Weilheim · Lenningen · Umland
Insekten in den Garten locken 

Nabu-Vortrag Der „Insektenfreundliche Garten“ lockte zahlreiche Zuhörerinnen und Zuhörer. Agnes Pahler stellte viele „Nahrungs-Pflanzen“ vor. Von Iris Häfner

Den Verlust der Artenvielfalt, insbesondere der Insekten, beklagte Petra Kautter vom Vorstandsteam des Nabu Teck bei ihrer Begrüßung im kleinen Saal der Limburghalle. Aus diesem Grund hat sie Agnes Pahler eingeladen, denn jeder Garten- und Gütlesbesitzer kann für Nahrung für die fleißigen Bienen und ihre Verwandten mit den richtigen Pflanzen sorgen – und zwar das ganze Jahr über. 

Agnes Pahler? Diesen Namen kennen viele Leserinnen und Leser des Teckboten. Auf der Garten-Ratgeberseite ist sie die Expertin, die in der Rubrik „Der grüne Rat“ Leserfragen beantwortet. Sie lebt in Aichtal und ist Vorsitzende des Nabu Aichtal-Neckartenzlingen. Ihr Engagement für Natur und Umwelt nimmt man ihr ab. „Ich bin im Altmühltal aufgewachsen, als der Main-Donau-Kanal gebaut wurde. Die Zerstörung der Natur hat mich erschüttert“, erzählte sie. Die Krefelder Studie offenbarte vor rund sechs Jahren einen weiteren Schrecken: Die Masse der Insekten ist in Deutschland teilweise um 75 Prozent zurückgegangen. „Dies wurde auch durch die Studie am Randecker Maar belegt – und das bedeutet weniger Nahrung für Vögel und andere Tiere und weniger Bestäubung sämtlicher Nutzpflanzen einschließlich Apfelbäume“, sagte sie. Als Ursache nannte sie den Verlust an Lebensräumen. „Die natürliche Vegetation wurde verdrängt und synthetische Pflanzenschutzmittel schwächen die Insekten. Sie wachsen langsamer und leben kürzer“, verdeutlichte Agnes Pahler.

 

Die Formel ist einfach: viele Blumen, viele Tiere. Solche Gärten gefallen Mensch und Tier, und das bedeutet nicht Wildwuchs.
Agnes Pahler

 

Die gute Nachricht der Expertin: Zierpflanzen können die fehlende Nahrung ausgleichen – und damit war sie in ihrem Element. Gegliedert in Jahreszeit, Bodenbeschaffenheit und botanische Eigenheiten – beispielsweise Doldenblütler, Lippenblütler, Wolfmilchgewächse – stellte sie die „Brotpflanzen“ für die filigranen Flieger und dicken Brummer in Wort und Bild vor. „Das erste Gebot ist Vielfalt. Die Formel ist einfach: viele Blumen, viele Tiere. Solche Gärten gefallen Mensch und Tier, und das bedeutet nicht Wildwuchs“, sagte sie mit einem Augenzwinkern in Richtung „süddeutsche Ordnungsliebe“, denn die vernichte Leben. 

Salweiden sind schon verblüht, es ist die erste Pflanze, die in hiesigen Breitengraden Pollen liefert. „Es folgt die Kornellkirsche. Bei Sonne ist sie umschwärmt, zudem liefert sie hübsche Früchte und eine tolle rote Herbstfärbung“, schwärmte Agnes Pahler. Deutlich kleiner ist der Winterling, aber auch er liefert  Nahrung für früh fliegende Insekten, ebenso Krokus und Schneeglöckchen. „Alle Obstbäume sind ein Paradies für Insekten. Deshalb sind die Streuobstwiesen ein Schatz für die Biodiversität, den es zu hüten und zu schützen gilt“, sagte sie. Wilde Möhre, Phlox, Engelwurz, Zierlauch, Edeldistel, Indianernessel, Skabiose, Alant und viele andere Blumen nannte sie als Beispiele. Alle Kräuter werden von Insekten geschätzt, egal ob Thymian, Lavendel, Rosmarin, Salbei, Ysop oder Majoran. „Ab dem Spätsommer wird es in der Natur mager. Gärten können in diese Lücke springen“, erklärte die Expertin. Spät im Jahr blühen Aster und Bartblume, Zinnien von Mai bis in den Herbst. Die Hornnarbe blüht blau in der roten Herbstblatt-Färbung und Efeu bis Dezember. 

