freuen uns natürlich drauf.“ Dankbar ist er der Familie Öchsle, dass er das Waldhorn von ihr erwerben konnte.

Immerhin war das Haus am Kirchheimer Marktplatz seit 88 Jahren in Familienbesitz. Vier Generationen der Familie Öchsle-Hack hatten das Waldhorn seit 1927 betrieben. Der letzte aus der Dynastie war Frank-Peter Öchsle, der es vor zehn Jahren von seinen Eltern gepachtet hatte. Gemeinsam mit seiner Frau war er 2005 aus Berlin in seine Heimatstadt zurückgekommen, um den Familienbetrieb weiterzuführen. Inzwischen sind die beiden den umgekehrten Weg gegangen und zurück nach Berlin gezogen, in die Heimatstadt von Frank-Peter Öchsles Frau. Er habe das seiner Frau immer versprochen, gemeinsam mit ihr nach Berlin zu gehen, sobald der Tag gekommen sei, an dem sie wieder nach Hause wolle.

Nun war es so weit, nachdem der Pachtvertrag mit seinen Eltern ausgelaufen war, sagte Frank-Peter Öchsle gestern am Telefon. Er freut sich sehr, dass der Betrieb am Marktplatz weitergeht und dass ihn ein erfahrener Mann übernimmt, „mit einem tollen Konzept“. Für Frank-Peter Öchsle gibt es durch die neue Situation „eigentlich nur Gewinner“. Seine Eltern seien froh, dass es weitergeht. Seine Frau und deren Eltern seien froh, dass sie jetzt in Berlin wieder vereint sind. Er selbst sei froh, weil er nun in der Immobilienbranche etwas ganz Neues anfangen könne. Und für Robert Ruthenberg sei es sicher auch gut, dass er als neuer Besitzer im Waldhorn ebenfalls ganz neu loslegen könne.

Waldhorn
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Waldhorn wird zum Füllhorn

Kirchheims Altstadt ist attraktiv und soll es auch bleiben. Im Vergleich zu vielen anderen Städten gibt es in Kirchheim keinen nennenswerten Leerstand. Was allerdings seit Jahren fehlt, ist Leben auf dem Marktplatz. An den Markttagen ist er zwar mehr als belebt. Nicht zuletzt an den Samstagen ist der Markt ein beliebter Treffpunkt für Menschen aus Kirchheim und der gesamten Umgebung. Ansonsten aber haben viele Straßen in der Innenstadt dem zentralen Platz längst den Rang abgelaufen.

Insofern ist es mehr als erfreulich, wenn es auf dem Marktplatz – zumindest an seinem westlichen Rand – wieder eine Außenbewirtung gibt. Genauso erfreulich ist es, dass ein traditionsreiches Restaurant in zentraler Lage wieder neu eröffnen soll, und das auch noch mit klarem Bekenntnis zu regionaler Küche und regionalen Produkten. Denn genau das gibt einer Stadt ein eigenes Gesicht. Wenn ein unvergleichlich schönes Ensemble wie die beiden Fachwerkgebäude, die zum Waldhorn gehören, in seiner traditionellen Funktion erhalten bleibt, dann ist das ein Segen für die Stadt.

So gesehen ist die Tatsache, dass jetzt im Waldhorn neue Zeiten anbrechen, nicht nur ein Glücksfall für die alten wie für die neuen Besitzer, sondern für ganz Kirchheim. Das Waldhorn erweist sich in diesem Sinne hoffentlich noch recht lange als ein Füllhorn.ANDREAS VOLZ