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In vier Sekunden durch 253 Meter Tunnel

Neubaustrecke Ein Jahr Bauzeit nahm der Tunnelbau beim Rastplatz vor dem Aichelberg in Anspruch. Jetzt ist der Abschnitt fertig. Das Projekt hat rund 39 Millionen Euro verschlungen. Von Thomas Krytzner

Zweieinhalb Meter dicke Betonplatten sichern die Stabilität des Tunnelbodens. Foto: Thomas Krytzner
Zweieinhalb Meter dicke Betonplatten sichern die Stabilität des Tunnelbodens. Foto: Thomas Krytzner

Gute Nachrichten: Die Bahn ist beim Ausbau der ICE-Trasse von Stuttgart nach Ulm ein gutes Stück weiter - auch wenn es eigentlich nur 253 Meter sind. Nach über einem Jahr Bauzeit ist der Tunnel neben der A 8 beim Rastplatz vor dem Aichelberg fertiggestellt. Mit einer Höhe von 7,7 Metern und 12,3 Metern Breite ist der neue Tunnel in offener Bauweise im Rechteckprofil gebaut worden. Die rund 100 Mitarbeiter auf der Tunnelbaustelle haben nicht gegraben, sondern 35 000 Kubikmeter Erde ausgehoben, um dann 2 700 Tonnen Stahl und 12 500 Kubikmeter Beton zu verbauen.

Denkmalschutz prüfte Boden

Im August 2016 wurde mit dem Bau begonnen, im November dieses Jahres wurde der letzte Block beim Westportal verbaut, erklärt der Brückenexperte der Deutschen Bahn, Peter Wer. Insgesamt 26 Tunnelblöcke mit einer Länge von fast neun Metern je Block wurden dabei eingesetzt. Beim Aushub stellte man fest, dass die Erde unter anderem auch mit Posidonienschiefer - wie er auch im nahen Holzmaden vorkommt - angereichert war - eine Vorstufe zur Braunkohle. Zu Beginn kamen also Mitarbeiter des Denkmalschutzes, um den Boden näher zu untersuchen. Man machte mit den Behörden aus, dass der Aushub zu 100 Prozent auf der Baustelle bleibt und im Anschluss als Füllmasse zwischen Autobahn und Tunnel wiederverwendet wird.

Eine weitere knifflige Situation für den Bauträger war die geplante Kurve, die im Tunnel gefahren wird. Da die Betonblöcke nur in starrer rechtwinkliger Form vorhanden sind, musste mehr Material verbaut werden. Auch die 2,5 Prozent Steigung in Richtung Ulm waren eine Herausforderung.

Während der Planung des Tunnels wurden verschiedene Gutachten erstellt, erklärt Peter Wer. Eines davon galt dem Komfort der Reisenden. „Wenn Züge im Tunnel zweigleisig aufeinandertreffen, entsteht ein Druck, der sich auf die Ohren der Fahrgäste auswirken kann.“ Im neuen Tunnel vor dem Aichelberg sei dies jedoch nicht der Fall, versicherte der Experte. „Die Züge fahren mit 250 Stundenkilometern in ein paar Sekunden durch den Tunnel, da entsteht nicht der übliche Druck, wie in längeren Tunneln.“

Eine Herausforderung war auch das Hochwasserrückhaltebecken mit rund 80 000 Kubikmetern Stauvolumen. Das Rückhaltebecken sei nötig, um eine Flutung des Tunnels zu verhindern, da Wasser in der Nähe ist. Außerdem wurde beim Tunnelbau eine Grundwasserwanne eingefügt, und es wurden Lärmschutz- und Stützwände errichtet. Zur Sicherheit des Tunnels waren auch Seitenablagerungen und Abrollwände nötig.

Die gesamte verbaute Fläche beträgt über 4 000 Quadratmeter. Peter Wer, der seit 28 Jahren bei der Bahn beschäftigt ist, freut sich über die nahezu problemlose Bauphase, die jetzt hinter ihm liegt. Die Bauweise war auch für ihn Neuland.

Keine Zäune nach Fertigstellung

Auf Zäune nach der Fertigstellung der Strecke verzichtet die Bahn. Eine Sicherheitsmaßnahme. „Wer einen Zaun baut, verhindert zwar den ungewünschten Zugang zur Bahnstrecke, aber es kommt auch keiner raus“, erklärt Peter Wer. Damit spielt er auf einen möglichen Zugunfall an, wenn Passagiere möglichst schnell von der Strecke weg oder Rettungskräfte rasch am Einsatzort sein müssen.