Ein Tipp von Agnes Pahler wurde hier schon umgesetzt: alte Bäume als Rankhilfe stehen lassen. Archivfoto: Markus Brändli

Die Blütenform ist wichtig. Als Grundsatz gilt: Alle gefüllten Sorten, egal ob Rosen, Dahlien, Malven und andere, sind nur eine Augenweide für die Menschen, denn vor lauter Blütenblätter kommen die Insekten nicht an Nektar und Pollen. Grundsätzlich gilt auch die Regel: Alles was duftet, hat viel Nahrung für Bienen und Co. „Geranien sind gar nichts, sie bieten null Nahrung für Insekten. Funkien sind ein klein wenig besser. Wer nicht auf Geranien verzichten will, soll rote nehmen, die sehen die Insekten schwarz und fliegen sie nicht an. Weiße und rosafarbene umschwirren sie sinnlos, weil sie keinen Nektar finden“, erklärte sie. Eine Brennnesselecke im Garten stehen zu lassen, ist ebenfalls sinnlos. Damit Schmetterlingsweibchen an den Pflanzen ihre Eier ablegen, sind mindestens vier bis acht Quadratmeter nötig. Über 40 Schmetterlingsarten brauchen Brennnesseln zur Fortpflanzung – der Aurorafalter das Wiesenschaumkraut. Fremdländische Pflanzen können zwar gut Nahrung bieten, sind aber keine Fortpflanzungsquelle. Bestes Beispiel dafür ist der Schmetterlingsstrauch. Die Blüten sind umschwärmt, aber sonst: Fehlanzeige. „Für die Larven braucht es heimische Pflanzen, denn zwischen Tier und Pflanze besteht ein ausgeklügeltes System“, sagte Agnes Pahler.

 

Die Sache mit dem Rasen: eine spannende Geschichte im wahrsten Sinn des Wortes

„Tja, und am Rasen komm’ ich leider nicht vorbei“, kam Agnes Pahler zu einem von ihr ungeliebten Kapitel. „Rasen bedeutet hoher Pflegeaufwand. Das macht schon seine Herkunft deutlich: England. Wie ist dort das Wetter im Vergleich zu hier?“, stellte sie die rhetorische Frage. Rasen wachse bei Regen, vor allem gerne im Winter. Deshalb sei es nicht verwunderlich, dass sich in süddeutschen Gärten im Grün gerne Moos, Pilze und anderes unerwünschtes Gewächs breitmacht. „Man tut sich mit einem Rasen viel Arbeit an. Länger als zehn Jahre hält er nicht durch, dann siedeln sich Gänseblümchen und Ehrenpreis an“, sagte sie und riet, der Natur ihren Lauf zu lassen.

Sie ging der Frage nach, woher die Faszination dieses Gartenelements herrührt. Ein Foto eines französischen Barockschlosses im Hintergrund und einer riesigen grünen, in geometrischen Formen eingefassten Fläche gab die Antwort. „Der Rasen stammt aus der Zeit der Barockkönige. Damit zeigten sie: Ich beherrsche die Natur und damit auch meine Unter­tanen. Es war ein Zeichen der Unterdrückung. Der Rasen besagte auch: Ich kann mir das leisten, denn es war viel Personal nötig, um solch große Flächen zu mähen und zu pflegen“, verdeutlichte sie.

„Die schönere Alternative ist eine Blumenwiese. Es gibt viele tolle Mischungen. Die Mössinger Mischung funktioniert überall, denn es sind so viele Sorten drin, dass irgendwas auf jeden Fall aufgeht“, sagte Agnes Pahler. Allerdings muss man diese Wiese alle zwei bis drei Jahre neu einsäen, da sich sonst eine Distelwiese ausbreite. Mohn brauche beispielweise zum Keimen freie Fläche und ist deshalb im zweiten Jahr weg. „Säen Sie eine heimische Blumenwiese mit Saatgut aus der Region. Das braucht zwar zwei bis drei Jahre, bis sie sich entwickelt, aber dann bleibt sie stehen“, sagte sie und meinte das wortwörtlich. Der erste Schnitt erfolgt am besten in Etappen im April. Dann bleibt die Wiese bis Ende Juli, noch besser bis in den August stehen. So blüht immer was und die Samen können ausreifen und sich selbst aussäen. Was dann wächst, bleibt den Winter über stehen – die Samen sind Körnerfutter. ih