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In Esslingen hat sich ein Cannabis Social Club formiert

Legalisierung Die Gründer des eingetragenen Vereins setzen auf Verbindungen zur Weinstadt Esslingen. Und auf Nachhaltigkeit. Von Simone Weiß

In Esslingen formiert sich ein Social-Club zum legalen Anbau und Konsum von. Cannabis Christopher Steinle (blaues Hemd) und Tim Schweizer. Foto: Roberto Bulgrin

Die Weinstadt Esslingen soll ein neues Bouquet erhalten. Tim Schweizer und Christopher Steinle möchten die lange Anbautradition der Neckarstadt um eine rauchige Note ergänzen. Die beiden jungen Männer haben einen Cannabis Social Club zum legalen Anbau der bisher verbotenen Substanz für den Eigenbedarf der Mitglieder gegründet und wollen sich namentlich mit dem Esslinger Rebensaft verbinden: Sie verstehen sich in Anlehnung an die Bezeichnung für Weinexperten als Cannabis-Sommeliers. Denn es gebe viele Ähnlichkeiten – etwa unterschiedliche Geschmacksnoten.

Ein Hauch von Schrebergarten-Gefühlen schwebt mit, wenn die beiden jungen Männer von ihren Gründen für die Club-Gründung berichten. Es sei eine wunderbare Erfahrung, schwärmt Tim Schweizer, eine Pflanze einzusetzen, sie zu pflegen, sie reifen zu sehen, um sie dann zu ernten. Der Eigenanbau sichere die Qualität, sagt der gelernte Elektriker, der gerade eine berufliche Pause einlegt, um schwer erkrankte Familienmitglieder zu pflegen.

Schwarzmarkt austrocknen

Durch die Entkriminalisierung der Drogen könne ein Schwarzmarkt zumindest in großen Teilen ausgetrocknet werden, und es werde verhindert, dass gestreckte Substanzen mit hohen Gesundheitsrisiken von allein an Gewinn orientierten Dealern verkauft werden. Die Legalität erleichtere Aufklärungs- und Präventionsarbeit. Menschen seien ohne die Angst vor einer Strafverfolgung eher bereit, offen über Suchtproblematiken zu sprechen, und so könne schon zu einem frühen Zeitpunkt gegengesteuert werden. Gut 50 Gleichgesinnte denken ähnlich. Sie haben sich bisher über die Homepage zu einer Teilnahme an diesem Esslinger Cannabis Social Club bereit erklärt. Bis zu 500 gesetzlich erlaubte Mitglieder können aufgenommen werden.

 

Die Legalität erleichtert die Aufklärungs- und Präventionsarbeit.
Tim Schweizer
 

Die beiden, die sich auch als „Cannasseure“ bezeichnen, wollten die Zustimmung des Bundesrates zum Legalisierungsgesetz abwarten. Das Placet der Länderkammer ist am Freitag, 22. März, erfolgt – nun möchten sie ihre Vision eines Clubs umsetzen. Zum 1. Juli wird Christopher Steinle, unabhängig vom Stand der Mitgliederzahl, die Lizenz zum Anbau beantragen. Sollte sich die Mitgliederzahl zum Start im unteren Bereich bewegen, erfolge die Cannabis-Anpflanzung in kostengünstigeren „Growzelten“, also ab neun Quadratmeter großen Wachstums­zelten, in die die Pflanzen in Kübeln hineingestellt würden.

Bei einer höheren Mitgliederzahl planen die beiden Gründer die Anmietung und den Ausbau einer „Lagerhalle, einer Logis­tik- oder Produktionsimmobilie im Kreis Esslingen, um eine professionelle Growanlage in Eigenverantwortung betreiben zu können“. Das Finden einer solchen Stätte würde kein Problem darstellen, meint der in der Immobilienbranche tätige Christopher Steinle. Eine „Cannabis-Manufaktur“ solle entstehen.

Doch der Traum von einem Cannabis-Café ist für die beiden Club-Gründer ausgeträumt. Der Gesetzgeber hat die Vorschriften eng festgezurrt. Die Ausgabestelle muss laut Christopher Steinle anonym bleiben, die Adresse darf nur Club-Mitgliedern bekannt sein. Das Rauchen in den Räumlichkeiten der Ausgabestelle ist nicht erlaubt. Die Mitglieder bekommen ihren Stoff ausgehändigt und müssen wieder gehen. Erwachsene ab 21 Jahren dürfen insgesamt 50 Gramm verteilt auf zwei Ausgaben zu je 25 Gramm pro Monat konsumieren, 18- bis 21-Jährigen sind 30 Gramm pro Monat gestattet.

 

Der Cannabis Social Club Esslingen

Clubs: Cannabis Social Clubs sind nicht kommerzielle, nicht gewinnorientierte Vereine. Sie dürfen die bisher verbotene Droge in einem begrenzten Umfang anbauen, um damit den Eigenbedarf ihrer Mitglieder zu decken. Hemmungsloses Kiffen ist aber nicht erlaubt. Verboten ist der Konsum von Cannabis etwa auf Spielplätzen, in Schulen, Sportstätten wie Fußballstadien sowie in Kinder- und Jugendeinrichtungen. Auch in Sichtweite zu diesen Stätten ist der Gebrauch der Drogen untersagt.

Mitglieder: Die bisher etwa 50 Mitglieder des Cannabis Social Clubs Esslingen kommen aus ganz unterschiedlichen Berufen, sagt Christopher Steinle. Das Interesse unter den 18- bis 21-Jährigen an einer Mitgliedschaft sei nicht so groß.

Öffentlichkeitsarbeit: Der Cannabis Social Club Esslingen möchte sich gut vernetzen: „Wir möchten sowohl Schulungen als auch Aufklärungs- und Präventionsarbeit mit Behörden, Mitgliedern und Interessierten aus der Öffentlichkeit durchführen“, sagt Christopher Steinle.

Prävention: Laut Gesetz sind Cannabis Social Clubs zur Präventionsarbeit verpflichtet. Aus den Reihen der Vereinsmitglieder wird daher laut Christopher Steinle eine Person ausgewählt, die sich um die Aufklärung vor allem der 18- bis 21-jährigen Mitglieder kümmern soll. Im CSC Esslingen sei geplant, einmal im Quartal ein etwa halbstündiges Gespräch mit Mitgliedern dieser Altersgruppe zu führen, um Suchtgefahren vorzubeugen.